Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Keine Fasnacht, aber eine neue Gugge

Die Meilemer Fasnächtler müssen auch dieses Jahr wegen der Coronapandemie auf ihren Umzug verzichten. Dafür gibt es in der Region eine neue Gugge: aus der Söihundscheibe-Gugge und den Uetiker Konfusikern sind die Pfannenstieler Blächhüüler entstanden.

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Das Ende der Meilemer Söihundscheibe-Gugge zeichnete sich bereits nach der Fasnachtssaison 2019/20 ab – unabhängig von der Pandemie. «Sehr viele Guggenmusiker haben gleichzeitig altershalber beschlossen, aufzuhören», erklärt Mel Moor. Die ehemalige Meilemerin, jetzt wohnhaft in Uetikon, ist Fasnächtlerin und war selber jahrelanges Mitglied der Söihundscheibe-Gugge (Instrument: Lyra). Sie kann verstehen, dass man «nach zwanzig Jahren an der Fasnacht auch mal von aussen zuschauen möchte». Doch zu sehen gab es die letzten beiden Jahre bekanntlich wenig: Sowohl 2020 als auch 2021 konnte wegen Corona kein Fasnachtsumzug durchgeführt werden.

Auftakt am 11. November

Still und leise entstand indes im Laufe des Jahres 2020 eine neue Gugge, die erstmals am 11. November 2021 lautstark in Erscheinung trat. Am heiligen Tag der Fasnächtler, dem Auftakt in die neue Saison, spielten die Pfannenstieler Blächhüüler um 16.16 Uhr auf dem Uetiker Riedstegplatz die ersten gemeinsamen schrägen Töne auf Trompete, Posaune, Susaphon und «Chuchi» (ein fahrbares Schlagzeug). Zwar besteht zwischen verschiedenen Guggen grundsätzlich eine gesunde Rivalität, doch die Meilemer und die Uetiker, die beide dasselbe Problem hatten, nämlich Mitgliederschwund bis zur Spiel-Unfähigkeit, haben es geschafft, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

«Der harte Kern und alle, die immer noch den Plausch haben» taten sich zusammen, sagt Daniela Bollhalder, die Präsidentin der neuen Blächhüüler. Sie war vorher die Vorsitzende der Konfusiker und freut sich sehr über die frische Formation. Dass etwas Neues her musste, war klar: Söihundscheibe-Gugger wollen keine Konfusiker werden und umgekehrt. Doch die Namensfindung der neuen Formation erwies sich als schwierig: «Am Ende stimmten wir mit Zettelchen ab», sagt Daniela Bollhalder lachend. «Seebuebegugge» war der Vorschlag, der Zweiter machte, denn: «Wo sind da bitte die Meitli?»

Bei den «Pfannenstieler Blächhüüler» («Bläch» bezieht sich auf ihre Blechblasinstrumente) sind nun wirklich alle aus dem Raum Pfannenstiel angesprochen, also auch neue Frauen und Männer aus anderen Gemeinden. Das Einzugsgebiet reicht über Forch und Egg bis Wetzikon, Bubikon und Fischenthal, aber auch Küsnacht ist dabei. Weil die Söihundscheibe-Gugge nie offiziell als Verein formiert war, die Konfusiker aber schon, haben die Blächhüüler die Statuten der Konfusiker übernommen, die ihren Namen änderten. Das Outfit besteht vorerst aus Edelweiss-Hemden in Kombination mit neutralen schwarzen Hosen, dazu kunstvolle Schminke. Das hat Wiedererkennungswert, stiess bereits auf Anklang und ist ausbaufähig.

Verstärkung herzlich willkommen

In der mittlerweile einzigen Guggemusik am rechten Ufer – abgesehen von den Hombrechtiker «Froschfäger» – hat es noch Platz, gegen 30 Mitglieder sollten es schon sein. Aktuell sind es bei den Blächhüülern knapp 20 Musiker, die mit dem neuen musikalischen Leiter Lukas Blattmann jeweils am Freitagabend im Schulhaus Riedwies proben: eine Handvoll Neue und je etwa zur Hälfte Ex-Söihundscheibe und Ex-Konfusiker. Darunter auch Mel Moor. Sie ist die neue Aktuarin und hat von Lyra auf Trompete umgesattelt, «das war der Vorteil von Corona, man hatte Zeit zum Üben.»

