Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Mehr See für die Meilemer

Im nächsten Frühling erhalten die Meilemer einen neuen öffentlichen Seezugang mit Denkmal-Kran: Das Kibag-Gelände am zürichseitigen Dorfeingang vor der Fähreanlage soll zur Oase für Mensch und Natur aufgewertet werden.

Gemeinderat Pepe Bösch (links) und Andreas Hersche, Leiter Baumanagement der Gemeinde auf dem Grundstück mit Baggerkran, das neu gestaltet wird. Fotos: MAZ

Seit der Gemeindeversammlung vom Juni 2016 ist klar, dass das Land mit direktem Seeanstoss einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden und «Seezugang für alle» bieten soll. Rund acht Jahre lang beschäftigte sich der Gemeinderat mit Lösungsansätzen und rechtlichen Hürden für das Gelände direkt beim Lichtsignal der Kreuzung Seestrasse/Dorfstrasse. Still rostete der Meilemer «Hafenkran» inmitten von wildem Grün während diesen Jahren vor sich hin.

Bauarbeiten ab Ende Oktober

Die Stimmberechtigten hatten 2016 den Plan des Gemeinderates unterstützt, das Seegrundstück samt historischem Kran und zwei Mehrfamilienhäusern – alles im Eigentum der Baustoff-Firma Kibag – zu erwerben. Dies im Tausch für ein Grundstück im Lütisämet in Obermeilen (plus Zuzahlung seitens Kibag, um den Mehrwert auszugleichen). In Obermeilen hat die Kibag inzwischen längst die geplanten Mehrfamilienhäuser erstellt. Ab Ende Oktober werden nun auch am See die Bauarbeiten beginnen.

Vorgesehen ist, auf 1152 Quadratmetern mit möglichst einfachen Mitteln Erholungsraum für die Meilemer zu schaffen sowie Flora und Fauna zu fördern. «Schon fast ein Schandfleck» sei das Gelände bisher gewesen, findet der zuständige Gemeinderat, Liegenschaftenvorstand Pepe Bösch. Andreas Hersche, Leiter Baumanagement der Gemeinde, spricht lieber von einer «Brache». Beide freuen sich sichtlich, dass nun eine Lösung gefunden wurde.

Der Kran wird direkt am See stehen

Ohne die beiden Mehrfamilienhäuser zu tangieren, wird der mittlere Teil des Grundstücks so umgestaltet, dass der «Hafenkran» (siehe Kasten) und seine Geleise mit einer Spurbreite von 256 cm ins Projekt integriert werden. Auch die diversen ehemaligen Kieswannen des Industriedenkmals, die heute teils zugewachsen sind, bleiben erhalten: als Pflanzflächen. In zwei Wannen entstehen Biotope für Libellen und Wassertiere, eine weitere wird mit Sand aufgefüllt, auf dem ein Spielschiff «schwimmt».

«Spannend wird es, wenn wir den Kran bewegen», sagt Andreas Hersche. Der Kran soll um 180 Grad gedreht und auf seinen Schienen auf dem betonierten Trassee nach vorne bis fast an den See gefahren werden. Dafür hat man eigens den ehemaligen Kranführer ausfindig gemacht, der jeden Hebel kennt. Ob die Elektronik noch funktioniert und der Rost die mechanischen Teile nicht zu sehr beschädigt hat, wird sich herausstellen. Im Moment steht die Führerkabine noch unter Wasser, und die Seilzüge der Baggerschaufel sind so morsch, dass sie sowieso als erstes entfernt werden.

Einstieg ins Wasser und Netz zum Spielen

Betreten oder gar bespielen darf man den Baggerkran auch in Zukunft nicht. «Viel zu gefährlich», sagt Pepe Bösch. Ein hoher Zaun soll Kinder und Jugendliche von Kletteraktionen abhalten. Stattdessen sollen sie sich im Wasser austoben: Eine behindertengerechte Rampe und ein fix montierter Holzsteg ermöglichen den Einstieg in den See, im Sommer wird zwischen bestehenden Pfählen im Wasser ein Netz zum Klettern aufgespannt.

Ergänzt wird das Ganze mit Stauden und Gräsern für Insekten wie Libellen, für Vögel und Amphibien. Biodiversität steht im Zentrum: Neben einer Liegewiese sind eine Blumenwiese, eine Ruderalfläche (für Spontanvegetation) und Bereiche mit Stauden und Gräsern vorgesehen – in Richtung Seestrasse schützen Bäume gegen Blicke und Lärm. «Wir versuchen, so viele bestehende Pflanzen wie möglich zu erhalten», sagt Andreas Hersche, «zirkuläres Bauen» sei hierzu das Stichwort: «Verwenden, was da ist – das gibt ein schönes Sammelsurium.» Nur die Neophyten würden entfernt. Drei Parkplätze und mehrere Veloplätze stehen zur Verfügung, «aber grundsätzlich kommen die Leute wohl ehesten zu Fuss», vermutet Pepe Bösch. Praktischerweise gibt es in naher Gehdistanz mit dem Fähre-Kiosk eine Verpflegungsmöglichkeit.

Die erste von drei Aufwertungen eines Seezugangs

Weil eine gültige Baubewilligung vorliegt, ist das Preisschild des Vorhabens bereits bekannt: rund 559’000 Franken. Knapp die Hälfte davon fällt im Zusammenhang mit dem unter Schutz stehenden Hafenkran als gebundene Kosten an, der Restbetrag für die Umgebungsarbeiten liegt innerhalb der Ausgabenkompetenz des Gemeinderats.

Der neue Badeplatz ist die erste von drei geplanten Aufwertungen von Seezugängen, wie Gemeinderat Pepe Bösch erklärt: In etwa zwei Jahren folgt die Aufwertung des Strandbads Dorfmeilen, weiter geplant ist ein «Haus des Wassersports» in einer gemeindeeigenen Liegenschaft in Feldmeilen, all dies in enger Zusammenarbeit mit dem Awel (Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft). Die Eröffnung des neuen Badeplatzes mit Deko-Kran ist nach etwa fünfmonatigen Bauarbeiten für März oder April 2025 vorgesehen.

Industriedenkmal von nationaler Bedeutung

Bis ins 20. Jahrhundert war Meilen einer der wichtigsten Orte für den Ledischiffverkehr am Zürichsee. 1928 erstellte das Kies- und Baggerunternehmen KIBAG hier einen Kieshafen mit Schienenbaggeranlage, die 1953 modernisiert wurde. 2004 bis 2015 war Schneider Umweltservice AG Mieterin des Umschlagplatzes. Zentrale Umladeeinrichtung war der Seilbagger, der das Schüttgut auf Strassenfahrzeuge lud.

Der aktuelle Seilbagger ersetzte 1953 denjenigen aus dem Jahre 1928. Wegen eines Brandschadens erhielt er in den Achtzigerjahren eine Blechverkleidung und einen neuen Baggerführerstand. Das Anliefern von Kies mit Ledischiffen wurde jedoch schon vor längerer Zeit aufgegeben und ganz auf die Strasse verlagert.

Der Meilemer Kran ist im Inventar der ISIS (Informationsplattform für schützenswerte Industriekulturgüter der Schweiz) verzeichnet, zusammen mit mehreren Tausend anderen Objekten wie Fabrikgebäuden, Bahnbauten, Brücken oder Bergbauanlagen.

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