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Jedes Jahr zur Osterzeit wird sie wieder gestellt: die Frage, ob Jesus wirklich von den Toten auferstanden sei. War das Grab wirklich leer? – In sozialen Netzwerken, klassischen Medien und mitunter auch in privaten Gesprächen wird darüber diskutiert, teils ernsthaft, teils auch mit spöttischem Unterton.
«Glauben Sie, dass das Grab Jesu wirklich leer war?» – so lautet die Frage meistens. Man könnte genauso gut fragen: «Glauben Sie, dass Jesus drei Tage nach seinem Tod wiederbelebt wurde?». Beide Fragen gehen von derselben Annahme aus: dass Ostern die Rückkehr eines Verstorbenen ins irdische Leben meint. Vielleicht erklärt sich gerade daraus der Spott, der dem Osterglauben gelegentlich entgegenschlägt. Die Vorstellung, dass Naturgesetze ausser Kraft gesetzt werden und ein Toter wieder aufersteht, hat in der Tat etwas Absurdes an sich.
«Auferstehung» ist nicht gleich «Auferweckung»
Aber erledigt ist Ostern damit noch lange nicht. Denn diese Frage nach der Auferstehung Jesu ist falsch gestellt. Spötter und Fundamentalisten unterliegen dem gleichen Irrtum: Sie halten Ostern für ein übernatürliches Wunder, das man für wahr halten kann – oder eben nicht.
Bereits die Sprache trägt zu dieser Verengung bei: Ostern wird als «Auferstehung Jesu» bezeichnet – ein Begriff, der sich im Deutschen erst im Laufe der kirchlichen Überlieferung durchgesetzt hat. Die biblischen Texte des Neuen Testaments sprechen jedoch nicht von «Auferstehung», sondern von der «Auferweckung Jesu»: Gott hat Jesus von den Toten auferweckt. Nicht Jesus ist aus eigener Kraft «aufgestanden», sondern Gott hat ihn in die Ewigkeit gerufen.
Es geht um ein Handeln Gottes
Diese Formulierung macht deutlich: Es geht nicht um einen innerweltlichen Vorgang, nicht um die Wiederbelebung eines Leichnams, sondern um ein Handeln Gottes. Die Auferweckung meint das Hineingenommensein in das Wirkliche des Lebens, das Gerettetwerden in die Transzendenz Gottes, die allem Irdischen vorausliegt und alles Irdische übersteigt.
Unsere Zeit kennt fast nur noch die Immanenz – das, was messbar, greifbar, verfügbar ist. Und so werden auch religiöse Aussagen zunehmend in diese Kategorien gezwängt. Die Auferweckung wird dann fälschlich als historischer Sonderfall verstanden, als übernatürliches Ereignis oder als absurde Behauptung und damit auf eine Bedeutung verengt, die ihr gar nicht entspricht.
Hoffnung ist Gegenwart
Die biblischen Ostererzählungen sind keine Tatsachenberichte. Sie sind Ausdruck einer religiösen Grunderfahrung, die sich über Generationen hinweg erhalten hat. Sie wollen nicht erklären, was «geschehen» ist, sondern erschliessen, was uns über diese Welt hinaus trägt: die Hoffnung, dass der Mensch im Tod nicht verloren geht, sondern auferweckt wird in die Transzendenz des Lebens hinein.
Diese Hoffnung ist keine Jenseitsvertröstung. Sie ist Gegenwart. Denn wer einmal gespürt hat, was Leben in seiner Tiefe bedeuten kann, der weiss: Das Leben selbst ist schon ein Hinweis darauf, dass da etwas ist, das bleibt. Darum feiern Christinnen und Christen Ostern: Weil Gott das Leben ist, das er auch im Tod nicht preisgibt.
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