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Hat die Politik geschlafen?

Die FDP des Bezirks Meilen lud erneut zu einem Forum in den Jürg-Wille-Saal des Gasthofs Löwen. Unter der Leitung von Nationalrat Beat Walti wurde das Thema Energiemangellage diskutiert.

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Diverse geopolitischen Faktoren wie etwa der Krieg in der Ukraine könnten diesen und nächsten Winter zu einer Energiemangellage führen. Wie wir eine mögliche Mangellage verhindern oder bewältigen können, wurde am Forum der FDP des Bezirks Meilen bei einer Podiumsdiskussion besprochen. Es diskutierten Dr. Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem, Dr. Romeo Deplazes, Leiter Energie und Stv. CEO Energie 360°, Andrea Mäder, Head of Public Affairs Swissgrid und Dr. Christian Schucan, Kantonsrat und Unternehmer.

Das sich in einem Abend in einem Gespräch von gut anderthalb Stunden keine perfekte Lösung dieses umfassenden und ganz Europa betreffenden Problems finden lässt sei wohl klar, meinte Moderator und Nationalrat Beat Walti. Lösungsansätze und Wünsche für die Zukunft, konnte das gut besetzte Panel dennoch finden.

Schnellere Prozesse dringend nötig

Dass eine mögliche Strommangellage eine der grössten Herausforderung sei, die es zu bewältigen gelte, sind sich alle einig. Darum sei auch von Schnellschuss- und Paniklösungen dringend abzusehen, findet Christian Schucan und sagte: «Es braucht jetzt eine saubere Analyse und zukunftsorientierte Lösungen». Was übrigens nicht heisse, dass nicht grundsätzlich schneller gehandelt werden müsse. Besonders Prozesse müssten beschleunigt und Verfahren verkürzt werden. «Auch wenn man schnell handelt, dauern Veränderungen und Umstellungen mehrere Jahre. Wegen der Verfahren, aber auch wegen anhaltendem Rohstoffmangel», sagte Romeo Deplazes. Ein grosser Zeitfresser in den Verfahren seien die langen Instanzwege und die vielen Einsprachemöglichkeiten, die besonders bei grösseren Projekten oft ausgeschöpft würden und so Realisierungen um Jahre verzögerten.

Mit dem Rücken zur Wand

Dass die Politik in der Vergangenheit Fehler gemacht hat, zeigt sich an der grossen Abhängigkeit vom Ausland in Energiefragen. «Es war zu kurzfristig gedacht, all unsere Gasspeicher ins Ausland zu verlegen», ist sich Christian Schucan sicher. Für Andrea Mäder hat die Schweiz bereits vor Jahren die Chance verpasst, ein Stromabkommen mit der EU zu schliessen. «Ein Staatsvertrag als Basis würde uns heute helfen», ist sie sich sicher und auch Stefan Brupbacher meinte: «Kommen wir in eine Notsituation, stehen wir gegenüber der EU mit dem Rücken zur Wand».

Für alle Podiumsteilnehmer ist drum klar, dass ein Stromabkommen mit der EU das oberste Ziel sein sollte. Auch eine vollständige Liberalisierung des Strommarktes wird gefordert, um die anstehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Ein etwas schwieriges Unterfangen, sind die meisten Unternehmen auf dem Markt zwar eigentlich frei, aber doch mehrheitlich in staatlichem Besitz.

Produktionskapazität steigern

Die Schweiz müsse Wege finden, ihre Produktionskapazitäten zu steigern. Während Wasser nur wenig und Wind praktisch kein Potential bieten, lohne sich die Investition in Solarenergie. Hier gelte es bessere Lösungen bezüglich der Speicherung zu finden. So könne der Stromüberfluss im Sommer den Mangel im Winter besser auffangen. Diese Massnahmen seien wichtig, eine Unabhängigkeit vom Ausland brächten sie aber nicht. «Wir werden immer einen Teil des Stroms importieren müssen», ist sich Romeo Deplazes sicher.

Sparen im eigenen Haushalt hilft

In der ganzen Debatte dürfe ein wichtiger Player nicht vergessen werden: Die Bevölkerung. Auch wenn es keine genauen Zahlen gibt, ist klar, dass jeder einzelne Mensch einer Mangellage entgegenwirken kann. Das Licht löschen, wenn man einen Raum verlässt, Wasser im Wasserkocher erhitzen statt in der Pfanne, weniger heiss und kürzer duschen – in der Summe der Schweizer Haushalte sind das Massnahmen, die einen wichtigen Teil dazu beitragen, dass Verbote oder strikte Vorschriften nicht nötig werden.

Kontingentierungen sollten übrigens unter allen Umständen vermieden werden. «Da geht Substrat verloren und der Vertrauensverlust würde dem Wirtschaftsstandort Schweiz enorm Schaden», ist sich Stefan Brupbacher sicher.

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