Meilener Anzeiger AG
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Heimatbuch-Präsident Hans Isler sorgte für Schmunzeln im zahlreich erschienenen Publikum, als er zu Beginn des Abends verkündete, dass man nun gemeinsam 20 Leistungs-Kilometer und 600 Höhenmeter zurücklegen würde und die Bergschuhe schnüren solle.
Dies alles auf einem Rundgang durch die Gemeinde Meilen mit vielen Stationen in allen vier Quartieren und bis auf die Pfannenstiel-Hochwacht; unterwegs gäbe es dann viele Bilder zu sehen.
Natürlich durften die rund 150 Besucherinnen und Besucher des virtuellen Dorfrundgangs Ausgabe 2025 gemütlich auf ihren Stühlen im Löwen-Saal sitzen bleiben, während Isler als Reiseleiter in einer Diashow 140 Gemälde, Zeichnungen und Radierungen von Meilen präsentierte und zu jedem Bild eine kleine Geschichte zu erzählen wusste. Das Ganze passend zum Thema des aktuellen Heimatbuchs, nämlich «Kunst in Meilen».
Aus Privatbesitz oder aus dem Ortsmuseum
Manche der Werke wurden zum ersten Mal öffentlich gezeigt, weil sie normalerweise in privaten Stuben hängen. Andere gehören zum Fundus des Ortsmuseums oder zu den Nachlässen der Meilemer Künstler Max Larcher (1909-1992), Paul Rüegg (1910-2000) und Johannes Rüd (1924-2023). Ergänzt wurde die virtuelle Wanderung mit verschiedenen kleinen Lesungen. Susy Brupbacher trug die zu den Bildern passenden Texte vor, die vom Bau der reformierten Kirche, von der abgebrannten Obermühle, von den Kadetten-Tambouren oder vom «Glöggli» auf dem Feldner Schulhaus handelten. Viele von ihnen stammen von Chlaus Walter (1937-2015), der auch als Maler in Meilen unterwegs war.
Der bekannteste Blick auf Meilen
Den Einstieg in den Abend machten diverse Varianten des wohl bekanntesten Blickes auf das Dorf, nämlich jenen vom Chorherrenweg aus auf die reformierte Kirche, den See und die Glarner Alpen. Davon gibt es fast unzählige Bilder, je nach Entstehungsdatum mit oder ohne «Gerbi» (Gerberei, geschlossen 1930), «Pappeleheim» (Gefängnis, bis 1956) und Kibag-Kiesumschlagplatz (ab 1926). Faszinierend ist, wie unterschiedlich die Pappeln dargestellt werden. Die seit langem fest zu Meilen gehörenden Bäume in der Seeanlage wurden mit künstlerischer Freiheit auch mal weggelassen, gekürzt, vergrössert, vermehrt, dezimiert oder umplatziert.
Bei der Datierung der Werke hilft jeweils die Seestrasse: Staubig und leer oder asphaltiert mit Autos? Und «fake news» gab es offenbar schon vor hundert Jahren, denn ein breiter Schilfgürtel vor dem «Horn» in östlicher Richtung existierte nie, doch passte er eben gut in die Szenerie. Ein Bild mit Ledischiff vor dem Ufer stammt vom ersten SP-Bundesrat Ernst Nobs, einem engagierten Hobbymaler, der in Meilen wohnte.
Wo die Alusuisse nicht baute
Als nächstes ging es nach Feldmeilen, immer wieder in Szene gesetzt u.a. von Eugen Zeller (1889-1974) und Max Rudolf Geiser (1903-1976). Geiser malte 1950 auch das Gebiet Eichholz, ein wunderschönes Feld mit Bäumen und einem hübschen Hof vor weitem Horizont. Hans Isler erinnerte daran, wie die Alusuisse 1970 hier ihren Hauptsitz bauen wollte. An einer Gemeindeversammlung auf der Allmend mit fast 3000 Anwesenden wurde dem Vorhaben zugestimmt, doch folgten endlose Rechtsstreitigkeiten, und am Ende verzichtete die Alusuisse auf die Umsetzung, «zum Glück», wie Isler bemerkte.
