- Kolumne
- Beni Bruchstück
Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. «Die Adventszeit hat begonnen», stellte Roger fest, nachdem wir angestossen hatten. «Ja die Lichtlein brennen wieder in den Strassen und Gassen, in allen Fenstern und an den Balkonen», erwiderte ich.
Und Roger fuhr fort: «Mir gefällt das. Die Strassen wirken freundlich, im Radio hört man Songs, die man ein Jahr lang nicht gehört hat, und im Fernsehen kommen andere Filme.» – «Ich nutze diese Zeit immer zum Guetzlibacken», sagte ich. Da staunte nun Roger. «Du bäckst Weihnachtsguetzli?» – «Dieselben Guetzli, die schon meine Mutter buk», sagte ich nicht ohne Stolz und fügte etwas bescheidener an: «Allerdings lange nicht so viele wie meine Mutter.» – «Wow, nicht schlecht. Ich kauf die jeweils im Supermarkt. Sind auch gut.» – «Zweifellos», bestätigte ich. «Aber ihnen fehlt das gewisse Etwas, das nur entsteht, wenn man die Guetzli selber bäckt. Und zwar nach genau demselben Rezept, das Mutter schon vor fünfzig Jahren verwendete.» – «Hast du das denn noch?», fragte Roger ungläubig. «Aber natürlich», meinte ich mit übertriebener Selbstverständlichkeit. «Das habe ich mir kopiert, als ich zu Hause auszog, und später eingescannt. Das wird nun aufbewahrt bis in alle Ewigkeit.» – «Mensch, die müssen wirklich gut sein. Aber du machst nicht so viele, habe ich verstanden.» – «Meine Mutter hat für eine siebenköpfige Familie gebacken. Und etwa fünfzehn verschiedene Sorten. So viele brauche ich nicht. Zum einen hätte ich nicht die Zeit dafür. Und zum anderen will ich ja nicht bis Ostern Weihnachtsguetzli essen.» – «Darf ich die auch mal probieren?», fragte Roger interessiert. «Die passen schlecht zum Bier», antwortete ich skeptisch. «Macht nichts. Ich trag sie gerne nach Hause und esse sie am anderen Tag zum Kaffee.» – «Geht in Ordnung. Ich bringe nächstes Mal welche mit.» Ich freute mich, dass ich ihm mit meinen Backwerken eine Freude machen konnte. Kurz darauf legte ich das Geld auf die Theke und verabschiedete mich. In Richtung Jimmy sagte ich: «Bis in einer Woche!» Und er antwortete: «Bis nächste Woche.» Ich trat nach draussen und erinnerte mich, wie wir zu Hause erst an Heiligabend Weihnachtsguetzli zu essen bekamen. Ich schmunzelte und dachte: Diese Tradition hast du geändert.