Andere Corona-Vorteile gibt es allerdings nicht: «Man hat uns die Fasnacht regelrecht unter den Füssen weggezogen», seufzt Mel Moor. Sie war OK-Präsidentin des Meilemer Fasnachtsumzugs, der vor zwei Jahren wegen der Pandemie kurzfristig abgesagt werden musste. Als «Trostpflästerli» organisierten die Söihundscheibe damals kurz vor dem Lockdown ein Gugge-Monsterkonzert mit vier Formationen aus der Region auf der grossen Dorfplatz-Treppe, bei schönstem Sonnenschein an der frischen Luft und vor rund 500 Zuhörern. Die Stimmung war grandios an diesem letzten Auftritt der Söihundscheibe-Gugge, und es wurde noch lange im «Leue» gefeiert.

Fasnachtsumzug und Sternmarsch abgesagt

Dass auch dieses Jahr wieder so ein Gugge-Sternmarsch auf den Dorfplatz hätte stattfinden können, vielleicht unter Mitwirkung der Blächhüüler, war ein Plan, der sich zerschlagen hat.

Philipp Neururer, Mel Moors Nachfolger als OK-Präsident der Söihundscheibe, hat wie alle Veranstalter mit den Unwägbarkeiten der Pandemie und der Vorschriften zu kämpfen und sagte Anfang Woche in Absprache mit seinen Kollegen auch das Konzert ab. Dabei hatte er sogar bereits um eine Bewilligung für einen grossen Fasnachtsumzug am 13. März (seinem Geburtstag!) nachgesucht: «Es war aber bald klar, dass das nicht klappen kann. Nur schon die Zertifikatskontrolle ist bei einem Strassenumzug nicht umsetzbar.» Inzwischen haben auch die Uetiker ihre Fasnacht abgesagt. Damit sind natürlich die Auftrittsmöglichkeiten für die neu gegründeten Blächhüüler geschrumpft: «Man kann uns aber gerne auch für andere Anlässe wie den Zürich Marathon oder den SlowUp buchen», sagt Präsidentin Daniela Bollhalder.

Ob wenigstens die Meilemer Kinderfasnacht vom 1. März stattfinden kann, natürlich von A bis Z an der frischen Luft und ohne den üblichen Abschluss im Löwen-Saal, ist laut Verkehrsvereins-Präsidentin Christine Wiesmann – der VVM ist für die Kinderfasnacht verantwortlich – noch nicht entschieden. Hier kann man kurzfristiger planen, weil die Vorbereitungen weniger aufwändig sind als bei einer Strassenfasnacht mit Sujet-Wagen.

Das alte Jahr ausläuten

In ihrem eigentlichen Kerngeschäft, der Fasnacht mit Umzug, sind die seit 1974 bestehenden Söihundscheibe also das dritte Jahr in Folge ausgebremst.

Weiterhin jeweils Ende Jahr in Aktion ist allerdings eine Gruppe, bei der aktive und ehemalige Fasnächtler mitmachen. Seit mehr als 25 Jahren zieht bei der «Lärmete» jeweils in der Nacht auf den 31. Dezember eine Gruppe von ein bis zwei Dutzend Meilemern zu Fuss mit grossen Doppelglocken und kleinen Schellen lautstark durch die Strassen.

Diese nächtliche Runde hielt Corona auch 2021 stand, rief allerdings die Polizei auf den Plan und schaffte es sogar in die regionalen Medien, weil «besorgte Anwohner» sich über die nächtliche Ruhestörung durch «Traktoren und Freiheitstrychler» beschwerten. Traktoren gab es allerdings dieses Jahr keine, und mit den Freiheitstrychlern haben die Meilemer nichts zu tun. Zudem haben sie den Segen der Obrigkeit: «Wir bewilligen die Lärmete jeweils ganz offiziell», sagt Gemeindeschreiber Didier Mayenzet, «wir finden das e cooli Sach und einen schönen Brauch, dass das alte Jahr kräftig ausgeläutet wird!»

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