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«Hinein ins Vergnügen», hiess es am letzten Samstag im Spital Männedorf. Am Tag der offenen Tür zum 140. Geburtstag der Institution zeigte sie sich von ihrer rundum sympathischen Seite und bot allen Besuchern etwas.
Die erste dicht gedrängte Menschentraube versammelte sich direkt vor dem Spital an der Asylstrasse. Ganze Familien verfolgten gebannt die – simulierte – Rettung eines schwer kranken Patienten aus einem Fenster in zwölf Metern Höhe. Kaum war der Patient dank Einsatz der Feuerwehr-Autodrehleiter sicher samt Bahre und Infusionen im Krankenwagen verstaut, ging es für die Neugierigen weiter an den See zur Szene «Bootsbrand auf dem Wasser», wo dann der Seerettungsdienst zum Einsatz kam.
Oder man spazierte weiter Richtung Spital, wo auf der Wiese vor dem Westtrakt ein leuchtend roter Rega-Heli parkiert war und besichtigt werden durfte. «Der ist heute Morgen direkt vor meinem Zimmer gelandet», freute sich Frieda Habegger. Die Seniorin beobachtete von einer Sitzbank aus in Begleitung von Pflegepraktikant Leon Skroblies das Kommen und Gehen der Besucher, während sie genüsslich an einer ihrer zwei täglichen Zigaretten zog: Der Tag der offenen Tür sei eine willkommene Abwechslung auch für sie, meinte sie.
Begehrte Führung hinter die Kulissen
Der Anlass fand bei laufendem Betrieb statt. Wie das Spital mitteilte, wurden am Samstag sogar fünf Notoperationen durchgeführt. Dafür, dass alles reibungslos klappte, waren neben dem direkt für die Patienten arbeitenden Personal auch die rund hundert Helferinnen und Helfer verantwortlich, teils selber Spitalangestellte, die als Freiwillige mitwirkten.
Geplant und orchestriert wurde der ganze Anlass von Katia Corino aus der Abteilung Kommunikation und PR. Sie hatte auch die heikle Aufgabe, die begehrten Tickets für die Führungen hinter die Kulissen zu vergeben und wurde dabei nahezu überrannt. Zwanzig Personen pro Durchgang durften aus nächster Nähe beobachten, wie ein Patient für die OP vorbereitet und dann in Tiefschlaf versetzt wird.
Echt waren dabei der Vorbereitungsraum, alle Gerätschaften sowie das dreiköpfige Anästhesie-Team, das von Marcel Scherrer geleitet wurde, aus Kunststoff hingegen Gallenblasenpatient «Herr Müller». Marcel Scherrer erklärte den Ablauf Schritt für Schritt von der ersten Injektion mit einem Opiat bis zur Intubation und versicherte den beeindruckten Besuchern: «Als Patient ist man nirgends so gut überwacht wie vom Anästhesieteam.» Zum Schluss erhielt Herr Müller noch eine laufend mit Warmluft beheizte Decke übergelegt.
Auch der 18 Grad kühle OP-Saal machte Eindruck, nur schon wegen dem bläulichen Licht, das dort herrscht – es dient dazu, dass der Arzt die laparoskopischen Instrumente auf dem Bildschirm klar sehen kann. Chirurg Stefan Eisoldt erklärte, wie Blutungen gestoppt werden, und man erfuhr, dass alle Wundkompressen einen eingewobenen Metallfaden besitzen, den man auf Röntgenbildern sieht, falls trotz aller Vorsichtsmassnahmen wie mehrfachem Zählen doch eine im Körper vergessen gehen sollte. Via Aufwachstation – mit Seesicht – ging es dann zum eigens aufgebauten Modell einer Intensivstation. Dort lag «Herr Mustermann» im Koma, wurde beatmet und erhielt gleichzeitig eine Dialyse.
