Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

«Es ist eine Chance für alle Betroffenen»

Der Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen und seine Nachbarschaft erhalten ein neues Gesicht – wenn die Meilemer an der Gemeindeversammlung vom 16. Juni die entsprechenden Vorlagen annehmen und auch die Herrliberger im September an der Urne ja sagen.

So soll sich der neue Bushof beim Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen in ein paar Jahren präsentieren – mit sechs Haltekanten und einer Seeterrasse. Illustration: ARGE Hosoya Schaefer Architects AG/Gus Wüstemann Architects AG

Seit den ersten Überlegungen im Zusammenhang mit der Zukunft des Bahnhofs und seiner Umgebung sind über zehn Jahre vergangen. In Zusammenarbeit mit den SBB wurde in dieser Zeit ein Projekt entwickelt, das den Bahnhof zur modernen Verkehrsdrehscheibe mit einem neuen Bushof machen kann.

Neu könnte zürichseits des Bahnhofsgebäudes ein Bushof mit sechs Haltekanten erstellt werden. Während das bestehende Stationsgebäude durch einen Neubau ersetzt werden soll, bleibt der historische Güterschuppen erhalten und dient als Quartiertreffpunkt mit Gastronomie. Wo sich heute der grosse SBB-Parkplatz zwischen Güterschuppen und Fabrik am See erstreckt, erstellen die SBB zwei Gebäude, das «Patio-Haus» und das «Veranda-Haus». Insgesamt entstehen 46 Mietwohnungen sowie Gewerberäume – so sieht es der private Gestaltungsplan «Seeterrasse» vor, über den (unter anderem) abgestimmt wird.

Damit das Projekt rein technisch überhaupt möglich ist, sollen die heutige untere und obere General-Wille-Strasse zu einer einzigen Strasse mit Tempo 30 vereint werden. Die entsprechenden Vereinbarungen zwischen SBB und Gemeinde Meilen betreffend Eigentumsverhältnisse, Erschliessung, Dienstbarkeiten, Kosten und Ausgleichszahlungen werden mit einem Teilerschliessungsplan und einem städtebaulichen Vertrag geregelt, die beide ebenfalls von der Gemeindeversammlung genehmigt werden müssen. Die Gemeinde Herrliberg als Nutzniesserin des Bus- und des Bahnhofs soll sich an den Kosten des Bushofs zu zwei Dritteln beteiligen.

«Es ist ohne Zweifel ein gewichtiges Projekt», sagt Gemeindepräsident Christoph Hiller. Es handle sich ausserdem um ein sehr komplexes Vorhaben, das mehrere Ressorts tangiere. In der Tat: Mehr als vierzig Dokumente dazu können von der Website der Gemeinde aktuell heruntergeladen werden. Deshalb haben Hiller und zwei Gemeinderäte zum informellen Gespräch geladen: Hochbauvorstand Heini Bossert ist seit 2015 am Projekt beteiligt, Tiefbauvorstand Alain Chervet seit seinem Amtsantritt 2022. Christoph Hiller seinerseits trägt die präsidiale Gesamtverantwortung. Wir haben uns mit den drei Politikern über die grössten Herausforderungen und die politisch erwünschte Aufwertung von Feldmeilen unterhalten.

Herr Hiller, Herr Bossert und Herr Chervet: Was spricht für das Projekt rund um den Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen? Noch vor zwanzig Jahren hiess es klipp und klar, man wolle in Feldmeilen kein «Subzentrum», das Dorfmeilen sozusagen die Show stiehlt.

Hiller: Ich persönlich freue mich, dass man nebst dem inzwischen aufgewerteten Dorfmeilen auch Feldmeilen nicht vergisst: mit einer klaren Verbesserung der Aufenthaltsqualität und einer komfortableren Anbindung an den öffentlichen Verkehr.

Bossert: Es ist ein Anliegen der Ortsplanung, dass Feldmeilen mit Bahn und auch Bus gut erschlossen ist. Wo die Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr gut ist, soll dann auch die gewünschte bauliche Verdichtung folgen. Und als Feldmeilemer habe ich selber ein sachliches Interesse am Projekt.

Chervet: Auch als Obermeilemer habe ich grosse Freude daran. Die sechs geplanten Haltekanten und die Wendeschlaufe für den Ortsbus sind nötig.

Es gibt ja bereits eine Ortsbus-Haltestelle «Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen»?

Chervet: Aktuell haben wir in Feldmeilen eigentlich gar keinen Bushof, sondern nur eine gefährliche Wendemöglichkeit auf einem Parkplatz. Und wir sind an der Kapazitätsgrenze angelangt: Wir verfügen zwar über ein gutes Bussystem, dieses muss den Bahnhof aber auch zuverlässig erreichen und eine gute Zugänglichkeit sicherstellen. Es ist wirklich dringend, auch bezüglich Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit.

