Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Ein Lichtlein brennt

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Ich stiess mit Roger an, und nach dem ersten Schluck sagte er: «Sieht schön aus hier.» ich sah ich um und tatsächlich: Jimmy hatte die Theke ein klein wenig auf Advent getrimmt. Da lagen ein paar grüne Zweiglein und mittendrin eine schöne rote Kerze.

«Schade nur, dass die Kerze künstlich ist», meinte ich. «Brennende Kerzen sind eben nicht mehr erlaubt», sagte Roger. «Und das ist auch gut so», fügte er gleich noch an. «Findest du das nicht etwas übertrieben?» – «Nein. Spätestens seit es vor ein paar Tagen bei den Nachbarn gebrannt hat, nicht mehr.» – «Bei euch hat’s gebrannt?» – «Bei den Nachbarn», präzisierte Roger. «Jetzt sag nur, es war ein Adventskranz», sagte ich ungläubig. «Ein Klassiker. Die Feuerwehr empfiehlt doch immer, Kerzen nie unbeaufsichtigt zu lassen.» – «Und sie haben vergessen die Kerze auszublasen als sie aus dem Haus gingen?» – «Von wegen! Er arbeitete im Büro und sie ging ‘nur kurz’ in den Keller etwas holen. Und dieses ‘nur kurz’ hat dann doch eine halbe Stunde gedauert.» – «Ja, das kann schon passieren», sagte ich. «Und wenn der Kranz einmal Feuer gefangen hat, geht es schnell. Die Zeitung oder das Geschenkpapier, das danebenliegt, trägt die Flamme weiter, und schon hast du ein regelrechtes Feuer in der guten Stube.» – «Und dann? Wie gings weiter?», fragte ich, neugierig geworden. «Als sie zurückkam, war ihr Mann noch immer in die Arbeit vertieft.» – «Vermutlich hat er grad Weihnachtsgrüsse verschickt, während die Hütte um ihn herum abfackelte. Das wäre eine Story!», sagte ich lachend. «Jedenfalls», fuhr Roger fort, «hat sie richtig reagiert. Sie hat gleich die Feuerwehr alarmiert und erst danach selber einen Löschversuch unternommen.» – «Advent! Advent!», sagte ich, «da hat nicht nur ein Lichtlein gebrennt.» – «Ich weiss ja nicht, was die Versicherung alles bezahlt, aber wirklich wohnlich ist es nicht mehr zu Hause.» Wir sprachen noch eine Weile über Kerzen und Advent und Weihnacht. Dann zahlte ich. «Bis in einer Woche!», rief ich Jimmy zu. «Bis nächste Woche», antwortete er. Ich trat in die adventliche Nacht hinaus. Auf dem Nachhauseweg überlegte ich mir, wem ich alles einen Weihnachtsgruss schreiben will. Ich freute mich darauf, schrieb mir aber hinter die Ohren, unbedingt vorher die Kerzen zu löschen.

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