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Meilen stellt vor: Old Time Jazzclub

Wer in Meilen regelmässig guten Jazz hören will, wird am besten Mitglied im Old Time Jazzclub (OTJC). Einsteiger besuchen die Meilemer Jazznächte. Am besten macht man beides!

Les Haricots Rouges Pressefoto 2023_web
Les Haricots Rouges waren schon mehr als einmal in Meilen und gehören zu den absoluten Publikumslieblingen – letztes Jahr auch an den Jazznächten. Foto: zvg

Die Geschichte des Old Time Jazzclubs ist auch die Geschichte der Meilemer Jazztage; Club und Festival sind eng verbunden. Eigentlich sind die Jazztage (die inzwischen zu den «Jazznächten» geworden sind) sogar zehn Jahre älter als der OTJC und bildeten 1992 die Basis für die Gründung des Clubs.

Und das kam so: Um das Festzelt für das Meilemer Fussball-Grümpelturnier auf der Allmend zu finanzieren, beschloss der FC Meilen vor 43 Jahren, also 1982, einen Jazzabend zu veranstalten, für den die Besucher Eintritt bezahlen mussten. Dieser erste Anlass war mit 300 Gästen ein voller
Erfolg und stand nun jedes Jahr fix auf dem
Programm.   

«Die Jazztage entstanden, weil es Country- Abende schon in Stäfa gab.»

Treibende Kraft war dabei Hans Blesi vom Vorstand des FC Meilen, der spätere Gründer, Vater oder «Erfinder» des Old Time Jazzclubs. Der heutige Präsident des Clubs, Benjamin Stückelberger, hat Hans Blesi einmal gefragt, weshalb er damals Jazz und nicht Country als Stilrichtung wählte, denn beides hätte gepasst. «Hans sagte, er habe damals noch gar keine besondere Affinität zu Jazz gehabt», erinnert er sich. «Er kannte aber die Country-Abende, die in Stäfa veranstaltet wurden, und deshalb wählte er bewusst ein anderes Genre.»

Eine Leidenschaft für Musik, die hatte Hans Blesi allerdings schon: Er hörte auf sein Herz und engagierte nur Bands, die ihm gefielen und deren Musik ihn berührte, auch wenn sie strenggenommen nicht unter das Label «Jazz» fielen. Zum Beispiel die Mojo Blues Band – die kultigen Österreicher waren schon im allerersten Jazz-Zelt dabei und kamen auch später immer wieder nach Meilen, sehr zur Freude der Zuhörer.

Konkurrenzlos tiefe Eintrittspreise

Zehn Jahre und zehn Jazz-Zelte später wurde der Anlass bereits an jeweils zwei Abenden durchgeführt, und Hans Blesi verschob die Veranstaltung 1992 in die Herrliberger Vogtei. 1992 war dann auch das Gründungsjahr des OTJC. «Irgendwann sagte sich Hans, es gibt offenbar so viele Jazzfans in Meilen und Umgebung, dass ich einen Club gründen könnte», erzählt Benjamin Stückelberger. Blesi habe Flyer verteilt und beschlossen, dass er mit der Clubgründung ernst mache, wenn er 200 Mitglieder zusammentrommeln könne. Das gelang ihm problemlos (in seinen allerbesten Zeiten hatte der Old Time Jazzclub sogar 850 Mitglieder und musste einen Aufnahmestopp verhängen, weil der «Löwen» bei den Club-Konzerten an seine Grenzen kam).

Offenbar hatte der unermüdliche Hans Blesi mit dem Zweck des Vereins einen Nerv getroffen: «Organisation und Durchführung von Old Time Jazz Konzerten am rechten Zürichseeufer zu erschwinglichen Preisen» lautet Art. 2.1 bis heute. Tatsächlich sind die Eintrittspreise konkurrenzlos tief: Für den Jahresbeitrag von 70 Franken (Einzelmitgliedschaft) oder 120 Franken (Doppelmitgliedschaft) bezahlt man nur 10 Franken pro Abend im Löwen-Saal. Acht Konzerte werden von Ende März bis Ende November jeweils angeboten. «Während an den Jazznächten auch mal die Grenzen des Genres überschritten werden können, ziehen wir sie im Club enger», sagt Benjamin Stückelberger, der das Präsidium des Vereins im April 2021 übernommen hat: Hier geht es also wirklich um Jazz.

