- Kolumne
- Beni Bruchstück
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Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Ich hatte mit Roger angestossen, da sagte er: «Es sind wieder alle da.» – «Die Ferien sind zu Ende», stellte ich das Offensichtliche fest.
«Es ist wirklich interessant», fuhr Roger fort, «die Parkplätze auf den Strassen sind wieder voll, und der Berufsverkehr ist zu den Stosszeiten wieder dicht.» – «In der Migros und im Coop ist es nicht mehr so gemütlich ruhig, und die Holzfiguren stehen wieder am Strassenrand und machen die Automobilisten auf die neuen Schülerinnen und Schüler aufmerksam.» – Roger nickte. «Es ist eben nicht einfach alles wie früher. Es ist auch ein Neubeginn. Jedenfalls für die Schüler und ihre Eltern.» Wir gaben Jimmy ein Zeichen, und er stellte uns zwei frischgezapfte Stangen hin. «Sind deine Gäste auch wieder in erhöhter Anzahl da?» – «Man spürt den Normalbetrieb schon wieder. Zum Glück. Zudem kommt jetzt eine intensive Zeit mit Veranstaltungen. Das Leben ist wieder zurück.» – «Meine Mutter hat immer vom Leben B gesprochen, das nach den Ferien beginnt», erzählte Roger. «Das hat schon etwas», meinte ich. «Man ist wieder eingespannt in Aufträge und Verpflichtungen. Die Zeit, in der man sich dem dolce far niente hingeben konnte, ist vorbei. Ferien sind Leben A, Nicht-Ferien Leben B.» – «Aber das würde ja bedeuten, dass wir den Grossteil unseres Jahres in einem zweitklassigen Leben verbringen würden. Das hat mich an dieser Bezeichnung immer gestört. Ich übe meinen Beruf gerne aus und freue mich auf die Kollegen bei der Arbeit. Ich meine, Pause machen, sich erholen, mal nichts müssen, das ist schon schön und wichtig. Aber es stört mich, wenn das Berufsleben als nicht so gutes Leben hingestellt wird. Das ist mein Leben.» – «Hat was», sagte ich. Und Jimmy bestätigte: «Geht mir auch so. Natürlich verreise ich gerne. Aber ich stehe auch gerne hier im Lokal und bediene die Gäste. Ferien sind für mich sozusagen eine erholsame Pause zu meinem Leben A.» Das liess ich gerne so stehen, bezahlte und sagte: «Dann bis nächste Woche», und Jimmy antwortete: «Bis in einer Woche.» Ich trat nach draussen und dachte, vielleicht hat Rogers Mutter die Zeit zwischen den Ferien tatsächlich als Leben B erlebt. Aber haben wir heute nicht andere Möglichkeiten? Hoffentlich sind nach der Sommerpause viele gerne ins Berufsleben gestartet!
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