Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Die Pläne für die Alte Landstrasse werden konkret

Den Infoabend zum Gestaltungsplan Alte Landstrasse besuchten mehr als die ohnehin angemeldeten 70 Personen. Bauherrschaft, Architekten, ein Kommunikationsteam und Vertreter der Gemeinde Meilen versuchten, den Anwesenden das Grossprojekt fassbar zu machen.

Herzstück ist die grosse Begegnungszone zwischen den beiden Baukörpern als Teil der Veloroute 66. Visualisierung: zvg

Wenn alles rund läuft, werden in drei Jahren an der Alte Landstrasse die Bauarbeiten für ein neues Quartier starten. Auch in der Nummer 139 mit viel Industrie-Chic, wo der Infoabend stattfand und wo aktuell Wim Ouboter mit seinem Elektrofahrzeug Microlino eingemietet ist. Derzeit und noch bis am 19. Dezember liegt der private Gestaltungsplan für das Projekt öffentlich auf und kann im Bauamt von jedermann eingesehen werden.

Vorausgesetzt, dass er von Gemeinderat und Kanton genehmigt wird, sind für 2024 bereits die ersten Vorbereitungsarbeiten inklusive allfällige Altlastensanierung geplant, und 2025 soll das Baugesuch eingereicht werden, wie Projektleiter Giuseppe Palmisano berichtete.

Ein ungewöhnliches Projekt

Das Gebiet um die Alte Landstrasse war bis vor rund zehn Jahren fest in der Hand der ehemaligen Schweizer Getränke AG, die sich 2014 aus Obermeilen zurückzog und die Liegenschaften 2021 an die heutige Bauherrschaft Realstone RSF verkaufte, einen Immobilienfonds mit Sitz in Lausanne. Dieser habe durchaus in Betracht gezogen, die alten Gebäude der Schweizer Getränke AG zu erhalten und zu sanieren, doch entspreche deren Bausubstanz vor allem hinsichtlich Nachhaltigkeit nicht dem erforderlichen Standard für eine Umnutzung, sagte Palmisanos Kollege Armon Zimmermann.

Für Realstone handle es sich in Obermeilen um ein ungewöhnliches Projekt: «In der Regel erstellen wir Wohnbauten mit wenig Gewerbeanteil, hier ist es genau umgekehrt.» Mit 75 Prozent der Baumasse wird das Gewerbe im Zentrum stehen. 25 Prozent der oberirdischen Baumasse besteht aus Mietwohnungen. Geplant sind rund 50 Wohnungen mit 1,5 bis 5,5 Zimmern mit optimierten Grundrissen und privaten sowie gemeinschaftlich genutzten Terrassen, dies zu üblichen Mietpreisen. Sie sollen als kleinere Einheiten in den oberen Stockwerken auf dem Gewerbe-Sockel platziert werden.

Der Gemeinderat freut sich

«In Meilen sind die Landpreise hoch, was auf dem freien Markt normalerweise zu Eigentumswohnungen führt», sagte Gemeindepräsident Christoph Hiller vor den Anwesenden. Der Gemeinderat freue sich deshalb über das Projekt an der Alten Landstrasse. Dies aber nicht nur wegen den neuen Mietwohnungen, sondern auch wegen dem grossen Raumangebot für das Gewerbe: «Meilen gehört zu den wenigen Gemeinden am See, wo es noch grössere Gewerbeflächen gibt. Letztlich werden damit auch Arbeitsplätze gesichert», sagte Hiller. Er sei überzeugt, dass hier ein schöner neuer Ort entstehe, auch für die Nachbarschaft.

Aus Sicht der Bauherrschaft helfen die Mietwohnungen einerseits bei der Finanzierung der Gewerbeflächen, anderseits gehe es um die Belebung des Quartiers zwischen Abwasserreinigungsanlage und Bahnlinie nachts und an den Wochenenden. Giuseppe Palmisano sagte, es werde ein bunter Mix aus Wohnen und Arbeiten angestrebt.

Im Gespräch mit Interessenten

Überhaupt war viel die Rede vom neuen Herzen des Areals, einem baumbestandenen Raum für Begegnungen, der auf der Alten Landstrasse zwischen den beiden grossen Baukörpern entstehen soll: Es werde ein zusammenhängendes Areal mit Werkplatz- und Quartiercharakter geschaffen, auf dem auch Quartierfeste gefeiert werden könnten.

Architekt Luca Deon sagte, ein gewisser Freiraum und eine menschliche Durchmischung seien wichtige Bestandteile des Projekts. Bei der Gebäudehöhe sei man deshalb bewusst nicht ans Limit gegangen: «Es hätten noch anderthalb bis zwei weitere Geschosse Platz gehabt.» Die beiden Baukörper links und rechts der Alten Landstrasse sind zwar gross und lang, aber in sich stark gegliedert und mit vielen Vor- und Rücksprüngen sowie Durchgängen versehen. Das Erdgeschoss des südlichen Gebäudes ist ausserdem von einem breiten Gang durchbrochen.

Die insgesamt rund 8000 Quadratmeter für das Gewerbe seien auf grösstmögliche Flexibilität ausgelegt, indem man den Mieterinnen und Mietern eine leere Infrastruktur zum individuellen Bespielen anbiete. Als Beispiele wurden Handwerkskollektive, innovative Start-ups, Ladenlokale mit Büros im ersten Stock, Produktionsflächen mit Gastronomie oder Verkauf, Ateliergemeinschaften, Quartierdienstleistungen oder Bürogemeinschaften genannt. Nun gelte es, das Projekt im Dialog zu konkretisieren; man sei bereits mit ersten Interessenten im Gespräch.

Begegnungszone mit Tempo 20

Da für die Alte Landstrasse die Gemeinde zuständig ist, traten auch Hochbauvorstand Heini Bossert und Tiefbauvorstand Alain Chervet vor die Anwesenden. Wie Alain Chervet erklärte, soll die Strasse ab der Bahnunterführung im Westen als Tempo-20-Zone geführt und zwischen den Gebäuden im Herzstück des Areals als Begegnungszone ausgestaltet werden, samt Pflanztrögen und mobilen Sitzgelegenheiten. Es handelt sich um eine Sackgasse, die nur im Notfall für Autos befahrbar ist, sie bleibt aber ein Teil der Veloroute 66. Die Anlieferung für das Gewerbe erfolgt aus dem Süden bzw. von Norden her und nicht auf der Alten Landstrasse.

Im Anschluss an die Präsentation wurden die Besucherinnen und Besucher zum Apéro eingeladen und für Kommentare oder Fragen direkt an vier Infoposten mit Bauherrschaft, Planern, Gemeindevertretern und dem Kommunikationsteam verwiesen. «Wir möchten Ihre Ideen und Anliegen hören und auch möglichst früh mit potenziellen Mietern der Gewerberäume in Kontakt treten», betonte Andrea Schafroth von der Firma s2r, welche im Auftrag der Realstone das Projekt hinsichtlich städtebaulicher Entwicklung und sozialverträglicher Transformation begleitet. Kein Thema waren bei der Präsentation die zwei weiterhin in den alten Räumen eingemieteten Gewerbler, die ihre Kündigung nicht akzeptieren.

Nebst einem Gipsmodell des Projekts gab es ausführliche Planunterlagen zu studieren, wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde. Und auf der Tafel mit dem Titel «Wünsche und Ideen» stand schon bald geschrieben: «Kinderspielplatz», «Gastronomie, die belebt» und «bezahlbare Atelierräume».

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