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Johannes Aepplis Geschichte in einem neuen Buch

Johannes Aeppli (1815-1886), dem Entdecker der Pfahlbauer vor Obermeilen, ist ein Kapitel in einem neuen lokalhistorischen Buch gewidmet. Dieses konzentriert sich eigentlich auf Geschichten aus der Greifenseeregion. Ausgerechnet Aeppli war der Autorin eine Ausnahme wert.

«Tatsächlich sprach einiges gegen eine Aufnahme von Johannes Aepplis Geschichte in mein Buch, da die Story ja nicht am Greifensee spielt», sagt Annette Schär, Autorin des Buches, Kommunikationsberaterin und ehemalige Chefredaktorin der Maurmer Post. Sie hat die Umstände um Johannes Aepplis Entdeckung der Pfahlbauten recherchiert. «Grund für die Aufnahme der Geschichte ist, dass Aeppli ursprünglich ein Maurmer war – die Aeppli sind ein altes Maurmer Geschlecht.» Ihr habe die Story auch deshalb gefallen, weil sie den Eindruck gehabt habe, dass dieser Aeppli eine spannende Person gewesen sein musste. Ein Mensch mit umfassender Neugierde.

Fundstücke im Schulhaus

Wie in «Greifensee Geschichten» nachzulesen ist, war es auch diese Neugierde, die ihn dazu brachte, aufzumerken, als Mitte Januar 1854 bei Niedrigwasser im Zürichsee vor Meilen auf dem Gebiet der heutigen Rorenhaab ein grösseres Stück Seeboden sichtbar wurde, aus dem seltsame schwarze Pfähle ragten. Schon drei Jahre zuvor hatte Aeppli einige von einem Nachbarn im See am Ufer gefundenen Steinbeile höchst interessant gefunden, am liebsten wollte er sie ihm sogar abkaufen. Doch der Nachbar wollte sie nicht hergeben.

Da nun also der Seeboden frei lag, gab Aeppli, der als Lehrer der Obermeilemer Gesamtschule mit acht Klassen angestellt war, seinen Schülern den Auftrag, den Schlick zu durchsuchen. Er richtete mit den Sechstklässlern einen Stafettendienst ein und breitete die Fundstücke auf dem Estrich des Schulhauses aus. Es waren Gerätschaften aus Stein, Instrumente aus Knochen, Horn oder Zähnen, Scherben von Tongeschirr, sogar Holz- und Bernsteinstücke.

Aeppli studierte alles genau, spekulierte auch über den Zweck oder die frühere Verwendung jeden Gegenstandes und suchte in seiner freien Zeit weiter nach noch mehr Funden. Und er informierte die Antiquarische Gesellschaft Zürich, worauf nur wenige Stunden nach Erhalt des Briefes, der per Dampfschiff nach Zürich geschickt worden war, zwei Mitglieder der Gesellschaft persönlich in der Rorenhaab auftauchten.

Gekränkte Eitelkeit

Nun nahm die Geschichte ihren Lauf: Der Präsident der Gesellschaft, Dr. Ferdinand Keller, nahm sich der Angelegenheit an und wurde schliesslich mit seiner Pfahlbautheorie berühmt.

Während Aeppli und Keller sich zu Beginn noch ausgesprochen einig waren und Dr. Keller den Obermeilemer Lehrer Aeppli in einem ersten Artikel auch ausdrücklich lobte, indem er dessen «Aufmerksamkeit und unermüdlichen Eifer» pries, entbrannte einige Jahre später ein unschöner Streit zwischen den beiden Männern.

Es ging darum, dass Aeppli eine zunehmend marginale Rolle zugewiesen wurde. Statt dass gewürdigt wurde, dass er den Wert der Funde sogleich erkannt und planmässige Nachforschungen betrieben hatte, wurde er von Altertumsforscher Keller allenfalls beiläufig als «glücklicher Finder» der Pfahlbauten erwähnt. Ohne seine, also Kellers, Hilfe, so der Altertumsforscher, wäre die ganze Angelegenheit sowieso wieder in Vergessenheit geraten.

Autorin Annette Schär, die diverse Quellen auswertete, wundert sich darüber, «wie unsouverän Keller von der Antiquarischen Gesellschaft darauf reagierte, dass auch Aeppli seinen gebührenden Anteil am Ruhm haben wollte». Sie vermutet, dass Johannes Aeppli eine gute Auffassungsgabe hatte und möglicherweise gerne mehr geworden wäre als «nur» Lehrer in Obermeilen. Auch als er mit den gelehrten Herren der Antiquarischen Gesellschaft von Zürich in Kontakt stand, habe er sich zuerst ehrfürchtig und zudienend gezeigt, doch ging es am Ende wohl letztlich um eine gewisse gekränkte Eitelkeit.

Als Entdecker anerkannt

Heute ist Johannes Aeppli in Meilen eine Gedenktafel gewidmet, und in Obermeilen wurde sogar eine Strasse nach ihm benannt. Das Schulhaus, in dessen Estrich Aeppli die Fundstücke sammelte, wird heute als Schülerclub, also Hort, genutzt. Und Aeppli geriet nicht in Vergessenheit, sondern wird in vielen Pfahlbauschriften namentlich als «Entdecker» genannt, während Keller als Begründer der Pfahlbautheorie gilt.

Neben der Geschichte um Aeppli und Keller – in der es übrigens auch ganz allgemein um Aepplis Stellung in der Gemeinde Meilen und einen mysteriösen Streit mit den Maurmern geht – finden sich in «Greifensee Geschichten» viele weitere Storys, von denen etliche halb vergessen wurden und nur darauf gewartet haben, wieder zum Leben erweckt zu werden. So etwa die Erzählung vom Abschuss eines amerikanischen Bombers bei Fällanden, von einem Schatzgräber, der die Maurmer überlisten wollte, vom einstigen Kurbad in Mönchaltorf, vom Kesselflicker Büelmann aus Egg oder, aus neuerer Zeit, vom Deckeneinsturz im Hallenbad Uster. Die Texte sind ergänzt mit Fotos und Grafiken und sehr unterhaltsam zu lesen. Das Buch erscheint Ende August.

Annette Schär, «Greifensee Geschichten, Historisches aus der Region», Th. Gut Verlag, 216 S., Fr. 29.90.

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