Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Martinigans

Neulich sass ich an der Bar und hatte ein Bier vor mir stehen, als auch Roger sich dazusetzte.

Sogleich begann er zu erzählen. «Letzte Woche war ich zu einer Martinigans eingeladen.» – «Klingt lecker. Bei Freunden?» – «Nein, ich war Gast einer Studentenverbindung, genauer bei den Altherren dieser Verbindung.» – «Oh, dann habt ihr sicher viel getrunken.»– «Das ist das Bild, das man von den Studentenverbindungen hat. Und in jungen Jahren stimmt das bestimmt auch. Aber eben, das waren Altherren. Die hatten auch diesbezüglich ihre Hörner bereits abgestossen.» – «Trotzdem ist doch sicher Alkohol geflossen», wandte ich ein. «Natürlich. Die wissen ein kühles Bier oder einen guten Wein immer noch zu schätzen. Aber sie mussten auch wieder nach Hause und wollten ihren Führerschein nicht riskieren.» – «Und? Ist es ein guter Abend geworden?» – «Sehr! Wir haben ausgezeichnet gegessen und mit meinen Tischnachbarn ergaben sich schöne Gespräche.» – «Klingt gut», meinte ich und trank mein Bier aus. «Komm wir nehmen noch eins», sagte Roger. «Tut mir leid, ich muss weiter», antwortete ich und wollte aufstehen. Doch Roger liess mich nicht ziehen: «Weisst du, das habe ich auch gelernt beim Martinigans-Essen. Ein Bier ist kein Bier.» Ich verstand nicht. «Was willst du damit sagen?» – «Naja, man muss sich ja nicht zwingend ins Koma saufen. Aber wenn man ausgeht, um etwas zu trinken, dann bleibt es nicht bei einem Bier.» – «Ich trinke immer nur ein Bier.» – «Und genau das ist der Fehler. Ein Rak ist kein Rak, wie wir immer im Militär gesagt haben.» – «Wie bitte?» – «Auf einem Bein kann man nicht stehen. Mit anderen Worten: Bleib sitzen, wir nehmen noch eins.» Und ohne meine Reaktion abzuwarten, bestellte Roger zwei Bier. Ich schmunzelte. Wir stiessen an. Auch das zweite Bier schmeckte gut. Roger erzählte mir noch mehr von den Begegnungen mit den Verbindungsbrüdern. «Das war ein gutes zweites Bier», sagte ich schliesslich als ich das Geld auf die Theke legte. «Und nun lasse ich dich auch gerne gehen», meinte Roger mit einem Lächeln. Dann bis in einer Woche», sagte ich und Jimmy und Roger antworteten wie aus einem Munde: «Bis nächste Woche!» Ich trat in die kalte Novembernacht hinaus und musste Roger recht geben: Das zweite Bier macht den Unterschied.

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