Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Ein interessanter Blick hinter die Kulissen

Mehr als 600 Meilemerinnen und Meilemer besuchten am Samstag das Seewasserwerk Tannacher, das heuer seinen 50. Geburtstag feiert. Es gab bei warmem Vorsommerwetter Stollenbesichtigungen, Werkrundgänge, Spiele, Bratwürste und Crèmeschnitten.

Weisse und blaue Ballons schwebten über dem Festgelände: Das Seewasserwerk am sonnigen Feier-Samstag. Foto: MAZ

Der 620 Meter lange Leitungsstollen, der vom Zürichsee in gerader Linie bergauf ins Seewasserwerk Tannacher führt, war am Samstag definitiv ein sehr angenehmer Ort, um sich aufzuhalten: Jahrein, jahraus und auch bei grösster Hitze herrschen dort kühle vier bis acht Grad, entsprechend der Temperatur des Zürichseewassers, das darin in einem Rohr mit 60 Zentimetern Durchmesser nach oben gepumpt wird. Der Stollen selbst ist rund zwei Meter breit und hoch und konnte am Samstag in Gruppen von zehn Personen begangen werden – allerdings aus Sicherheitsgründen nur von unten nach oben, um einen Dominoeffekt zu vermeiden, sollte jemand ausrutschen und kopfvoran in die Tiefe stolpern.

500 bis 1000 Kubikmeter Wasser pro Stunde werden gefördert

«Wir machen solche Führungen schon seit Jahren, und es ist noch nie etwas passiert», beruhigte René Bixa, seit 2019 Geschäftsführer des Seewasserwerks und ausserdem Brunnenmeister der Gemeinde. Schulklassen dürfen sich in der Röhre gruseln, und die Feuerwehr Meilen führt dort jeweils Übungen durch. Der Streckenrekord auf der langen Gerade und den 462 Treppenstufen liegt in Vollmontur mit Atemschutz übrigens bei rund elf Minuten.

Mit einem Shuttlebus wurden die Stollenbegeher zum Eingang im Pumpwerk Horn bergseits der Seestrasse gefahren. Dort konnten zuerst drei Pumpen besichtigt werden, von denen je nach Bedarf eine bis zwei laufen, um das Wasser, das 325 Meter vom Ufer entfernt in 35 Metern Tiefe aus dem See gesogen wird, in die Höhe zu spedieren. Schräg gegenüber befindet sich das alte Seewasserwerk, das 1926 bis 1972 in Betrieb war, in den Sechzigerjahren zu klein wurde und heute anderweitig genutzt wird.

Pro Minute werden 8500 bis 16’400 Liter Zürichseewasser gefördert, was 500 bis 1000 Kubikmetern pro Stunde entspricht. In Meilen kommt aus dem Wasserhahn nämlich nicht nur Quellwasser, etwas mehr als die Hälfte des Wassers stammt aus dem See. Es ist weicher als das mineralstoffreichere Quellwasser und deshalb bei manchen Bezügern beliebter. Man muss aber nehmen, was man bekommt: Wer näher am Ufer wohnt, hat einen grösseren Anteil See im Trinkwasser als beispielsweise ein Bergmeilemer.

Durchschnittlicher Wasserverbrauch sinkt

Wie viel Wasser die Aufbereitungsanlage im Tannacher pro Stunde veredelt – so der korrekte Ausdruck –, hängt von der Jahreszeit und der Nachfrage ab, es sind jeweils zwischen 200 und 1000 Kubikmeter. Was das im Schnitt für eine Menge ist, machte René Bixa anschaulich: «Man könnte 24 Mal pro Tag vom Seewasserwerk aus das grosse Becken im Hallenbad Meilen füllen.» Der durchschnittliche Trinkwasserverbrauch pro Meilemer Kopf beträgt übrigens rund 150 Liter, wobei das meiste für die WC-Spülung draufgeht. Der Geschirrspüler hingegen braucht fast nichts. Erfreulicherweise ist der Wasserverbrauch in den letzten Jahren zurückgegangen, das Werk muss also voraussichtlich nicht vergrössert werden, obwohl das grundsätzlich möglich wäre.

