- Kolumne
- Beni Bruchstück
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Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Roger und ich stiessen an. Eine Weile schwiegen wir vor uns hin. Dann fragte ich: «Hast du gewusst, dass wir eine Weltmeisterin in Meilen haben?» – «Nein, das wusste ich nicht. In welcher Sportart? Ski? Fussball? Tennis?» – «Bodybuilding!»
Roger überlegte einen Moment und meinte dann gedehnt: «Ah, doch. Stand das nicht in der Zeitung?» – «Genau.» – «Die wohnt nicht in Meilen, oder?» – «Nein, aber sie arbeitet in der Parkresidenz.» – Roger zog die Stirn hoch, wackelte anerkennend mit dem Kopf und meinte schliesslich: «Leider kennt man sie kaum. Und im Fernsehen habe ich sie auch noch nicht gesehen.» – «Das ist ja das Seltsame. Da ist eine Frau, die ist in ihrer Kategorie die Beste der Welt, und kaum einer nimmt es zur Kenntnis.» – «Das liegt wohl am fehlenden Spektakel», versuchte Roger eine Erklärung. «Wenn Lara Gut die Piste runterdonnert, dann kann ich als Zuschauer mitfiebern und ihr die Daumen drücken. Bei einem Fussballspiel oder einem Tennismatch kann die Spannung über Stunden andauern. Aber was gibt es beim Bodybuilding zu sehen?» Nun musste ich erst nachdenken. «Ich vermute», meinte ich schliesslich, «die kommen auf die Bühne, zeigen ihre Muskeln in unterschiedlichen Positionen und gehen dann wieder.» – «So in etwa stelle ich mir das auch vor. Man sieht die vielen Muskeln, und ob die Proportionen stimmen oder so. Nur, wo ist das Spektakel?» – «Stimmt. Fürs Fernsehen gibt das nicht viel her. » – «Darum muss sie in der Parkresidenz das Frühstück für die Bewohner zusammenstellen und aufs Zimmer bringen und kann nicht von Werbeverträgen leben.» Wieder schwiegen wir. «Noch eins?», fragte ich schliesslich mit Blick auf unsere leeren Gläser. – «Noch eins», bestätigte Roger. Auf unser Zeichen hin zapfte Jimmy noch zwei Stangen und stellte sie uns hin. Als auch das zweite Bier getrunken war, zahlte ich und verabschiedete mich von Roger. Zu Jimmy sagte ich: «Bis in einer Woche!» Und er antwortete: «Bis nächste Woche!» Als ich nach draussen trat, musste ich an die Frau denken, die zwar jeden Tag die warmen Gipfeli verteilt, selber aber wegen ihres Sports nicht reinbeissen darf. Das nenne ich Disziplin. Eine wahrhaft starke Frau!
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