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Thomas Bucheli, Leiter der SRF-Wetterredaktion und Moderator der Sendung «Meteo», präsentierte am letzten Donnerstag im Ortsmuseum seine «Betrachtungen eines Meteorologen zu Wetter und Klimawandel».
Zweifellos ist Thomas Bucheli nicht «ein» Meteorologe, sondern «der» Schweizer Meteorologe – er leitet die Wetterredaktion des Schweizer Fernsehens mit einem vielköpfigen Team seit dem Jahr 1995 und gilt als «Wetterfrosch der Nation». OMM-Stiftungsratspräsidentin Anna Wenger stellte ihn denn auch vor mit den Worten: «Herr Bucheli setzt sich seit Ewigkeiten mit dem Wetter auseinander.»
«Wenn – dann» funktioniert beim Wetter selten
Sein Ziel sei es, den Kontext von Wetter, Klima und Klimawandel zu erklären, damit man als Laie Informationen besser einordnen könne, sagte Bucheli. Dass das gar keine so einfache Sache ist, wurde im Verlaufe des Abends klar. Denn Thomas Bucheli, der an der ETH Zürich Meteorologie, Klimatologie und Atmosphärenphysik studiert hat, gab den aufmerksamen Zuhörern neben einem Crashkurs in Meteorologie unter anderem einen ernüchternden, zentralen Grundsatz mit auf den Weg: «’Wenn – dann’ funktioniert beim Wetter selten.»
Wetter sei ein äusserst komplexes Geschehen, bei dem es selbst für Fachleute schwierig sei, alle Kausalitäten zu finden. Eine Rolle spielen neben dem Sonnenlicht auch die Jahreszeiten, die Landmassen, die Eismassen, die Meeresströmungen und unzählige weitere Faktoren, so dass es statt der wünschenswerten klaren Kausalität oft einen grossen Graubereich gibt: «Eine kleine Störung irgendwo im System kann wie in einem riesigen Räderwerk via tausend Übersetzungen auch anderswo Effekte auslösen.»
Bewusste Beschränkung auf sieben Tage
Zudem werden für Prognosen unglaubliche Mengen an Daten benötigt, je weiter hinaus in die Zukunft man blicken will. Im Vergleich zu 1945, als John von Neumann erstmals mit Computern numerische Wettervorhersagen wagte, sind indes die heutigen Rechner für die Prognosen schon sehr viel leistungsfähiger, und Satelliten und Wetterstationen zur Datensammlung sind in grosser Zahl über und auf der ganzen Erdkugel verteilt.
Dennoch wies Bucheli mit einem Seitenhieb darauf hin, dass «Apps aus den USA», die das Wetter zwei Wochen im Voraus prognostizieren, völlig untauglich seien. Bei SRF Meteo beschränke man sich deshalb ganz bewusst auf eine Sieben-Tage-Prognose. Und auch das Wetterschmöcker-Ameisli in Muotathal könne nicht wirklich etwas vom kommenden Wetter wissen.
Normperioden als Basis
Die schwierige Zuordnung von Ursache und Wirkung gilt indes nicht nur für das (kleine) lokale Wettergeschehen, sondern auch für den Klimawandel: «Was sollen also Klimaprognosen bis ins Jahr 2100?», fragte Bucheli rhetorisch. Und sowieso: Was ist das, der Klimawandel? «Eine subjektive Einschätzung, eine statistische Korrelation oder eine begründbare Kausalität?» – Einzelne Wetterereignisse wie Hochwasser, besonders warme Winter oder Dürren würden rasch «dem Klimawandel» zugeschrieben. Das Wetter habe aber das Recht, zwischendurch auch mal «zuzuschlagen», und mit vorschnellen Urteilen liefere man nur den Klima-Skeptikern Munition. «Das ist schade», so Bucheli: «Erst durch saubere Einordnung werden Wetterdaten aussagekräftig.» Als Beispiel: 2021 war der Sommer in der Schweiz zu nass, 2022 zu trocken und 2023 «divers» – eine Struktur oder ein Trend ist daraus also noch nicht zu erkennen. Deshalb werden so genannte 30-jährige Normperioden als Referenz definiert und ihre statistischen Eigenschaften berechnet. Auf welche Normperiode sich ein Vergleich bezieht, kann beim Resultat einen deutlichen Unterschied machen.
Am besten erforscht: Das Thema Erwärmung
Bei den Statistiken und Szenarien der Klimaforscher wird aktuell das Thema Erwärmung am besten verstanden. Und dass immer mehr Treibhausgase die Atmosphäre erwärmen, ist unbestritten. Ob dadurch aber auch die Sommer trockener und die Winter feuchter würden – das könnten die Fachleute wegen der Komplexität des Geschehens tatsächlich noch gar nicht klar zuordnen, erklärte Thomas Bucheli.
Möglicherweise hat der eine oder die andere aus der Zuhörerschaft nicht jedes Detail des dicht mit Informationen gespickten Vortrags verstanden, den Bucheli eigens für das Ortsmuseum Meilen konzipiert hat. Was man sicher als Eindruck mitnimmt: Es ist kompliziert – und höchst interessant. Das Publikum, das den Gewölbekeller des Museums bis auf den letzten Stuhl gefüllt hatte, dankte dem Meteorologen mit viel Applaus.
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