Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Meilemer Klein- und Kleinstbauten: Garage(n)

Wir sind es heutzutage gewohnt, dass zwischen einer Erfindung, ihrer Marktfähigkeit und ihrer massenhaften Verbreitung oft nur wenige Jahre verstreichen. Beim benzingetriebenen Auto war dies damals – zumindest in Europa – anders.

Und dies nicht nur aus technischen Gründen: Man denke etwa an das generelle Autofahrverbot in Graubünden, das 1900 bis 1925 galt!

Carl Benz hat das selbstfahrende Vehikel 1886 erfunden – aber wer hat es angesichts der damaligen hohen Preise in Meilen gefahren? Pauschal denkt man an die wohlhabenden Besitzer von Landhäusern, die beiden Ärzte sowie Fabrikanten und Transportunternehmer.

Später Einzug des Autos in Meilen

Tatsächlich lässt sich folgendes eruieren: Heinrich Schneider, Begründer der heutigen Firma «Schneider Umweltservice» mit ihren Lastwagen im ganzen Kanton, begann 1908 noch mit zwei Pferden und wenigen Wagen. Erst 1926 erfolgte der Kauf eines Traktors. Als Ernst Holzscheiter 1912 die Lederwarenfirma westlich der Rosengartenstrasse eröffnete, war auf dem Firmenpapier neben der rauchenden Fabrik nur ein zweispänniges Fuhrwerk zu sehen. Und die 1896 gegründete Sanitär- und Heizungsfirma Hersperger schaffte 1929 als erstes motorisiertes Vehikel ein Motorrad an und erst 1946 (!) einen Lieferwagen. Vor 1930 gab es hier kaum ein Auto und damit auch keinen Bedarf, eine Garage zu bauen.

Da und dort werden wohl im Verlauf der Zeit bestehende Wagenremisen in Garagen umgewandelt worden sein. Dies zu belegen wäre indes mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden. Damals tatsächlich neu erbaute Garagen, etwa für die Patrizierhäuser «Horn» und «Seehof», sind unterdessen längst wieder abgebrochen worden und lassen sich nicht illustrieren.

Dr. med. Hans Frey, tätig ab 1926, anfänglich einer der wenigen Autohalter der Gemeinde, liess seine Garage gleich ins Untergeschoss der neu erstellten Villa an der Seestrasse einbauen (vgl. «Meilen entdecken», S. 160).

Die Doppelgarage der «Seehalde»

So bleiben für uns primär einzig die beiden 1927 von alt Gemeindepräsident Edwin Hirzel-Bucher erbauten Doppelgaragen der «Seehalde» übrig, die damals in den Hang gebaut wurden. Die ersten zwei Tore sind in barocker Manier verziert mit je einer Wappenkartusche, einem Hirsch für «Hirzel» und einer Buche für «Bucher». (Dass sich dort tatsächlich drei Garagentore aneinanderreihen, erklärt sich daraus, dass ein vorheriges westliches Nebengebäude 1973 neu zur Garage umgebaut wurde und ebenfalls ein Tor erhielt, wenn auch ohne Wappenschmuck.)

Zwei spätere Beispiele

Allerdings: Die freistehende Garage des elterlichen Nachbarhauses Ecke Pfannenstiel-/Juststrasse in einem Mittelstandsquartier stammt immerhin von 1929, damals als «Autoremisengebäude» verzeichnet. Dazu kommt noch ein Zufallsfund: Der 1904 errichtete Zinnenanbau ans Wohnhaus an der General-Wille-Strasse 80 wurde 1932, also für Meilen geschichtlich immer noch früh, in eine Garage verwandelt.

So hätten wir insgesamt alle möglichen Typen beisammen: eine in ein Wohnhaus eingebaute Garage, eine in den Berghang hinein gebaute, eine echt freistehende und eine angebaute.

Nachtrag

Nach Abschluss dieses Beitrages wurden noch folgende frühe Garagen eruiert:

1926 umfasste das neu erbaute Wohnhaus Seestrasse 963 eine Autogarage.

1927 wurde die Wille’sche Schnapsbrennerei an der Seestrasse 194 in das heutige Wohnhaus mit Garageanbau umgewandelt.

1929 erfolgte beim heutigen «Gsundheitshuus» die Angliederung einer Garage.

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