Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Erntedank – leider nein!

Mein betagter Nachbar ist stark sehbehindert und schöpft seine Lebenskraft aus seinem Garten bzw. aus der Arbeit auf seinem geliebten Flecken Land unterhalb der Landi in Obermeilen.

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Er investiert im Sommer jeden Tag all sein Fachwissen, das er sich in den letzten Jahrzehnten angeeignet hat, viel Geld und vor allem sehr viel Leidenschaft in den Boden, den er bebaut. Sein Lohn wäre, wenn er im Laufe des Sommers und im Herbst sein Gemüse und die Früchte ernten, diese selber einmachen und damit seinen Freunden und Nachbarn eine Freude machen könnte.

So ist es leider nicht. In den letzten Jahren und auch in diesem Jahr haben sich immer wieder fremde Hände selber bedient. Es geht dabei nicht darum, dass jemand eine Handvoll Himbeeren über den Zaun stibitzt und in den Mund geschoben hat. Es gibt offenbar unfassbar fiese Menschen, die sich in grossem Stil bedient haben. Sie haben ihm unter anderem kiloweise Tomaten, Zucchetti, Bohnen und im Herbst auch reife Trauben gestohlen. Sie müssen die Früchte in grosse Taschen gesteckt und weggebracht haben. Es sind sogar Gartenutensilien und Werkzeug verschwunden.

Ein ganz dreistes Paar, das eben am Ernten war, wurde von einem Nachbarn zur Rede gestellt und wollte sich empört partout nicht stören lassen. Eine Frau, die auf einer Überwachungskamera erfasst wurde, schnitt an einem frühen Sommerabend in aller Ruhe tüchtig Rosen ab und steckte sie in eine grosse Tasche.

Was sind das für niederträchtige, charakterlose Menschen, die einem alten Mann das stehlen, was er den ganzen Sommer sorgsam gepflegt und gehegt hat? Wie kann jemand ein Essen geniessen, dessen Zutaten er geklaut hat, oder an einem Strauss Rosen Freude haben, die er in einem fremden Garten abgeschnitten hat? Oder wird die Beute gar verkauft?

Eigentlich gäbe es gesellschaftliche und ethische Regeln und gar Gesetze, die solches Tun nicht zulassen. Leider gibt es Personen, die sich von gar nichts abbringen lassen und nichts auslassen, um anderen, sogar alten Menschen zu schaden.

Vielleicht braucht es vermehrt Nachbarn und Passanten, die solches Gehabe auch verurteilen, die aufmerksam sind und Beobachtungen festhalten, Autonummern aufschreiben oder Fotos machen und die Polizei aufbieten.

Offenbar kann mein Nachbar den Lohn seiner Arbeit nur so wieder selber ernten.

Hans-Ruedi Knecht, Meilen

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