Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Langer Beifall für «Zerrissen»

Am Spätnachmittag des letzten Sonntags im Kirchenjahr gestaltete Kantor Ernst Buscagne mit seinem Jungen Vokalensemble Meilen (JUVEM), mit der Organistin Barbara Meldau und der Lektorin Amina Rekesan eine Stunde Wort und Klang, wie sie bewegender und schöner nicht hätte gelingen können.

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Zu Beginn erklang von der Empore «O sing unto the Lord», eine Psalmvertonung von Cecilia McDowall (geb. 1951). Aus den festlich aufsteigenden, strahlend registrierten Girlanden der Orgel wuchs wie von selbst der helle Chorklang und entfaltete sich im Zwiegespräch mit der Orgel mit der frohen Botschaft: «Jauchzt dem Herrn, alle Länder, seid fröhlich, jubelt und singt.»

Vorn im Kirchenschiff trat dann die Lektorin Amina Rekesan vor den Chor: als dritte Stimme im Wechsel von Wort und Klang. Sie las gewinnend, einfühlsam und eindringlich. Sie las die nur ganz am Rande angekündigten, von Ernst Buscagne zusammengestellten «Texte», zuerst den Eingangspsalm 98 «O sing unto the Lord» im Deutsch der Zürcher Bibel. Sie las Gedichte von Hilde Domin und Margaret Atwood als Spiegelungen zu den «Four songs of love» von Sven David Sandström. Und sie las eine eigene Nachdichtung des Gedichts «In dieser Stunde» aus den Leichenreden von Kurt Marti, in der sie die Weltlage von 1969 in den November 2022 umsetzt. Sie las von Menschen, die überall in der Welt an Hunger sterben, von Menschen auf der Flucht, von gefolterten Frauen im Iran, von Bomben, die in der Ukraine einschlagen – sie las von der Zerrissenheit in unserer Zeit, die als Leitwort über dieser ganzen Stunde von Klang und Wort stand.

Fünfzehn Frauen und vierzehn Männer, alle zwischen 20 und 30, viele mit Chorerfahrungen aus der Jugendmusikschule Pfannenstiel, einzelne auch – solistisch und als Stimmführende eingesetzt – in musikalischer Aus- oder Weiterbildung. Sie haben sich 2020 im JUVEM zu einem Ensemble zusammengefunden, das sich höchsten Ansprüchen stellen darf. Sein Gesamtklang wirkt ausgewogen und vom charakteristischen Timbre dieser Altersgruppe geprägt.

Die Einsätze sind klar und intonationssicher, am schönsten die exponiertesten der Frauenstimmen. Farbig, klangfreudig, emotional wirken die choralartigen Partien, klar in der Diktion, im Ausdruck ganz von den Texten her empfunden und geformt. Beweglichkeit, klare Linien und kammermusikalisches Mit- und Zusingen prägen die imitierenden und fugierten mehrstimmige Teile, verbunden auch mit wechselnden Aufstellungen im akustisch idealen Kirchenraum.

Am schönsten sei für ihn gewesen, sagte Ernst Buscagne nach dem Konzert, wie das Ensemble ganz so, wie er sich das gewünscht habe, vom Wort her gesungen habe. Wie Sprache Musik geworden ist und Musik Sprache, sei angefügt, im Wechselspiel zwischen Monolog und Dialog Einzelner und zwischen kleineren und grösseren Stimmgruppen, in szenischen und in reflektierenden Partien.

Ein langer und spürbar bewegter Beifall dankte den Ausführenden für das Geschenk dieses Konzertes. Eingeschlossen in den Dank seien hier auch die Kantorei Meilen und ihr Förderverein, die reformierte Kirche Meilen, die Gemeinde Meilen, die Wunderly-Böhme Stiftung und die Zürcher Kantonalbank. Ohne ihre grosszügige Unterstützung wäre ein solches Konzert nicht möglich geworden.

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