Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Morgenstund

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. «Heute bin ich mit dem falschen Fuss aufgestanden», klagte Roger beim Anstossen.

«Ich habe mir mal erlaubt, eine Stunde länger zu schlafen, weil die vergangenen Tage sehr lang und streng waren.» – «Und das ist dir nicht gut bekommen?» – «Ich war noch nicht richtig wach, da klingelte schon das Handy. Wo ich sei, fragte der Chef. Dabei habe ich ihm gestern noch gesagt, dass ich heute später komme.» – «Das hatte er natürlich vergessen.» – «Natürlich. Und es gab unerwartet viel Arbeit. Es hat mich schon geärgert, dass ich meinen Kaffee nicht in Ruhe trinken konnte. Aber ich habe mich beeilt und beim Verlassen der Garage prompt eine Schramme ins Auto gemacht.» – «Oh! Schlechter Start in den Tag!» – «Als ich schliesslich genervt im Büro ankam, war der grösste Teil der ausserordentlichen Arbeit schon erledigt.» – «Es hätte dich also gar nicht so schnell gebraucht» – «Genau. Da habe ich mich halt daran gemacht, meine Telefonate zu erledigen. Aber heute war keiner zu erreichen!» – «Es heisst nicht umsonst: Der frühe Vogel…» – «Ach, der kann mich mal.» Entnervt nahm Roger einen weiteren grossen Schluck. «Und so ist es den ganzen Tag weitergegangen. Als ich abends schliesslich nach Hause fuhr, habe ich nicht auf die Geschwindigkeit geachtet, und prompt hat es geblitzt!» – «Das tut mir leid», sagte ich. «Aber solche Tage gibt es.» – «Die könnte man von mir aus gleich aus der Agenda streichen.» – «An diesen Tagen bewahrheitet sich: Morgenstund ist aller Laster Anfang.» – «Du sagst es. Dann gilt besonders: Wer im Glashaus sitzt, sollte nichts übers Knie brechen.» – «Darauf trinken wir noch eins», meinte ich und gab Jimmy ein Zeichen. «Geht auf mich.» – «Danke. Ich gehe heute wirklich auf dem hohlen Zahn.» – «Ach komm schon», sagte ich und hielt ihm aufmunternd das neue Glas hin. «Noch sind Hoffnung und Malz nicht verloren.» Dankbar nahm er sein Glas und stiess mit mir an. Wir plauderten noch eine ganze Weile, und seine Stimmung besserte sich von Schluck zu Schluck. Schliesslich zahlte ich und rief zu Jimmy: «Bis in einer Woche!» Und er antwortete: «Bis nächste Woche.» Ich verliess die Bar und wünschte Roger für den nächsten Tag von Herzen Hals und Steinbruch.

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