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Meilemer Theater- und Opernliebhaber müssen nicht nach Zürich reisen, um richtig gute Aufführungen zu sehen: Im Atelier Theater in Feldmeilen werden seit 1993 echte Kulturperlen angeboten.
Eigentlich habe sie vor mehr als dreissig Jahren gar keine Lust gehabt, einen Verein zu gründen, erinnert sich Annegret Trachsel: «Doch es war nötig. Dass das jetzt alles so vereinsmässig aufgezogen ist, ist wohl auch einer der Gründe dafür, dass es uns heute noch gibt.» Der Atelier-Theater-Verein mit seinen fast 500 Mitgliedern sorgt für Strukturen und für eine gewisse finanzielle Basis – und natürlich auch für genügend interessierte Zuschauer.
Vereinsmitglieder zahlen weniger Eintritt
Vereinsmitglieder (Einzelmitgliedschaft 40 Franken pro Jahr) erhalten vergünstigte Eintritte zu den Vorstellungen, an der Mitgliederversammlung wird eine exklusive Produktion präsentiert und ein Imbiss serviert. «Unsere Mitglieder unterstützen das Theater durch persönliche Teilnahme und Engagement ideell und finanziell», sagt Annegret Trachsel. «Dank ihnen – und dank der Unterstützung durch die Gemeinden Meilen und Herrliberg sowie durch diverse Stiftungen – geht das Spiel immer weiter.»
«Uns gibt es auch deshalb schon so lange, weil wir als Verein organisiert sind.»
Die Gründerin, langjährige Präsidentin und aktuelle Vizepräsidentin, heute 76 Jahre jung, war von Anfang an Herz und Seele des Theaters. 1976 hat sie als junge Theaterpädagogin im ehemaligen Heustock im Feldner Landgut Mariafeld der Familie Wille die «Heubühne» gegründet, gemeinsam mit ihrem Mann Thomas und weiteren Theaterbegeisterten. Die Heubühne ist bis heute das Stammhaus des ATM geblieben. Auf den 27 Quadratmetern Fläche werden die meisten Vorstellungen gespielt, ausgenommen die sommerlichen Freilicht-Anlässe im Hof des Landguts unter alten Bäumen.
Schauspiel, Oper und Kindertheater
«Schminkraum, Garderobe und der Aufenthaltsraum für die Schauspieler waren zu Beginn bei uns in der Wohnung», erzählt Annegret Trachsel, «und der Kleiderständer mit den Kostümen stand in der Badewanne.» Das ist heute nicht mehr so, auch aus feuerpolizeilichen Gründen. Das Foyer ist aber noch immer im ehemaligen Kuhstall untergebracht, und es befinden sich zwei Wohnungen direkt oberhalb des Theaters – in der einen wohnen Annegret Trachsel und ihr Mann Thomas, in der anderen ATM-Präsident Heinz Bösch.
80 Sitzplätze bietet der luftige, überhohe Zuschauerraum mit seinem ganz eigenen, trocken-staubigem Geruch nach Holz und den Brettern, die die Welt bedeuten. Gegen 2000 Eintritte werden pro Jahr verkauft. Die Vorstellungen verteilen sich auf Schauspiel, Oper («Operella – die Taschenoper», seit 2005) und Kindertheater («La Scaletta – die junge Bühne», seit 2003). Insgesamt 73 Premieren gab es in den drei Sparten schon zu feiern, alle auf hohem Niveau. Dazu kommen Theater-Workshops, zum Beispiel zum Thema Maskentheater.
«Früher stand der Kleiderständer mit den Kostümen in unserer Badewanne.»
«Kein Wort, Satz, weder Mimik noch Gestik machen Abstriche an der klassisch guten Unterhaltung, Chapeau!» stand zum Beispiel über Molières Schauspiel «Der eingebildete Kranke» in der Zeitung zu lesen. Oder «’Picknick mit Lulu Kreutz’ von Yasmina Reza überzeugt und fesselt von der ersten Szene an». Oder «Alle Figuren sind perfekt besetzt, (…) die Inszenierung packt und bewegt» über «Gott» von Ferdinand von Schirach.
