Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Orientierungslauf

Neulich sass ich an der Bar und trank ein Bier. Roger und ich stiessen an. «Jetzt kommt die Zeit», begann Roger, «in der man vermehrt zu Hause sitzt und dem kalten und regnerischen Wetter draussen zusieht.» – «Oder in aller Ruhe etwas liest.

Oder fernsieht», ergänzte ich. Roger nickte. «Das wird der alljährliche Grossangriff auf die Figur, eine echte Herausforderung für die Waage.» Roger seufzte und gönnte sich einen grossen Schluck. Dann fügte er an: «Etwas Bewegung würde helfen.» – «Apropos Bewegung: Vor ein paar Tagen bin ich durch Feldmeilen spaziert und dort ein paar Joggern begegnet.» – «Ist nichts Ungewöhnliches», kommentierte Roger. «Genau. Doch dann ist mir aufgefallen, dass die in Gruppen rannten und Nummern trugen.» – «War das ein Rennen?» – «Wie sich herausstellte: Ja. Es fand ein Orientierungslauf statt. Und ich muss gestehen, ich war überrascht.» – «Wieso?», fragte Roger. «Naja, man hat so seine fixen Bilder im Kopf. Ein Orientierungslauf hat für mich bis jetzt immer im Wald stattgefunden.» Roger dachte kurz nach und meinte dann: «Stimmt. Die paar Orientierungsläufe, die ich in Schule und Militär absolviert habe, führten immer durchs Gelände und mit Vorzug durch den Wald.» – «Siehst du!», sagte ich. « Aber es spricht ja nichts dagegen, so einen Lauf mal durch ein Quartier zu machen.» – «Naja», sagte Roger skeptisch, «im Quartier musst du Strassen queren. Und wenn du zwischen den Häusern durch willst, müssen die Anwohner mitmachen. Ist schon ein wenig aufwendiger.» – «Ich habe einfach gemerkt, wie ich meine mentalen Koordinaten neu setzen, mich quasi neu orientieren musste. Weil ich es noch nie erlebt habe, war ich überrascht, dass es das gab.» Roger verstand und sagte: «Ja, zuweilen ist die eigene Welt sehr klein.» Wir sprachen noch eine ganze Weile über die inneren Bilder und die fixen Erwartungen und wie die einen daran hindern, auf neue Ideen zu kommen. Schliesslich zahlte ich und sagte zu Jimmy: «Bis nächste Woche!», und er antwortete: «Bis in einer Woche.» Auf dem Heimweg ging mir durch den Kopf, dass es heilsam sein kann, wenn man irritiert wird und gewissermassen die Orientierung neu finden muss. Aber woran orientiert man sich dann? Die OL-Läufer haben eine Karte. Welches aber ist meine Lebens-Karte, an Hand derer ich mich orientiere?

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