Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
158 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger besuchten die Gemeindeversammlung vom letzten Montag mit dem einzigen Traktandum «Jahresrechnung». Vorher fand ausserdem die Informations- und Fragestunde mit dem Gemeinderat statt.
Im überraschend gut gefüllten Löwen-Saal (letztmals hatte hier vor vier Jahren eine Gemeindeversammlung stattgefunden) referierte Finanzvorsteherin Verena Bergmann-Zogg. Sie habe einen «Schoggijob», fand sie: Der Abschluss 2022 der Gemeinde präsentiert sich sehr erfreulich, nämlich um rund 13,5 Mio. Franken besser als budgetiert.
Statt einem Minus von 2,73 Mio. Franken resultiert ein Plus von 10,77 Mio. Franken. Einführend hatte Gemeindepräsident Christoph Hiller schmunzelnd erklärt, diese grosse positive Abweichung liege nicht etwa an der Unfähigkeit der Gemeinde, richtig zu budgetieren. Auf der Aufwandseite habe man nämlich eine ziemliche Punktlandung hingelegt, die Ertragsseite hingegen sei naturgemäss schwierig unter Kontrolle zu halten.
Mehreinnahmen bei den Grundstückgewinnsteuern
Die Erfolgsrechnung verzeichnet einen Bruttoaufwand von 145,8 Mio. Franken und einen Bruttoertrag von 156,57 Mio. Franken. Vor allem die wiederum signifikant höheren Einnahmen bei den Grundstückgewinnsteuern (rund 23, 5 Mio. Franken, also plus 9,54 Mio. Franken) trugen zum positiven Ergebnis bei, genauso wie die tiefere Rückstellung für den kantonalen Finanzausgleich.
Wie Verena Bergmann-Zogg erklärte, betrug dieser statt der budgetierten 42,9 Mio. Franken «nur» 39,3 Mio. Franken. Für die Berechnung des Finanzausgleichs ist unter anderem die Differenz zwischen der Meilemer Steuerkraft pro Einwohner und dem diesbezüglichen kantonalen Mittelwert massgeblich. Das Kantonsmittel stieg im letzten Jahr überraschend auf Fr. 3996.- pro Einwohner (Meilen: Fr. 8253.- pro Einwohner), was zum Plus in der Höhe von 3,6 Mio. Franken beitrug.
Positives Nettovermögen
Von den geplanten Investitionen im Verwaltungsvermögen – also Schulhäuser, Strassen, Infrastruktur – konnte wegen Verzögerungen bei laufenden Projekten und Verschiebungen ganzer Vorhaben nur ein Teil realisiert werden: «So ist das Kässeli immerhin schon ein bisschen gefüllt für was noch kommt», sagte die Finanzvorsteherin. Die Nettoinvestitionen betrugen 5,08 Mio. Franken statt der budgetierten 14,14 Mio. Franken und konnten vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden.
Bei einer Bilanzsumme von 367,6 Mio. Franken beträgt das Finanzvermögen 177,7 Mio. Franken gegenüber Fremdkapital im Umfang von 143,3 Mio. Franken. Damit bleibt das Nettovermögen der Gemeinde positiv.
Bei der anschliessenden Diskussion meldete sich als erster der frischgebackene Co-Präsident der SP Meilen zu Wort.
Man hofft, das Geld ausgeben zu können
Guido Lehmann beklagte, dass schon seit Jahren nur wenige Vorhaben realisiert würden, trotz des «bürgerlichen» Budgets, das bei weitem kein linkes Wunschkonzert sei. Dies biete Anlass zur Sorge. Christoph Hiller meinte dazu, dass die Investitionsrechnung eben auch von vielen exogenen, also äusseren Faktoren bestimmt werde, und Marco Greter (SVP) erinnerte daran, dass jede grössere Investition aus dem Verwaltungsvermögen nach demokratischen Vorgaben beschlossen werden muss und tatsächlich auch umgesetzt wird, manchmal leider mit Verzögerung.
