Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Rechtsrutsch

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Die Ferienzeit war zu Ende. Erstaunlich viele Leute sassen in der Bar. Als nämlich Roger wenig später dazukam, musste er beinahe um einen Platz kämpfen.

«Rutsch bitte ein wenig nach rechts», bat er mich und zwängte sich schliesslich zwischen mich und einen anderen Gast.  «Danke», meinte er daraufhin und hielt mir sein Glas entgegen. Wir stiessen an. «Das war nun schon fast eine Zusammenfassung des vergangenen Wahlwochenendes.» Roger brauchte einen Moment, bis er begriff. «Hat was», meinte er schmunzelnd, «aber ich möchte am Feierabend nicht über Politik sprechen. Lass uns das Bier geniessen!» – «So soll es sein!», sagte ich, und wir nahmen beide einen kräftigen Schluck. «Zudem», setzte Roger wieder ein, «habe ich dich ja auch nicht um einen politischen Rechtsrutsch gebeten.» – «Den hätte ich auch nicht so ohne Weiteres vollzogen.» – «Wobei, das Wahlresultat ist so schlecht nicht, oder?» – «Ich dachte, du willst nicht über Politik sprechen», sagte ich mit einem leicht maliziösen Lächeln. «Hast ja recht», erwiderte er, musste dann aber doch anfügen: «Ich meine ja nur. Das Volk hat gesprochen, und das soll man nun auch in den Medien nicht schlecht reden, oder?» – «Das sehe ich genauso wie du.» – «Dann freust du dich auch über den leichten Rechtsrutsch im Nationalrat?» – «Das habe ich nicht gesagt.» Roger stutzte. «Du hast mir doch gerade eben zugestimmt!» – «Ich bin absolut deiner Meinung, dass man das Resultat als solches nicht schlecht reden sollte. Aber ich persönlich habe bei meinem Wahlzettel ein anderes Schwergewicht gelegt.» – «Dann bist du also nicht zufrieden mit dem Ergebnis?» – «Ich hätte mir eine andere Gewichtung der Kräfte gewünscht.» – «Wen hättest du denn gerne als Wahlsieger gesehen?» – «Jetzt reden wir ja doch über Politik! Wollen wir nicht einfach unser Bier geniessen?» Ich war überrascht, wie deutlich ich wurde. «Hast ja recht», gab er erneut zu. Wir bestellten noch ein Bier und fingen den Abend noch einmal von vorne an. Es wurde ein guter Abend. Danach zahlte ich, sagte zu Jimmy: «Dann bis nächste Woche!», und er antwortete: «Bis in einer Woche.» Ich verliess die Bar und dachte nur, ich bin einfach dankbar, dass wir in Frieden und Freiheit wählen konnten. Das war doch vor allem das Gute am vergangenen Wahlwochenende. Oder nicht?

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