Meilens ehemaliges «Einkaufszentrum»
Bergaufwärts ging es nun auf die Okenshöhe, wo 1872 das «Hüttli» erstellt wurde, eine einfache Möglichkeit zum Einkehren, bevor dann gute dreissig Jahre später das Restaurant Hochwacht-Pfannenstiel entstand. Das gezeigte Bild vom «Hüttli» erwies sich als sehr idyllisch, mit Glarner Alpenkranz, Kühen, Berner Sennenhund und Hirte.
Via Hohenegg erreichte das Publikum dann die Aebleten und Obermeilen. Mehrere Bilder zeigten die Rorenhaab, auf einem Werk sogar besiedelt von Pfahlbauern – so, wie man sich 1912 die prähistorische Szenerie eben vorstellte, also mit stattlichen Gebäuden auf Stelzen mitten im Wasser.
Via eine ganze Auswahl von Bildern, die das Ufer mit Blickrichtung West von Obermeilen aus zeigten, führte Isler das Publikum dann nach Dorfmeilen. Für Staunen sorgten unter anderem Zeichnungen vom «Höchlig», dem Gebiet am See, wo die Bahnhofstrasse in die Seestrasse mündet. «1950 war der Höchlig Meilens Einkaufszentrum», sagte Hans Isler. Es gab dort einen Lebensmittelladen, eine von 18 Bäckereien im Dorf, einen Uhrmacher, einen Schuhmacher und viele weitere Angebote.
Rothaus-Apotheke und Rosengarten
Ein «Blick in den Rosengarten» von Max Larcher aus dem Jahr 1979 führte den Anwesenden vor Augen, wie es mitten im Dorf an der Rosengartenstrasse vor 46 Jahren aussah, nämlich ländlich-idyllisch, mit Bauernhäusern und altem Baumbestand. Heute befindet sich dort der Migros-Supermarkt.
Ein weiteres eindrückliches Bild: Die heutige Rothaus-Apotheke, die einst ganz rot verputzt war (deshalb auch der Name «Rothaus») und ursprünglich entlang der Dorfstrasse keinen Fussgänger-Durchgang besass. Eduard Rahn-Hirzel (1801-1851) malte sie 1849. Rechts im Bild das alte Dorfstrasse-Brüggli und das weisse Haus, in dem sich aktuell die Bäckerei Brandenberger befindet. Etwas weiter unten sieht man die erste Meilemer Sennhütte von 1835. Wo Rahn-Hirzel einen Mann mit Hündchen platziert hat, fährt man heute auf der Burgstrasse in Richtung Kreuzung.
Zum Abschluss Cervelats vom Grill
Nach der Runde durch Meilen mit 140 Stopps an ebenso vielen Kunstwerken war das Publikum zwar noch bei der Sache, allerdings langsam hungrig und durstig, weshalb Hans Isler abschliessend zu Cervelat und Brot einlud. Und wer gedacht hatte, dass das eine Metapher für Erdnüsschen und Chips sei, wurde schon beim Gang in den hinteren Teil des Löwen-Saals eines Besseren belehrt, denn es duftete unverkennbar würzig nach Cervelats vom Grill. Tatsächlich durfte sich jeder bedienen und neben heisser Wurst am Spiess samt Püürli auch noch einen Becher Wandertee abholen.
Übrigens, Hans Isler ist auch gerne bereit, «virtuelle Rundgänge» mit einem Schwerpunkt zu veranstalten, zum Beispiel für einen Quartierverein. Insgesamt stehen nämlich 450 Werke zur Verfügung, von denen er am 6. Februar, sehr zu seinem Bedauern, längst nicht alle zeigen konnte.
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