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Was haben ein halbes Dutzend rostige Nägel und ein echter Hodler gemeinsam? Man kann sie in der neuen Ausstellung im Ortsmuseum bewundern! Am letzten Freitag war Vernissage.
Sechs Museen aus der Region haben sich zusammengetan und interpretieren das Thema «Facetten des Reichtums» aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Das Ritterhaus Bubikon etwa zeigt Luxusgüter aus dem Mittelalter, das Museum Wetzikon stellt Fabrikanten-Villen aus dem Zürcher Oberland ins Zentrum.
Wertvoll aus emotionalen
Gründen
Das Ortsmuseum Meilen hingegen fasst den Begriff Reichtum weiter: Hier werden neben objektiv wertvollen Gegenständen, teilweise stammen sie aus der Sammlung des Museums, auch persönliche Schätze gezeigt, die nicht unbedingt einen pekuniären Wert haben müssen – dafür einen umso grösseren emotionalen. In der Schatzkammer von Meilen zu stöbern und unterschiedliche Formen von Reichtum zu entdecken macht Spass und birgt viele Überraschungen.
Im Gewölbekeller fand die Vernissage statt: Auf einer neuen Bühne nahmen auf altehrwürdigen Stühlen OMM-Stiftungsratspräsidentin Anna Wenger und Andreas Honegger Platz.
Honegger war viele Jahre Redaktor der NZZ und ist selber ein passionierter Sammler von «Schätzen». In seinem Referat lobte er das Sammeln: «Die Menschen haben ein Gefühl dafür, was man bewahren soll, denn Gegenstände machen einen Teil der Geschichte erlebbar.» Mit einem Schmunzeln erklärte er weiter, Sammler seien zwar etwas seltsam, dafür aber «die Elite unter den Messies», weil sie versuchten, Ordnung zu schaffen: «Ordnung macht allerdings die Leidenschaft noch schlimmer, weil man dann die Leerstellen sieht.» In einem Bildband über den 2016 verstorbenen Sammler Werner Dessauer, der in Rapperswil aufwuchs, präsentierte Andreas Honegger dessen Kuriositätenkabinett.
Schiffe, Telefone, Aufziehfiguren
Aus der Sammlung Dessauer sind im Gewölbekeller «Tape Measures» zu sehen, dekorative Messbänder in Form von miniaturisierten Häuschen, Köpfen oder Tieren. Doch die meisten der auf eigens gebauten Möbeln gezeigten Preziosen stammen von Meilemerinnen und Meilemern und waren vorher noch nie öffentlich zugänglich.
So etwa die historischen Schiffsmodelle des 75-jährigen Hans Fuchs. Er stellt sie selber zu Hause in seiner Werkstatt her. Blickfang ist die 2,5 Meter lange RMS Mauretania im Massstab 1:30 mit roten Kaminen und rotem Rumpf. «Zu viert haben wir das Schiff die Treppe hinuntergetragen», erzählt Gestalter Reto Kaufmann. Er hat gemeinsam mit Kuratorin Julia Hübner und einem Team aus rund acht Personen für die Umsetzung der Ausstellung wochenlang Grosseinsatz und manchen Kraftakt geleistet.
Neben den Schiffen werden Telefonapparate präsentiert, die von Ingenieur Edi Mumprecht für sein privates Telefonmuseum gesammelt wurden und alle funktionstüchtig sind. Auch eine Enten- und eine Schweine-Sammlung ist zu sehen, ausserdem Aufziehfiguren, Löffel aus aller Welt, Fächer und Miniaturen von der Feldmeilemer Familie Wille oder nautische Geräte.
Eher überraschend sind die grossen, rostigen Nägel, die ein anonymer Meilemer seit 30 Jahren sammelt: «Jeder Nagel hat durch das Entfernen seine eigene Form», schreibt er. Den Vogel abgeschossen hat aber wohl die Sammlung einzelner WC-Papier-Blätter mit unterschiedlichen Strukturen und Designs: «Ein alltäglicher Gegenstand, dem man keine Bedeutung beimisst, ausser wenn er nicht mehr verfügbar ist», erklärt Gestalter Reto Kaufmann, der bereits im letzten Jahrhundert zu sammeln begann. In einer Broschüre oder via QR-Code werden zu allen 16 «Schätzen» Hintergrundinfos geliefert.
Es hat noch Platz für weitere Schätze
Beim Entdeckungsgang durch die Wunderkammer fällt sicher dem einen oder der anderen ein eigner, zeigenswerter Schatz ein. Im Erdgeschoss des Museums wurde dafür ein Raum eingerichtet, der wie ein übergrosser Setzkasten und eine Wechselausstellung funktioniert.
Wer unter dem Titel «Schätze heute» seinen persönlichen, besonders kostbaren und lieben Besitz ausstellen möchte (er muss keinen materiellen Wert haben), meldet sich beim Museum. Bereits zu sehen: Die «Schatzkisten» einer 4. Klasse aus Meilen, die vom Fussballpokal über die Erinnerung an den verstorbenen Opa reichen bis zu einem Stein, der Glück bringt. Erwachsene haben für den «Setzkasten» ein Skateboard, eine Swatch, ein viel geliebtes Spielzeug, ein antikes Puppenhaus, ein grosses Legomodell, Spucknäpfe oder geliebte Gemälde beigesteuert.
Darunter: ein echter Hodler. Diese Preziose, ein wunderschönes kleines Landschaftsbild, ist mit Alarmanlage gesichert und wurde bisher noch nie öffentlich gezeigt: «Ich habe das Bild geerbt. Es war das Lieblingsbild meiner Lieblingsgrossmutter», schreibt der anonyme Meilemer Eigentümer dazu. Um den Hodler zu entdecken, muss man sich in den farbigen und vielfältigen Räumen im wahrsten Sinne des Wortes auf Schatzsuche begeben. A propos: Speziell für Kinder gibt es eine eigene Schatzsuche durchs Museum, bei der «Freund Ribu» aufzuspüren ist; es gibt Finderlohn!
Noch bis Dezember
Ausserdem zu entdecken sind «Wort-Schätze» aus dem Züritüütsche, Recycling-Schätze und kurze Videoclips, in denen Schulkinder, der Gemeindepräsident und andere ihre «Schatzkammer Meilen» vorstellen. Ein weiterer Raum im Erdgeschoss bringt «Schätze von gestern» aus der Sammlung des OMM ans Tageslicht, von neolithischem Schmuck aus Meilen bis zu alten Ansichtskarten vom Dorf.
Es ist eine sehr liebevoll gestaltete Ausstellung, die überrascht und inspiriert und etwas Zeit für den Besuch fordert, damit man möglichst viel entdecken kann. Gut, dass sie etwas länger dauert, nämlich bis 1. Dezember 2024.
«Schatzkammer Meilen», 2. Juni bis 1. Dezember. Öffnungszeiten: Mittwoch 17.00 – 19.00 Uhr, Sonntag 14.00 – 17.00 Uhr, jeden 1. Samstag im Monat 14.00 – 17.00 Uhr. Geschlossen in den Sommer- und Herbstferien. Ortsmuseum Meilen, Kirchgasse 14.
Im Rahmen der Ausstellung finden auch viele Veranstaltungen statt: siehe www.ortsmuseum-meilen.ch
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