Knochen verschrauben oder den Da-Vinci-Roboter bedienen
Doch auch wer es nicht auf eine der Führungen schaffte, wurde informiert. Es gab Vorträge von Fachleuten, und im Eingangsbereich des Spitals waren diverse Stationen aufgebaut. Ärzte gaben unermüdlich Auskunft, so etwa Ralf Joukhadar, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, der mit Begeisterung den vierarmigen Operationsroboter «Da Vinci Xi» erklärte, der in Männedorf zum Einsatz kommt und die Rechenleistung eines Space Shuttle besitzt. Ein Film zeigte, wie der Arzt mit Hilfe der vier Roboter-Greifarme minimalinvasiv ein Myom aus der Gebärmutter einer Patientin entfernt. Zukünftige Chirurginnen und Chirurgen durften am Demo-Modell des OP-Roboters, das durch ganz Europa tourt, Legohäuser bauen und Geschicklichkeitsaufgaben lösen.
Recht handfest ging es bei der Orthopädie zu: Mit einer grossen Bohrmaschine in der Hand konnten Kinder Stahlplatten mit Hilfe von Schrauben an künstlichen Knochen fixieren, und Orthopäde Oliver Steinfeld demonstrierte die Funktion von Kocherklemmen und Weberzangen, die einst nach ihren Erfindern benannt wurden.
Glücksrad, Gipsfinger und Gumpischloss
Daneben gab es die Möglichkeit, an einer Puppe die fachgerechte Reanimation zu üben, man konnte seine Blutgruppe mit einem Pieks in den Finger bestimmen lassen oder an Wettbewerben teilnehmen, das Glücksrad rotierte, der «Theodora Traumdoktor» blies Seifenblasen, Carmen Sway zeigte für die jüngsten Gäste ihr Bühnenprogramm, Magier Pad Alexander zauberte, und fast kein Kind lief ohne Verband am Arm oder ohne Gips am Finger herum: In den von unermüdlichen Helferinnen angelegten Verbänden waren Süssigkeiten versteckt, und die Gipsfinger entpuppten sich als Mäuschen mit Ohren und Fadenschwänzchen.
Jeder der mehr als 5000 Besucherinnen und Besucher erhielt schon beim Eingang neben einer Broschüre eine Flasche Mineralwasser in die Hand gedrückt, doch falls es einen nach mehr gelüstete, konnte man sich auf dem Parkdeck bei einem der vielen Foodtrucks etwas zu essen und zu trinken kaufen. Dort standen neben dem schattenspendenden Festzelt auch Gumpischloss und Töggelikasten und wurden von den verbundenen und eingegipsten Kindern sehr gerne genutzt.
Das «Krankenasyl Männedorf» wurde am 12. August 1883 eröffnet mit Platz für neun bis 15 Patienten und, laut Inventarliste, mit 110 Metern Verbandsstoffen und einer einzigen Chloroformmaske. Das Grundstück war der Stiftung gespendet worden. Als erste Operation wurde eine Handamputation bei einem verunglückten Arbeiter durchgeführt. Insgesamt betreute man von August bis Dezember 29 Kranke, darunter auch eine Person aus Meilen. Die Nachfrage war gross, so dass 1892 der Westflügel eröffnet wurde. Weitere Erweiterungen erfolgten 1909 und 1917. Ab 1905 hatte das Asyl Anschluss ans Elektrizitätsnetz.
Zehn Jahre später wurde die Stiftung zum «Kreisasyl Männedorf», Meilen und andere Gemeinden aus der Umgebung schlossen sich an. Man kaufte den ersten Krankenwagen, es wurden aseptische Operationsräume geschaffen sowie eine separierte Liegehalle für Tuberkulosekranke.
1932 wurde das Spital zum «Kreisspital Männedorf» mit Einzugsgebiet rechtes Zürichseeufer. 1949 bis 1955 wurde das Spital mit dem westlichen Bettentrakt sukzessive vergrössert, 1966 wurde der südliche Bettentrakt erweitert. Auch ein Personalhaus und eine Krankenpflegeschule entstanden in externen Gebäuden.
In den Jahren 2009 und 2013/2014 erfolgten Teilerneuerungen mit u.a. vier neuen OP-Sälen und einer neuen Notfallstation. Das Parkhaus wurde eröffnet.
Die Spital Männedorf AG gehört seit 2012 acht Trägergemeinden am rechten Zürichseeufer, wobei die Gemeinden Meilen mit 19,4% nach Stäfa die zweitgrösste Aktionärin ist. 2022 wurden über 8000 Patientinnen und Patienten mit einer Aufenthaltsdauer von durchschnittlich rund fünf Tagen versorgt.
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