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Neulich in Meilen Die Kraft der Sonne

Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. Kurz nachdem ich mit Roger angestossen hatte, stiess Carla mal wieder zu uns. Sie war braun gebrannt und sah ausgezeichnet aus. Sie erhob ihr Weinglas und nippte zufrieden daran. «Du warst in den Ferien», sprach Roger das Offensichtliche aus.

«Wir waren Skifahren. Es war herrlich. Wir hatten jeden Tag Sonne, der Schnee war gut, die Stimmung ausgezeichnet.» Genüsslich netzte sie ein weiteres Mal ihre Lippen mit Weisswein. «Ich musste die Stellung im Geschäft halten», seufzte Roger. «Die Familien sind in die Sportferien, da haben wir anderen zu Hause bleiben müssen.» – «Das ergibt ja auch Sinn», meinte ich. «Du kannst deinen Urlaub auch ausserhalb der Schulferien beziehen.» Ich machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: «Ich nehme die Nebeldecke kaum zur Kenntnis. Mir macht der graue Himmel eigentlich nichts.» – «Eigentlich?» fragte Roger. «Naja», antwortete ich, «gelegentlich gehe ich dann doch auch auf den Pfannenstiel. Und immer, wenn ich an die Sonne komme, merke ich, wie gut das Licht der Sonne tut.» – «Du vermisst es eben doch», brachte Carla meinen Gedankengang auf den Punkt. «Irgendwie schon», bestätigte ich. «Das Interessante für mich ist, dass ich keinen nennenswerten Einfluss des bedeckten Himmels auf meine Stimmung ausmachen kann. Mein Alltag geht normal weiter. Ich kann gut arbeiten. Aber wenn ich an die Sonne komme, atmet eben doch etwas in mir auf.» – «Das nenne ich die Kraft der Sonne», sagte Carla. «Ihr helles Licht belebt Körper, Seele und Geist.» – «Das sieht man dir an. Die Lebenskraft leuchtet förmlich aus deinem Gesicht», sagte Roger zu Carla gewandt. «Ich brauche die Sonne. Und ich liebe Skifahren. Darum sind die Ferien im Februar immer gesetzt.» Carla trank ihr Glas leer und zahlte. «Du gehst schon?» fragte Roger enttäuscht. «Ich habe ein strenges Wochenende vor mir. Muss etwas vorschlafen», antwortete Carla charmant lächelnd und verliess die Bar. Roger und ich bleiben noch auf ein weiteres Bier. Doch dann rief ich Jimmy zu: «Bis nächste Woche», und er rief zurück: «Bis in einer Woche.» Auf dem Weg durch das dunkle Dorf musste ich immer wieder an das strahlende Gesicht von Carla denken. Zeigte es nicht, dass sich die Kraft der Sonne speichern lässt und sie auch unter der Nebeldecke weiterleuchtet?

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