Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Unverwechselbare Vasen aus Feldmeilen

Es ist fast 20 Jahre her, seit die Meilemer Töpferei-Künstlerin Vreni Wächter (1918-2005) gestorben ist. Ihre zeitlos schönen Vasen, Krüge und keramischen Gefässe haben indes bis heute Fans und sind jetzt auch mit einem grösseren Bestand im Ortsmuseum vertreten.

«Sie gefallen mir sehr gut, aber gar so viele brauche ich nicht», dachte sich Andrea Donatsch-Klötzli vor einiger Zeit und trennte sich von zehn ihrer Wächter-Vasen, die sie grösstenteils von ihrer Mutter übernommen hatte. Diese kannte Vreni Wächter persönlich und hatte die Stücke in deren «Lädeli» in Feldmeilen ausgesucht, das im «Grünen Hof» an der General-Wille-Strasse 256 untergebracht war. Andrea Donatschs Vater Wilfried Klötzli amtete damals seit 1967 als reformierter Pfarrer in Feldmeilen: «Bei speziellen Anlässen in der Kirche waren frische Blumen in einer Wächter-Vase fast nicht wegzudenken», erinnert sich seine Tochter, «sie haben immer auch die Verbundenheit mit Meilen ausgedrückt.»

Von Kränzchen bis Teekrug

Ihr eigenes Lieblingsstück ist ein kleines, rund 15 Zentimeter breites «Kränzchen» mit Platz für vier kleine Kerzen. Der Kerzenhalter gehört deshalb auch nicht zu den Objekten, die sie nun dem Ortsmuseum für dessen Sammlung geschenkt hat. Unter diesen befindet sich allerdings eine Art Reif, den man mit Wasser befüllen und mit Blumen oder Kerzen bestücken kann.

Wächter-Vasen waren in Meilemer Haushalten immer etwas ganz Spezielles und Kostbares: «Man hat sich eine geleistet, nicht einfach gekauft», erinnert sich der Feldner Peter Ellenberger. Es waren teure Kunstgegenstände. Er und seine verstorbene Frau Vreni fanden deshalb einen anderen Weg, um sich die schönen Vasen, Schalen und Kerzenständer zu beschaffen: «Wir gingen in Brockis und an Flohmärkten auf die Jagd!» An die hundert Objekte haben die beiden so zusammengetragen. Das liebste ist Peter Ellenberger ein bauchiger Teekrug mit geschwungenem Griff und orangefarbenem Deckel: «Den fand meine Frau in Küsnacht am Kirchen-Flohmi, ich weiss noch gut, wie sie sich darüber gefreut hat.» Zumal Vreni Wächter in späteren Jahren wegen Arthritis in den Fingern keine Teekrüge mit kleiner Öffnung mehr herstellen konnte.

Für Todesfälle und Hochzeiten

Aus einer Brocki stammt ein knapp 50 Zentimeter hohes, skulpturales Gefäss mit Deckel. Erst kürzlich hat Ellenberger entdeckt, dass genau dieses aussergewöhnliche Objekt im Heimatbuch Meilen 1976 in einem Text über Vreni Wächter abgebildet ist und dort bezeichnet wird als «ein Werk, das der Künstlerin besonders lieb ist».

Auch zur ersten Wächter-Vase im Haushalt der Ellenbergers hat er eine Geschichte zu erzählen: «Meine Frau war die Tochter von Gärtner Gugolz in Feldmeilen und hat immer wieder mitbekommen, wie Vreni Wächter Blumen kaufte, um sie dann in einer passenden Vase zu verschenken, oft als Gabe für Hinterbliebene bei Todesfällen.» Seine Frau, damals noch Verlobte, habe dann zur Keramikerin gemeint, es sei doch etwas schade, dass man für eine Wächter-Vase sterben müsse. Vreni Wächter sagte darauf: «…es reicht auch, wenn man heiratet!» Worauf Ellenbergers ihr etwas später ihre Heiratsanzeige schickten und prompt als Antwort und Hochzeitsgeschenk eine Vase erhielten.

Schönheit der Linienführung und absolute Schlichtheit

«Sie hatte Humor», findet Peter Ellenberger, «und sie war eine ‘Gwehrige’ – im positiven Sinn! Sie wirkte sehr unabhängig. Das musste sie damals auch sein als alleinstehende Künstlerin.» Vreni Wächter war die Tochter eines Keramikers aus Heimberg BE, der sich 1918 im «Grüenehof» niederliess. Im erwähnten Heimatbuch von 1976 ist beschrieben, wie sie ihre Töpferarbeiten aus speziell gemischtem Ton mit einer aussergewöhnlichen rau-matten Glasur entwickelte und im eigenen Ofen brannte. Ihr Vater hatte noch die klassische, verzierte Heimberger Keramik hergestellt.

Als er 1938 unerwartet starb, begann sich die jüngste Tochter Vreni mit der Arbeit in der Töpferei zu beschäftigen, und sie brachte es darin über die Jahre zur Meisterschaft. «Ihre Arbeiten sind von einem durchaus persönlichen Stil geprägt, dem vor allem Schönheit in der Linienführung und absolute Schlichtheit eine ruhevolle Eleganz verleihen», schrieb Hilde Welti im Heimatbuch von 1976. Auf jeden Fall bleiben die «Wächter-Vasen» mit ihren schlichten Formen und der bestechenden, matten Glasur in Erd- und Orangetönen unverwechselbar.

Sammlung: Das Ortsmuseum sucht Material von Privaten, Vereinen, Gewerbe…

Das Ortsmuseum dokumentiert die Ortsgeschichte und sammelt, bewahrt und erschliesst Meilemer Kulturgut. Gesammelt werden ortsgeschichtliche Unterlagen wie Karten, Tagebücher, Schriftstücke, Kunstwerke, Fotografien und in Meilen hergestellte oder verwendete Objekte.

Wenn Sie dem Ortsmuseum Ihre Kulturgüter übergeben möchten, dann melden Sie sich bitte via Telefon 044 923 47 27 (Dienstag bis Donnerstag) bei Kuratorin Julia Hübner oder via Mail (info@ortsmuseum-meilen.ch).

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