«Manchmal tanzen die Leute
fast auf den Tischen – eindrücklich!»

Nach Meilen reisen Grössen aus dem In- und Ausland. Wie kommt man an internationale Bands wie die Jazz Connection oder Les Haricots Rouges? «Mittlerweile kennt man sich und ist in gutem Kontakt», sagt Benjamin Stückelberger. Besonders gern erinnert er sich an den Auftritt von «Steve ‘Big Man’ Clayton» und seiner Band: «Da haben die Leute fast auf den Tischen getanzt, auch die 80-Jährigen! Das war echt eindrücklich.» Als persönliche Entdeckung bezeichnet er Triosence. Die deutsche Band trat an den Jazznächten auf und spielt melodiösen, wohltuenden Jazz. Ein Highlight und erst noch sehr sympathisch war der Auftritt von Sängerin und Moderatorin Sandra Studer mit dem Zurich Jazz Orchestra bei bescheidenem Honorar. «Und wenn wir dann eines Tages noch Diana Krall nach Meilen holen, kann ich beruhigt aufhören», sagt Benjamin Stückelberger schmunzelnd.

«Wir brauchen auch jüngere
Mitglieder für mittelfristig
günstige Kozerte.»

Wunderschön gewesen sei auch das Konzert mit Levin Deger im Jahr 2022 anlässlich des 30. Geburtstags des OTJC. Deger präsentierte ein Weihnachtsprogramm. «Ein Mann, mit dem ich gerne ein Bier trinken würde», so Stückelberger. Dazu komme es aber leider selten, denn die Bands würden in der Regel nach der Show gleich weiterziehen, und vor dem Auftritt seien sie angespannt und nicht in Plauderstimmung.

Neumitglieder dank den Jazznächten

Mit seinen durchschnittlich 150 Besucherinnen und Besuchern pro Abend gehört der Old Time Jazzclub Meilen zu den grösseren Jazzclubs der Schweiz. Dennoch sei die Mitgliederstruktur schon eine «Challenge»: «Man ist eben generell nicht mehr so gerne Mitglied in einem Club. Wir brauchen aber möglichst viele auch jüngere Mitglieder, damit die Anlässe mittelfristig günstig bleiben.»

Doch nochmals zurück zu den Jazztagen. Diese sind für den OTJC auch wichtig als «Teaser» für den Club, denn sie generieren jedes Jahr Neumitglieder. Nachdem sie 1992 vom Grümpi-Festzelt in die Herrliberger Vogtei verlegt worden waren, zogen sie am 7. Mai 1995 an die Meilemer Kirchgasse um, wo sie bis heute stattfinden – das nächste Mal Ende August 2025, wo wie gewohnt an fünf verschiedenen Spielorten rund ein Dutzend Bands mit Jazz auf hohem Niveau auftreten werden. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich. Auf Hans Blesi, der krankheitshalber 2006 zurücktreten musste, folgten zwar Ernst Frei als Präsident des OTJC und Rolf Schweizer bzw. Fredy Birchler für die Organisation der Jazztage, aber 2013 war erstmal Schluss.

Konzerte sogar während Corona

Erst 2018 erwachte der Anlass wieder zum Leben (als «Jazznächte»), und seit 2021 ist Benjamin Stückelberger sowohl Club- als auch OK-Präsident. Club-Präsident von 2017 bis 2021 war Tobias Ziegler.

Sogar in den Corona-Jahren gab es die Jazznächte, mit allen Vorsichtsmassnahmen und allem Extra-Aufwand. «Manchmal hatten wir tatsächlich bis zu 20 Vorstandssitzungen pro Jahr», sagt Stückelberger, inzwischen seien es deutlich weniger. Man treffe sich in der Mittagspause bei einem Sandwich und habe es, zu sechst, wirklich gut zusammen.

Übrigens, auch Gründer Hans Blesi geniesst weiterhin seinen Jazz oder Blues, allerdings altersbedingt eher zu Hause ab Konserve statt live im Löwen-Saal oder an der Kirchgasse.

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