Hochkarätige Inszenierungen voller Dramatik
Ausser einem einzigen Stück vor 30 Jahren sind alle Schauspiel-Aufführungen übrigens auf Hochdeutsch. Regie führen, unter anderem, oft Annegret Trachsel oder Udo van Ooyen, beides Profis. Den Bühnenbau und die Umsetzung auf der Bühne erledigen Annegret Trachsels Mann Thomas und die gemeinsame Tochter Flurina, eine Theatermalerin. Für die Technik ist Carlos Becker zuständig – und für Lichtdesign und Kostüm werden ebenfalls Profis engagiert.
Im Rahmen von «Operella» treten ebenfalls Profis auf: Sängerinnen und Sänger in Ausbildung, die erste Bühnenerfahrungen sammeln möchten und sich unter der Leitung von Regina Heer und Corina Gieré intensiv mit einem Werk auseinandersetzen. Auch hier: Der Applaus ist regelmässig gross. «Eigentlich ist die Feldner Bühne viel zu klein für die grossartigen Leistungen der acht jungen Spieler…» konnte man lesen, oder «eine hochkarätige Inszenierung voller Dramatik».
Ein eigenes Theater für Kinder und Jugendliche
Ebenfalls sehr gut läuft nach dem Neustart im letzten Jahr «La Scaletta». Hier können sich Kinder und Jugendliche spielerisch und künstlerisch mit Leib und Seele ausleben. Sie spielen, singen und musizieren auf der Heubühne unter professioneller Leitung von Schauspielerin und Sängerin Annina Gieré und Schauspieler und Theaterpädagoge Carlos Becker.
Seit Januar laufen die Proben mit über einem Dutzend Kindern, im Mai spielen sie fünf Mal Mark Twains Verwechslungskomödie «Prinz und Bettelknabe». «Ich habe ein sehr gutes Gefühl bei ’La Scaletta’», freut sich Annegret Trachsel. «Die Intensität, mit der die Kinder spielen, ist etwas Besonderes.» Die vielen Probenarbeiten schweissen sie zusammen, «da passiert immer ganz viel». Und sowohl Operella als auch La Scaletta bringen ein junges Publikum.
«Wenn Kinder Theater spielen, passiert immer ganz viel.»
Wenn es im ATM ein Problem gibt, dann dieses: «Unser Ensemble ist überaltert», seufzt Annegret Trachsel, «wir sind in letzter Zeit ziemlich am Suchen – bei ehemaligen La-Scaletta-Spielern und sogar bei anderen Theatern.» Vor allem die Altersgruppe der 40- bis 50-Jährigen ist im Ensemble rar. «Der Proben- und Aufführungsaufwand ist gross», ist sich Annegret Trachsel bewusst, versichert aber, die Probenpläne würden sorgfältig geschrieben und seien «absolut sozialverträglich»: «Wer Lust hat, mitzumachen, soll sich melden – bitte!».
Im 2025 warten Mark Twain, Mozart und eine Trennungskomödie
Gagen kann das ATM keine bezahlen, dafür unvergessliche Erlebnisse bieten, und manchmal sogar ein Sprungbrett für die grosse Karriere: Aline Bucher, heute Schauspielerin beim Theater Halle, und Paula Conrad Hugenschmidt, Theater- und Filmschauspielerin, haben beim ATM angefangen, ebenso die Sängerin und Schauspielerin Annina Gieré, die heute gemeinsam mit ihrem Mann Carlos Becker «La Scaletta» leitet.
Der achtköpfige Vorstand erledigt die Arbeit gratis. Neben Intendantin Annegret Trachsel sind dies u.a. Präsident Heinz Bösch, oder die Musikverantwortliche Corina Gieré. Professionelle Theaterfachleute wie Regisseure oder Bühnenbildner erhalten hingegen ein Honorar. Möglich ist das dank den Vereinsmitgliedern, Sponsoren und Gönnern.
Und worauf dürfen sich die Theaterbesucher 2025 freuen? Auf «Prinz und Bettelknabe» von La Scaletta folgen im September die Mozart-Oper «Così fan tutte – ma no, tutti!» und im November die tragikomische Trennungskomödie «Und wer nimmt den Hund?» von Martin Rauhaus. Das Spiel geht immer weiter!
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