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Der Psychotherapeutin und Autorin Julia Onken war am vergangenen Wochenende in der Meilemer Tertianum Parkresidenz zu Gast. Befragt von Journalistin Nathalie Zeindler, erläuterte sie ihre Gedanken zu Alter und Frauenförderung.
«Älterwerden und alt sein ist eine hohe Kunst», startete Julia Onken ihre Erläuterungen. Es gebe im fortgeschrittenen Lebensabschnitt schon einige Tücken, die zu meistern seien. Viele trauerten im Alter etwa der Schönheit aus jungen Jahren nach. Sie versuchen nachzubessern, aber ohne Erfolg, sagte die Seniorin, die erst kürzlich ihren 80. Geburtstag feierte. «So sexy wie mit zwanzig ist man im Alter nicht mehr», meinte sie ohne Scheu vor dem heiklen Thema. Humorvoll, unterhaltsam und selbstbewusst schilderte sie eigene Erlebnisse, mit denen sie sofort den Draht zu den Gästen in der Residenz fand.
Auf den Ruf der Seele hören
Gründe für die Zuversicht und das Wohlgefühl im reiferen Leben sind laut Julia Onken nicht ein strahlender Body. Hilfreiches finde man vielmehr auf der seelisch-geistigen Ebene, die nicht altere. Sie selber erfahre sich diesem inneren Bereich nach wie vor als «schmetterlingsleicht» und kreativ.
Die Psychotherapeutin und Autorin widmet sich bis heute mit Elan ihren Themen: Sie ist dem «Frauenseminar Bodensee», das sie vor rund 35 Jahren gründete, weiterhin eng verbunden. Zudem erarbeitet sie ständig neue Weiterbildungen, konzipiert Workshops und lanciert Projekte. Auch politisch setzt sie sich ein: So wehrte sie sich beispielsweise vor Jahren gegen die grosse Macht der KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde), wie sie erzählte. Zum gebannt zuhörenden Publikum meinte sie: «Ich arbeite heute noch zirka 120 Prozent.»
Die psychologische Arbeit und das Schreiben von Büchern sind für Julia Onken keine Plage, sondern schlicht das Lebenselixier. Es erhält sie jung, wie sie sagt. Wenn sie aber dereinst zurückbuchstabieren müsse, sei sie bereit dazu. Sie empfiehlt den Menschen, in sich hineinzufühlen, um die Berufung und das Engagement zu finden, die sie auch im Alter glücklich machen.
Schlüssel zum Glück
Wie findet man zur Zufriedenheit – als junger Mensch und auch im Alter? Auch dafür hat Julia Onken einen Tipp: Sie ermuntert zur Dankbarkeit. «Listen Sie einmal auf, was für Privilegien Sie haben», sagt sie. Sie nennt unter anderem den Umstand, dass wir in der Schweiz seit Jahrzehnten «unversehrt» von einem Krieg leben können. Das wird einem in diesen Monaten besonders vor Augen geführt. Wichtig sei, sich von der negativen Sicht auf das Leben zu verabschieden und keine «Bitterkeit» aufkommen zu lassen, dafür aber «mit sich selber im Reinen zu sein».
Sie zitierte als Illustration die Literatin Mascha Kaléko, die in ihrem Gedicht «Sozusagen grundlos vergnügt» formulierte: «In mir ist alles aufgeräumt und heiter: Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt. An solchem Tag erklettert man die Leiter, die von der Erde in den Himmel führt. Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben, weil er sich selber liebt, den Nächsten lieben.»
Frauen als kostbares Juwel
Mit Überzeugung setzt sich Julia Onken auch für die Frauen ein. Sie möchte ihr Selbstbewusstsein stärken und ihnen Bildungsangebote eröffnen. Der Satz aus früheren Zeiten zu Frauen: «Diese Ausbildung ist nicht nötig, du heiratest ja doch», bringt die Frauenrechtlerin heute noch in Rage. Diese Aussage sei eine der Einstellungen, die bewirkt haben, dass Frauen in der Gesellschaft bis heute viel seltener als Männer in verantwortungsvollen Ämtern und Chargen anzutreffen seien. Die Informantin erachtet es «als grösste Kränkung für Mädchen, von Ausbildung und Beruf ausgeschlossen zu werden».
Wie können Frauen aber selbstbewusster werden? Julia Onkens Fazit: Frauen sollen mutig an sich glauben, Präsenz markieren und sich stets am Satz orientieren: «In dir steckt ein Juwel, entdecke es und lasse es leuchten.»
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