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- Karin Aeschlimann
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Ein hochkarätiges Klimapodium versammelte sich am Samstagvormittag im Ortsmuseum und diskutierte die Frage «Klimawandel: eine einzige grosse Krise?». Um es vorwegzunehmen: Es gibt noch Hoffnung – so zumindest der Tenor der vier Fachleute.
Leider fanden nicht ganz so viele Zuhörerinnen und Zuhörer den Weg an die Kirchgasse 14 wie zwei Tage zuvor, als «Wetterfrosch» Thomas Bucheli seinen Auftritt hatte (Vgl. Artikel «Chef-Meteorologe zu Gast»). Die, die gekommen waren, erhielten interessante Gedankenanstösse.
Avenir Suisse: Lenkungsabgabe statt Subventionen
Den Einstieg machte Patrick Dümmler, Forschungsleiter beim Think-Tank Avenir Suisse und Zolliker Gemeinderat, mit einem Referat über eine wirkungsvolle Klimapolitik für die Schweiz «als überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffenes Land», wie die hiesige temperaturmässige Entwicklung seit der Normperiode 1961 bis 1990 zeige.
Dümmler erklärte, weshalb das Klimaproblem bis heute noch nicht gelöst ist: Es würden falsche Signale ge-setzt, weil die negativen Effekte von Treibhausgasemissionen bisher nicht in den Preisen der Energieträger wie Öl, Kohle oder Gas abgebildet würden. Zudem verteilten sich die Konsequenzen unserer Handlungen global und lägen oft erst in der Zukunft. Und: Unser Wohlstand ist auf fossilen Energieträgern aufgebaut, was sich nicht von einem Tag auf den anderen «abschaffen» lässt.
Als Lösungsansatz schlägt Avenir Suisse eine so genannte Bepreisung vor. Einfach gesagt: «Wer Kosten verursacht, soll zahlen», so Dümmler. Das sorge für Verursachergerechtigkeit und wirke als Innovationstreiber, wobei die Preise technologieneutral ausgestaltet werden sollen. Wichtig ausserdem: «Man soll dort sparen, wo es am günstigsten ist.» Konkret also nicht beim strombetriebenen Feuerwehrauto in der Schweizer Gemeinde ansetzen, sondern bei globalen Kooperationen. Als untaugliches Mittel bezeichnete er Subventionen – wegen eines Mangels an Kostenwahrheit, Technologieneutralität und Effizienz.
Die von Avenir Suisse favorisierte Lösung ist eine reine Lenkungsabgabe auf CO2, die Klimasünder bestrafen und Sparsame belohnen würde; allerdings hat die ständerätliche Umweltkommission einen entsprechenden Vorschlag der Mitte am Freitag abgelehnt.
Information ist zentral
Beim anschliessenden Podium begrüsste Moderator Peter Grünenfelder (Präsident auto-schweiz) neben Patrick Dümmler auch Alex Rübel, den ehemaligen Direktor des Zürcher Zoos und WWF-Schweiz-CEO Thomas Vellacott sowie Jan Dirk Wegner vom Institut für Computational Science an der Uni Zürich. Die drei Fachleute haben alle ein breites Wissen hinsichtlich Natur- und Umweltschutz und legten dar, strukturiert befragt von Peter Grünenfelder, wie die Schweizerinnen und Schweizer auf den Klimawandel reagieren können.
So legt Alex Rübel den Fokus klar auf die Bildung: «Realisieren die Leute, was passiert? Klimawandel geht langsam vor sich. Im Zoo sahen wir es immer als unsere Aufgabe, verständlich zu machen, was geschieht und was zum Beispiel Artensterben bedeutet.»
WWF-Chef Thomas Vellacott betonte, dass im Zusammenhang mit Klima und Biodiversität das Wort «Krise» absolut angebracht sei. Das dürfe aber nicht dazu verleiten, die Haltung einzunehmen «mir ist alles egal, es ist sowieso zu spät», denn die Welt befinde sich heute in einem Graubereich, wo man durchaus noch Gegensteuer geben könne. Dass drei Viertel der grossen Firmen in der Schweiz sich bereits Klimaziele gesetzt haben, ist für ihn ein Beleg dafür, dass ein Umdenken stattgefunden hat, das inzwischen auch nötig sei, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Uni-Professor Wegner erklärte, die Wissenschaft könne in vielen Bereichen dazu beitragen, Transparenz herzustellen, und «sie muss mit der breiten Gesellschaft mehr kommunizieren». Zudem sollte sich die Schweiz in internationalen Gremien stärker für die Klimaziele engagieren, weil sie als seriös gilt.
Eine weitere Idee, vorgestellt von Patrick Dümmler: Die Schweiz könnte mit anderen Staaten einen «Klimaclub» gegen den Klimawandel gründen – Nichtmitglieder würden durch eine Art Strafzoll sanktioniert.
Ist der Autobahnausbau der falsche Weg?
Fragen aus dem Publikum bezogen sich auf den geplanten Ausbau der Schweizer Autobahnen: «Das ist doch nicht zukunftsträchtig», so ein Einwand. Die Fachleute stellten fest, dass es nun einmal immer mehr Verkehr gibt, und dass die jährlichen 40’000 Staustunden 40 Mio. Franken Kosten auslösen und somit ein volkswirtschaftliches Problem sind. «Doch ist Mobilität in diesem Ausmass überhaupt nötig? Wir sind zum Land der Pendler geworden, und man darf auch den Güterverkehr und die Zuwanderung nicht vergessen.» Auch hier: Mobilität müsse bepreist werden. Hoffnung setzte das Podium auf die Digitalisierung der Mobilität: «Wir werden dank KI eines Tages klimaneutralen Verkehr haben», so der Moderator und Präsident von auto-schweiz.
Auch die Frage, wie die Schweiz ihren Energiebedarf nachhaltig decken kann, wurde behandelt. «Wir müssen bereit sein, für saubere Energie mehr zu zahlen», so Dümmler. Thomas Vellacott hofft auf effizientere Technologien, Wasser- und Solarkraft.
Nach anderthalb Stunden schloss OMM-Stiftungsratspräsidentin Anna Wenger das Podium mit den Worten: «Wir haben viel zu überdenken.» Wer wollte, konnte sich anschliessend gleich die aktuelle Ausstellung ansehen. Dort hängt auch ein «Gefühlsbarometer» mit der Frage «Was löst der Klimawandel bei Ihnen aus?». Am stärksten gewichtet von den Besuchern: ausgerechnet «Hilflosigkeit».
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