Die Finanzvorsteherin versicherte, dass man keineswegs am Bremsen sei und sogar hoffe, das Geld wie geplant ausgeben zu können.
V-Locker wird subventioniert
Armin Tschenett (parteilos) regte an, mehr Photovoltaik auf die Dächer zu bringen, und zwar rasch. Ausserdem sprach er das Thema V-Locker an. Es sei im Meilener Anzeiger kommuniziert worden, dass der neue Veloturm am Bahnhof die Gemeinde nichts koste, er habe aber anderes gehört.
Tatsache ist: Die gesamte Erstellung der Baute – notabene auf Boden der SBB – wurde durch die private Bauherrschaft, die Betreiberin V-Locker AG, auf eigenes Risiko finanziert. Die Gemeinde hat jedoch beschlossen, die Veloparkplätze während der ersten fünf Betriebsjahre zu subventionieren: in den ersten beiden Jahren mit je Fr. 12’000.–, in den weiteren drei Jahren mit jeweils Fr. 8000.–. Diese Beträge können vom Tiefbauressort in eigener Kompetenz gesprochen werden – zur Förderung des Veloverkehrs im Sinne der Gemeinde als «Energiestadt Gold».
Blumen vorher, Apéro nachher
Weitere Votanten seitens SVP und FDP empfahlen kurz und bündig, der Jahresrechnung zuzustimmen, was um 21.30 Uhr auch einstimmig geschah. Danach ging es zum frühsommerlichen Apéro in die Seeanlage.
Vor dem offiziellen Beginn der Gemeindeversammlung hatte es schon Blumen gegeben: sowohl Beatrix Frey-Eigenmann (FDP, ehemalige Gemeinde- und Kantonsrätin) als auch die Kantonsräte Marzena Kopp (Die Mitte, bisher), Marion Matter (SVP, neu), Sarah Fuchs (FDP, neu) und Hanspeter Göldi (SP, bisher) durften einen Strauss aus der Hand des Gemeindepräsidenten entgegennehmen. Zu den vier Meilemern, die auf kantonaler Ebene politisieren, gesellt sich neu Qëndresa Sadriu-Hoxha (SP), welche am 1. Juli nach Meilen zieht.
Schulraumplanung bleibt knifflig
Bereits um 19 Uhr fand die Informations- und Fragestunde des Gemeinderats vor gut gefüllten Stuhlreihen statt. Zum Einstieg erläuterte Schulpräsidentin Cordula Kaiss die Schulraumplanung. Im Vergleich zu 2010 gibt es heute in Meilen deutlich mehr Schüler (1603 gegenüber 1090 Kinder), und das Wachstum wird andauern. Noch stärker als die Anzahl Schüler wächst indes die Nachfrage nach Betreuungsangeboten.
Liegenschaftenvorsteher Pepe Bösch, seit zwei Monaten im Amt, stellte die geplanten Bauvorhaben am Standort Obermeilen vor: Aufstockung des bestehenden Schulpavillons, Renovation und Erweiterung des Kindergartens Just sowie Umbau der Liegenschaft Bergstrasse 140 für Betreuungsnutzung durch den Verein FEE.
Skepsis gegenüber Windpark
Gemeindepräsident Christoph Hiller bot einen interessanten Einblick ins Thema Windpark Pfannenstiel: Regierungsrat Martin Neukom plant 120 Windräder, die für Ökostrom innerhalb von 25 Jahren über den ganzen Kanton verteilt gebaut werden sollen, wobei der Pfannenstiel als möglicher Standort gilt.
