Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Meilen und das Vermächtnis eines Ehrenbürgers

General Ulrich Wille, Oberbefehlshaber der Schweizer Armee im Ersten Weltkrieg, ist auf dem Gut Mariafeld in Feldmeilen aufgewachsen, lebte dort mit seiner Familie und ist in der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1925 im Mariafeld gestorben. Die Gemeinde Meilen gedenkt ihres Ehrenbürgers zu seinem 100. Todestag.

Trauerzug vom Gut Mariafeld nach Meilen (hier an der Kirchgasse) zur Beerdigung von General Ulrich Wille im Februar 1925. Foto: Otto Haab/Archiv Ortsmuseum Meilen

Henri Vuille, Ulrich Willes Ururgrossvater, wanderte Mitte des 18. Jahrhunderts aus La Sagne im Kanton Neuenburg in die Pfalz aus, wo die Familie ihren heutigen Namen annahm. 1852, nach der gescheiterten liberalen Revolution in Deutschland, zog Ulrichs Vater François in die Schweiz und erwarb das historische Gut Mariafeld in Feldmeilen, das einst der Zürcher Junkerfamilie Escher gehörte.

Das Mariafeld entwickelte sich rasch zu einem kulturellen Zentrum. Persönlichkeiten wie Richard Wagner, Franz Liszt, Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer und viele andere gingen dort ein und aus. Diese Offenheit prägt das Mariafeld bis heute – von den sommerlichen Serenaden im Hof bis hin zu Veranstaltungen im Atelier-Theater auf der «Heubühne».

Eine Jugend in Feldmeilen

Ulrich Wille wuchs in dieser inspirierenden Umgebung auf. Er besuchte die örtliche Volksschule, wo er den perfekten «Seebuebe»-Dialekt erlernte, obwohl er mit seinen Eltern und später mit seiner Frau, Gräfin Clara von Bismarck, der Nichte des deutschen Reichskanzlers, ausschliesslich Hochdeutsch sprach. Nach der Volksschule wurde Wille von seinem Vater und Pfarrer Lang unterrichtet. Mit 17 Jahren bestand er die Aufnahmeprüfung an der Universität Zürich und begann 1865 ein Studium der Rechtswissenschaften. Bereits mit 21 promovierte er in Heidelberg, entschied sich jedoch gegen die Juristerei und für die militärische Laufbahn.

Ein Soldat mit Meilemer Wurzeln

Wille begann seine steile militärische Karriere 1871 als Instruktionsoffizier der Artillerie und stieg bis zum General und Oberbefehlshaber der Schweizer Armee auf. 1895 erlebte er jedoch einen Rückschlag: Nach der gescheiterten Volksabstimmung zur Revision der Militärorganisation trat er als Waffenchef der Artillerie zurück. In dieser Zeit engagierte er sich in Meilen, unter anderem als Mitglied der Feuerwehr und Präsident der Sekundarschulpflege (1901–1906).

Die Ehrenbürgerwürde: Eine besondere Anerkennung

Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Ulrich Wille im Jahr 1915 war ein symbolischer Akt. Bei der Abstimmung an der Gemeindeversammlung erhoben sich alle Anwesenden gemeinsam von ihren Sitzen – ein eindrucksvolles Zeichen der Wertschätzung für den General.

Lebensabend auf dem Mariafeld

Nach dem Ersten Weltkrieg zog sich Wille auf das Mariafeld zurück. Er widmete sich dem grossen Garten und der markanten Efeu-Hecke (welche später durch einen Zaun ersetzt wurde) entlang der heutigen General-Wille-Strasse. Spaziergänger trafen ihn oft mit seiner Frau bei ihren Rundgängen durch die Gemeinde.

Wille verstarb in der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1925 in seinem Zuhause. In einem Nachruf beschrieb der damalige Gemeindepräsident Dr. Hans Aeberly die Szene: «Kaum bemerkt von den Seinen klopfte der Todesengel an die Türe seines Schlafzimmers und stille stand das wackere Soldatenherz.» Seine Trauerfeier am 3. Februar 1925 in der Zürcher Fraumünsterkirche wurde mit militärischen Ehren begangen, begleitet von Tausenden Kameraden und einer grossen Volksmenge. Beerdigt wurde er in Meilen.

Ein bleibendes Vermächtnis

Das Vermächtnis von Ulrich Wille bleibt in Meilen lebendig. Sein Enkel Dr. Jürg Wille, der 2009 verstorbene Ehemann von Christine Wille-Gulden, trug massgeblich dazu bei, die kulturelle Infrastruktur der Gemeinde zu stärken. Dank seines Engagements wurde der Dorf-Saal im Gasthof «Löwen» realisiert, der 2002 mit einer restaurierten Deckenmalerei aus dem 19. Jahrhundert eröffnet wurde.

1928 stiftete «die dankbare Armee» eine Gedenktafel, die am Gut Mariafeld angebracht wurde. Willes Porträt, das früher den Gemeinderatssaal schmückte, hängt heute im Büro des Gemeindepräsidenten. Auch die Umbenennung der alten Landstrasse in General-Wille-Strasse erfolgte zu seinen Ehren. Die Grabstätte auf dem Friedhof Meilen ist bis heute erhalten und erinnert an einen Mann, der die Geschichte der Schweiz und seiner Heimatgemeinde nachhaltig prägte.

Ein Festakt zum Gedenken

Am Donnerstag, 30. Januar um 19.00 Uhr wird im Jürg-Wille-Saal im «Löwen» Korpskommandant Thomas Süssli, Chef der Armee, eine Festrede halten. Anschliessend findet eine Podiumsdiskussion zur vielschichtigen Persönlichkeit von General Ulrich Wille unter der Leitung von Prof. Dr. Rudolf Jaun statt.

General Ulrich Wille steht für Werte wie Pflichtbewusstsein, kulturelle Offenheit und lokale Verbundenheit – ein Vermächtnis, das auch nach 100 Jahren in Meilen spürbar bleibt.

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