Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Wybersuuser

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Roger war nicht da. Jimmy brachte mir eine Stange. «Bietest du eigentlich auch Suuser an?», fragte ich. «Du willst doch jetzt nicht das immergleiche ‘Menu’ plötzlich ändern, oder?» fragte Jimmy mit gespielter Entrüstung.

«Aber nicht doch! Es nimmt mich einfach wunder.» – «Ich habe es als Saisongetränk auf der Karte. Das muss im Herbst sein, wie Vermicelles zum Dessert.» – «Geht mir ähnlich. Im Herbst gehört der Besuch der Suuserchilbi einfach dazu», meinte ich. Und Jimmy fügte an: «Ist stets ein stimmiger Anlass. Gute Atmosphäre, viele Besucher und ein ganzer Stab von Freiwilligen, die alles am Laufen halten.» – «Aber du hast nicht Manne– und Frauesuuser, richtig?» – «Nein», bestätigte Jimmy. «Das gibt’s nur an der Chilbi, meines Wissens.» – «Ich mag den Mannesuuser nicht», gab ich zu. «Irgendwie ist er in meinem Erleben weder Fisch noch Vogel. Er ist nicht so schön süss wie der Wybersuuser, aber auch nicht so reichhaltig wie ein guter Wein.» Jimmy hörte aufmerksam zu und sagte dann: «So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Der Mannesuuser hat einfach mehr Alkohol.» – «Genau», sagte ich. «Und das ist mir einfach zu wenig. Er ist kein geschmackvoller Traubensaft mehr, aber auch noch nicht wirklich Wein.» Jimmy staunte: «Du hast dir ja richtig viele Gedanken gemacht!» – «Ich habe mir einfach überlegt, was mich immer störte, wenn ich Mannesuuser trank. Ich habe immer das Gefühl, als hätte man auf halbem Weg Halt gemacht.» – «Du meinst», spann Jimmy meine Überlegungen weiter, «der Saft muss erst noch schlechter werden, bevor er wieder richtig gut wird.» Nun überlegte ich kurz und sagte dann: «Damit hast du mein Erleben gut auf den Punkt gebracht.» Ich hielt ihm mein leeres Glas hin, und er brachte mir umgehend ein volles. «Aber eben, so geht es mir. Viele mögen den Mannesuuser. An der Chilbi jedenfalls haben sie gut verkauft.» Das zweite Glas leerte sich fast ebenso schnell wie das erste. Dann zahlte ich. «Bis in einer Woche», sagte ich zu Jimmy. «Bis nächste Woche», antwortete er. Ich schlenderte durch die herbstliche Nacht nach Hause und dachte plötzlich bei mir: Vielleicht ist das ja in der gegenwärtigen Weltlage auch so? Vielleicht muss alles erst noch schlechter werden bevor es besser wird. Hoffentlich nicht!

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