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Meilemer Klein- und Kleinstbauten, Teil IV: Bergscheunen

Scheunen sind bekanntlich landwirtschaftliche Gebäude zur Speicherung von Heu und allenfalls Stroh. Zu unterscheiden ist zwischen Hofscheunen beim Wohnhaus des Bauern und Feldscheunen, die im Gelände verstreut sind.

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Und dessen Topografie entsprechend werden sie am Pfannenstiel eben Bergscheunen genannt. Während Hofscheunen im Volumen oft grösser (manchmal sogar deutlich grösser) sind als das zugehörige Wohnhaus, passen Bergscheunen mit ihrer Grundfläche von meist unter 50 m2 als Kleinbauten gut in das Schema dieser Reihe.

Hölzerne Giebelbauten auf niedrigen Grundmauern

Man sieht sie – in unterschiedlichem Zustand der Erhaltung – noch zahlreich verstreut an den Hängen des Pfannenstiels. Im Unterschied etwa zu den hier behandelten Waschhäusern (vgl. Meilener Anzeiger vom 19. Januar) mit ihrer Vielfalt an Grössen und Formen gleichen die Bergscheunen sich zwar nicht gerade wie ein Ei dem andern, aber sie sehen sich alle doch sehr ähnlich. Höchstens, dass ihre Lage – auf einem Plateau oder direkt am Hang – einen Einfluss auf die Details der Architektur hat.

Äusserlich gesehen handelt es sich bei unseren Bergscheunen um hölzerne Giebelbauten auf niedrigen Grundmauern mit Nord–Süd-Verlauf des Giebelfirstes und Traufseiten nach Ost und West. Bei Stallscheunen ist ein gemauerter Stall im Erdgeschoss integriert. Der Lagerraum für das Heu befindet sich dann, vom Scheunentor (meist zweiflügelig, allenfalls als Schiebetor) abgesehen, hauptsächlich im Obergeschoss.

Am Pfannenstiel nur Skelettbauten

Je nach Gegend kann es sich bei solchen Scheunen in der Schweiz um Blockbauten, also aufgeschichtet aus horizontalen Balken, handeln. Hier dagegen sind es ausnahmslos Skelettbauten. Das heisst: Die nicht sichtbare innere Konstruktion lässt sich als «verkleideter» Riegel- oder Fachwerkbau umschreiben. Die Zwischenräume zwischen den senkrechten Pfosten oder Ständern und schräg eingebauten Streben sind aber nicht mit Mauerwerk ausgefacht, sondern mit senkrecht angebrachten Brettern verschalt, und zwar so, dass eine ständige Lüftung garantiert ist. (Eigentliche Lüftungsfenster, dazu noch oft verziert, finden sich meist nur bei Hofscheunen.)

Entstanden im 19. Jahrhundert

Das Jahr der Errichtung solcher Feldscheunen lässt sich über die Akten der Gebäudeversicherung leicht erschliessen. Dabei zeigt sich, dass sich mit einer Ausnahme alle von uns eruierten Daten zwischen 1837 und 1868 bewegen, wobei es – wenn die Wild-Karte stimmt – keine Vorgänger zu geben scheint. Die einzige Ausnahme betrifft eine Scheune, die schon vor 1813 bestanden hat, heute allerdings im Zerfall begriffen ist, falls nicht bald etwas passiert (Ecke Schwabach/Plattenstrasse). Garantiert ist dabei natürlich nicht, dass jedes Brett jeder Scheune wirklich aus der Entstehungszeit stammt – theoretisch könnte jedes einmal ausgewechselt worden sein.

Und Scheunen fielen oft einem Brand zum Opfer: So wäre bei jeder einzelnen von heute zu untersuchen, ob es sich um dieselbe handelt wie zum Zeitpunkt der überlieferten Errichtung.

Wozu überhaupt Bergscheunen?

Ihre Errichtung ist mit Streubesitz von Höfen bzw. einer Vielzahl abgelegener Parzellen zu begründen. Dies ist Ausdruck davon, dass im 19. Jahrhundert im Mittelland eine Ausweitung von intensiver Gras- bzw. Milchwirtschaft zulasten des Ackerbaus stattgefunden hat, was sich zusätzlich in der Errichtung von Sennhütten ausdrückt. Um jedenfalls das am Abhang des Pfannenstiels geerntete Heu und ein paar Kühe unterzubringen, baute nun jeder Landwirt seine externe Stallscheune. Denn es war nur vernünftig, das Heu am Ort zu belassen, wo es als Gras gemäht worden war. (Rudolf Stückelberger: «Während heutzutage das Futter zum Vieh gebracht wird, brachte man früher das Vieh zum Futter.») Das hiess aber auch, wenn das Vieh oben am Berg weidete, sich zwei Mal pro Tag zu Fuss dort hinauf zu begeben, um die Kühe zu melken, ausser man verbrachte die Zeit dazwischen mit Gras-Mähen oder Heuen (vgl. u.a. Ursula Büttner-Brucker: Die Scheune im Schoris, in: Heimatbuch 2009, S. 24 ff.)

Heute sieht dies längst anders aus: Mit dem Aufkommen von Traktoren und grösseren Ladewagen erübrigte sich dies, und die Bergscheunen verloren ihre Funktion. Und wo für sie nicht eine neue gefunden werden konnte (in Waldnähe beispielsweise zur Holzlagerung), verlotterten sie zusehends. Wie lange wird es sie noch geben?

Nochmals zum Thema Garagen

Mit der Recherche nach frühen Garagen stellt sich – selbst wenn diese nicht mehr stehen – die Frage nach den zugehörigen Autos. Auch die gibt es naturgemäss nicht mehr. Aber Thomas Boller weiss einiges über Autos in der einstigen Obermühle. Im dortigen Sägereibetrieb Amsler hat man die Fuhrhalterei zumindest teilweise schon sehr früh motorisiert und dafür die ersten Remisen erstellt. Und was Personenwagen betrifft, war Ida Amsler-Schärer nicht nur die erste Autofahrerin überhaupt im Kanton Zürich, sie konnte sogar einen Motor zerlegen und wieder zusammensetzen. Die wohl um 1920 entstandene Fotografie (letztes Bild) zeigt sie am Steuer ihres Mercedes Mannheim Landaulet aus dem Jahre 1913.

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