Hiller will kein vorschnelles Urteil fällen, hat jedoch Bedenken: Die Schweiz ist nicht als «Windland» bekannt, Zürich ist kein «Windkanton», und für die Montage der 220 Meter hohen Windräder müssten eigens Wegschneisen in den Wald geschlagen werden, selbst für die Einspeisung der Energie ins Netz sind zuerst umfangreiche Bauarbeiten nötig. Auch hinter den geschätzten Output mit Strom für 150’000 Haushaltungen setzt er ein Fragezeichen. In einer Stellungnahme zuhanden des Kantons hat der Gemeinderat am Dienstag letzter Woche zahlreiche offene Fragen aufgelistet. Der Zeitplan sieht übrigens vor, dass allenfalls noch dieses Jahr der entsprechende kantonale Richtplan vorgelegt werden soll.
Die Doppelspur kommt
Alain Chervet, Tiefbauvorsteher, berichtete vom geplanten Doppelspurausbau der SBB auf den Fahrplan 2032 hin, welcher den ersehnten Viertelstundentakt bringen soll. Der Ausbau umfasst die Aufhebung des Wendegleises beim Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen, den Ersatz bzw. die Erweiterung diverser Brücken sowie Anpassungen am Bahnhof Meilen (etwa behindertengerechte Zugänge).
Eine spezielle Knacknuss ist der Bereich Chorherren mit der sowieso schon schmalen General-Wille-Strasse bergseits der Geleise, die auf Wunsch der Gemeinde mit einem Trottoir ergänzt werden soll. Aus dem Publikum kam die Frage nach einer Unterführung vom Perron zum Bushof in Meilen. Die SBB planen keine solche, doch die Gemeinde klärt ab, wie eine allfällige Finanzierung mit Drittmitteln aus anderen Quellen aussehen könnte. Gebaut werden könnte im besten Fall ab Mitte 2027.
Keine Vollsperrungen mehr
Auch der Wärmeverbund von Energie 360° mit den ungeliebten Baustellen fällt in Alain Chervets Ressort. Die Burgstrasse wird ab übermorgen Samstag wieder normal befahrbar sein und Bus 922 verkehrt wie gewohnt. Obwohl keine Vollsperrungen mehr vorgesehen sind, ist weiterhin mit Einschränkungen vor allem auf der Bruech- und auf der Ormisstrasse zu rechnen – schliesslich muss das Fernwärmeversorgungsnetz noch fertiggestellt werden.
Weshalb die Platane gefällt werden durfe
Guido Lehmann, Co-Präsident SP, erkundigte sich eingehend nach dem Entscheidungsprozess für die Fällung der – eigentlich – kommunalem Baumschutz unterstellten Platane beim Bahnhof Meilen. Sie musste dem Veloturm V-Locker weichen. Laut Hochbauvorstand Heini Bossert wurde die Fällbewilligung im Rahmen der Baubewilligung für den V-Locker erteilt, dies nach einer Güterabwägung durch die Baubehörde, welche zugunsten der Förderung des Veloverkehrs ausfiel. Das entsprechende Baugesuch war ab 19. August 2022 öffentlich einsehbar. Die Fällung war auch deshalb wenig überraschend, weil der Veloturm ausgesteckt war. Wer den baurechtlichen Entscheid verlangt hätte, hätte ein Rekursrecht gehabt.
CO2-Fussabdruck der Gemeinde
Weitere detaillierte Fragen kamen von Verena Hofmänner und Markus Schoch (beide SP) sowie Roland Siegenthaler (Grüne) und Denis Faoro (Grünliberale). Dabei ging es um den jährlichen CO2-Fussabdruck der Gemeinde, den konkreten Energiebedarf verschiedener Verursacher, das Potenzial für Photovoltaik und den Weg zu «netto Null». Kurz vor der anstehenden Gemeindeversammlung bemühte sich Hochbau-Vorstand Heini Bossert um konkrete Antworten, was aber trotz der Datenbank «EnerCoach» – sie erfasst seit 2006 die Verbrauchsdaten Wärme, Strom und Wasser der gemeindeeigenen Gebäude – gar nicht so einfach ist. Bossert versicherte jedoch, dass Meilen als «Energiestadt Gold» sich ständig um die entsprechenden Massnahmen bemühe.
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