Jimmy trocknete Gläser. Ich fragte: «Und? Was gibt’s Neues?» Jimmy dachte kurz nach und sagte dann: «Vergangene Woche ist der Kulturpreis der Mittwochgesellschaft an Selina Hersperger vergeben worden.» – «Stimmt. Da habe ich etwas gelesen.» – «Ich konnte mir die Laudatio anhören. Ihre ehemalige Klassenlehrerin hielt sie und schilderte eindrücklich die Probleme, die die Künstlerin damals auf dem Pausenplatz hatte.» – «Was waren denn das für Probleme?», fragte ich, neugierig geworden. «Sie hat Asperger. Das bedeutet, wenn ich das richtig verstanden habe, dass sie Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen hat.» – «Das ist ein Problem. Besonders auf dem Pausenplatz», meinte ich darauf und fuhr dann fort: «Ich muss gestehen, ich habe noch nie ein Bild von ihr gesehen.» – «An der Verleihung konnte man ein paar sehen. Sie hat sogar eigens für diesen Anlass eines gemalt und der Mittwochgesellschaft übergeben.» Ich sass vor dem leeren Glas und gab Jimmy ein Zeichen. Während er zapfte, sagte ich: «Das ist das Gute an solchen Preisverleihungen. Zum einen bekommt die Künstlerin ein stattliches Preisgeld – sie hat doch ein Preisgeld bekommen, oder?» – «Das hat sie», bestätigte Jimmy. Darauf fuhr ich fort: «Und zum anderen wird sie dadurch auch bekannter. Mir ist ihr Name jetzt jedenfalls ein Begriff. Und wenn ich das nächste Mal die Gelegenheit habe, werde ich eine Ausstellung von ihr besuchen.» – «Sie wird noch bekannter werden», sagte Jimmy. «Sie wird in einem Dokumentarfilm zu sehen sein über Künstlerinnen und Künstler mit Asperger-Syndrom.» Ich nickte anerkennend. «Den werde ich mir ansehen.» Bald darauf musste Jimmy einen Gast bedienen. Ich legte das Geld auf den Tresen und rief: «Bis in eine Woche!», und Jimmy rief zurück: «Bis nächste Woche!» Diesmal ging ich relativ zügig nach Hause. Ich wollte unbedingt Selina Hersperger googeln und mehr über sie erfahren.