Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Wohin mit dem Abfall?

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Roger hielt mir einen Zettel hin und verzog ärgerlich den Mund. Ich hielt ihm mein Bier hin. «Wir wollen doch unser Ritual nicht einfach ändern», meinte ich. Roger nickte und stiess mit seinem Glas gegen meines. «Kennst du dieses Papier?» Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.

«Was ist das?» – «Das ist ein Parkticket von unserem Parkhaus.» – «Okay», meinte ich und wartete auf weitere Erklärungen. «Die ‘lesen’ nun ja digital die Nummer deines Autos. Die steht hier bereits drauf. Nun», Roger nahm einen Schluck, «dass die digitale Welt weiss, wo ich bin und was ich mache, daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen.» Anstatt weiterzureden besah sich Roger noch einmal kritisch das Papier. «Aber?», fragte ich, gespannt auf die Fortsetzung. «Siehst du hier den Barcode?» Wieder hielt er mir das Papier hin. «Natürlich», sagte ich. «Beim Rausfahren», sagte Roger, «musst du den nur an die Scheibe halten. Du musst das Fenster gar nicht mehr aufmachen. Eine Kamera liest den Code. Dann geht die Schranke auf, und du kannst wegfahren.» – «Super! Das ist doch sehr praktisch», kommentierte ich seine Erläuterungen. «Weshalb machst du dabei so ein ärgerliches Gesicht?» – «Der Zettel! Wo soll ich mit dem Zettel hin?» – «Ich verstehe nicht.» – «Bisher hast du das Ausfahrtticket immer in den Automaten stecken müssen, der hat es dann geschluckt.» Roger verwarf die Arme. «Jetzt aber fährst du los und hast den ganzen Müll bei dir im Auto.» – «Müll?», fragte ich erstaunt. «Das ist ein Ausfahrtticket!» Aber Roger gab sich nicht zufrieden. «Und wo tu ich das hin, wenn ich losfahre? Und mit der Zeit sammelt sich da schon eine Menge Papier im Auto an.» Ich sah Roger leicht irritiert an und fragte: «Und wie war dein Tag heute?» – «Ach, ich hatte einen Scheisstag. Was schieflaufen konnte, ging schief.» Damit waren wir beim eigentlichen Problem. Ich bestellte noch ein Bier und später noch eins. Danach hatte Roger sich beruhigt und sein Lachen wieder gefunden. Ich klopfte auf seine Schulter, zahlte und sagte zu Jimmy: «Bis in einer Woche.» Und er antwortete: «Bis nächste Woche.» Ich trat nach draussen und dachte: Solche Tage gibt’s. Da tut es dann gut, wenn man mit einem Freund ein Bier trinken kann. Schön, dass ich heute dieser Freund sein durfte.

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