Hiller: Es ist ja nicht nur das Projekt betroffen, das der Gemeindeversammlung am 16. Juni vorgelegt wird, sondern auch die geplante Doppelspur mit Viertelstundentakt, für die wir schon ewig kämpfen. Aus der Doppelspur resultiert eine Verdichtung von Fahrplan und Ortsbusnetz, und die Verbindung vom Bus zur Bahn muss auch in Zukunft funktionieren.

Bossert: Es ist eine Chance für alle Betroffenen: Die Gemeinde Meilen benötigt für das Projekt das Land der SBB und kann eine einvernehmliche Lösung präsentieren. Die SBB erhalten die Möglichkeit, zu bauen. Und auch das Timing stimmt, denn der Bushof Herrliberg-Feldmeilen ist im aktuellen Agglomerationsprogramm des Bundes aufgeführt und dadurch für eine gewisse Zeit beitragsberechtigt. Wie viel wir erhalten, ist noch offen, möglich sind grundsätzlich bis zu 35 Prozent der Kosten des Bushofs.

Apropos Kosten: Diese belaufen sich für Meilen auf stolze 9,52 Mio. Franken für Bushof und Strassenprojekt. Herrliberg übernimmt 5,49 Mio. Franken, auf die SBB entfallen 9,99 Mio. Franken.

Hiller: Netto ist das für die Gemeinde nach dem Landabtausch mit den SBB dank dem Mehrwertausgleich im Betrag von 10 Mio. Franken für die bessere Ausnützung nicht teuer – das Projekt ohne SBB und ohne Herrliberg zu stemmen, wäre hingegen sehr kostspielig.

Bossert: Es besteht eine äusserst schwierige räumliche Situation, deshalb haben wir das Projekt auch erst anpacken können, als die SBB vor zehn Jahren auf uns zugekommen sind.

Hiller: Wir durchschlagen den gordischen Knoten, wenn wir den geplanten Bushof vom grossen SBB-Parkplatz weg und stattdessen in den Westen verschieben, wodurch der Parkplatz frei wird für die Überbauung der SBB.

Chervet: So lassen sich die Grundstücke sinnvoll arrondieren.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den SBB?

Bossert: Die Zusammenarbeit ist gut. Wir verhandelten aber auch hart und lange, als es um den städtebaulichen Vertrag ging.

Hiller: Wir haben es eigentlich mit zwei Firmen zu tun, nämlich mit SBB Immobilien für die Überbauung und mit SBB Infrastruktur für den Bahnbetrieb, namentlich den Doppelspurausbau. Das macht es natürlich nicht immer einfach.

Was ist die grösste Herausforderung?

Bossert: Die Zusammenlegung der beiden Strassen und der gleichzeitige Doppelspurausbau. Das könnte ein längeres Provisorium geben. Und da die SBB mit der Erstellung ihrer Wohnüberbauung warten müssen, bis die Doppelspur fertig ist, wird für bis zu fünf Jahre im Gebiet gebaut werden, beginnend 2028.

Hiller: Es ist nicht alles gleichzeitig möglich, es muss etappiert werden.

Chervet: Der neue Bushof muss aber fertig sein, wenn die Busse im Bahnersatzbetrieb die Züge ersetzen, die während des Doppelspurausbaus zeitweise ausfallen.

Worauf freuen Sie sich?

Hiller: Dass der Güterschuppen erhalten bleibt, samt der im Gestaltungsplan festgelegten Nutzung «Gastronomiebetrieb und kulturelle Angebote». Feldmeilen ist mit seinen rund 5000 Einwohnern ein stattliches Quartier, und momentan gibt es als Restaurant nur noch die «Alti Poscht».

Chervet: Ich bin grosser Fan der öffentlichen Seeterrasse mit dem Spielplatz. Das wird einmalig: Wenn man aus dem Bahnhof kommt, sieht man direkt auf den See – ein Aufsteller!

Sie betonen immer wieder, wie komplex die Vorlagen sind. Letztlich müssen die Meilemer dem Gemeinderat bei diesem Projekt wohl einfach vertrauen?

Hiller: Wir versuchen auf jeden Fall, das Beste herauszuholen für unsere Gemeinde. Und: im Internet sind 41 Dokumente mit total 463 Seiten aufgelegt. Auch wer nicht alle Details studiert, bekommt immerhin mit den Beleuchtenden Berichten einen guten Überblick und kann sich durchaus selbst ein Urteil bilden.

Chervet: Die tiefergelegte Strassenführung ist die überzeugendste Option. Da darf man ruhig Vertrauen haben.

Bossert: Erstmals haben wir 2012 über Lösungen für den Bushof diskutiert. Es war seither ein sehr langer Prozess, und da sollte man es sich schon gut überlegen, bevor man leichtfertig nein sagt. Ich glaube, es wäre nicht einfach, etwas Sinnvolleres zu finden.

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