Desinfektion durch Ozonung und UV-Anlagen

Glücklich oben angekommen, konnten sich die Stollengänger der nächsten Führung anschliessen, die stündlich für jeweils um die 30 Personen angeboten wurden. Werkleiter Klaus Egli erklärte den Besuchern den vielstufigen, automatisierten Prozessablauf im Seewasserwerk, seinem Reich. Trotz oder gerade wegen der vielen Automatismen wollen regelmässig 250 Wartungspunkte von ihm und seinem sechsköpfigen Team kontrolliert werden.

Der Prozess führt über eine Vorozonung, einen Mehrschichtfilter, eine Zwischenozonung, einen Aktivkohlefilter und eine UV-Bestrahlung bis ins Reservoir. Dass die Desinfektion des Zürichseewassers nicht nur durch Ozonung sichergestellt wird, sondern seit Dezember 2019 zusätzlich noch durch zwei parallel laufende 8-Strahl-UV-Anlagen, ist für ein Seewasserwerk nicht selbstverständlich. «Selbst wenn die Ozonanlage ausfallen sollte, bleibt dadurch die Trinkwasserqualität immer hundertprozentig gewährleistet», erklärte Egli. Und das, ohne dass chemische Substanzen als Zusatz ins Trinkwasser gegeben werden – Meilemer Wasser wird also nie nach Chlor schmecken. Für weitere Sicherheit sorgt ein externes Notstromaggregat. So etwas haben ebenfalls nicht alle Wasserwerke.

Aufenthalt in einem der Trinkwasserreservoirs

Beim Rundgang mit Einblicken in Rohwassereinlauf, Filter und Sammelkammern beeindruckte wohl am meisten das eigens für den Anlass geleerte und zugänglich gemachte Trinkwasserreservoir Nummer 4 mit 1000 Kubikmetern Fassungsvermögen. Insgesamt fassen die vier Reservoirs im Tannacher 5000 Kubikmeter. Sie sind alle miteinander verbunden, mit weissem Sika-Verputz ausgekleidet und haben eine U-förmige oder runde Form. Unwillkürlich fragte man sich im kalten, kahlen Raum, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn die Stahltüre sich hinter einem schliessen würde und sich der Schieber öffnete.

Lange Vorbereitungszeit

Fast ein Jahr dauerten die Vorbereitungen für das Fest. Das OK um Peter Jenny mit René Bixa, Klaus Egli, Peter Raissig, Ludivina Carigiet, Theo Kalogiannis und Gabriela Beutter hat wirklich an alles gedacht. Neben den interessanten Einsichten hinter die Kulissen gab es Bratwürste vom Grill, Kuchen, Crèmeschnitten, ein Festzelt, Spielstationen zum Thema Wasser, eine Hüpfburg und ein sinniges «Bhaltis» in Form einer blauen metallenen Trinkflasche zum Anhängen, die direkt am Brunnen mit kühlem, frischem Wasser gefüllt werden konnte.

Wasser für vier Gemeinden

Das Seewasserwerk Tannacher wurde vom Zweckverband Seewasserwerk Meilen-Herrliberg-Egg in den Jahren 1968 bis 1972 erbaut. Je nach Jahreszeit und Nachfrage stellt die Aufbereitungsanlage zwischen 200 und 1000 Kubikmeter Trinkwasser pro Stunde für die Gemeinden Herrliberg, Egg, Meilen und Uetikon bereit. Dahinter steckt eine moderne Verfahrenstechnik mit Mess- und Überwachungssystemen und ein automatisierter Prozessablauf.

2005 wurden das Rohrwasserpumpwerk und die Filteranlage totalsaniert, seit anderthalb Jahren wird zur Schlussdesinfektion des aufbereiteten Wassers eine UV-Anlage verwendet.

Für Betrieb, Unterhalt und Rechnungsführung ist die Infrastruktur Zürichsee AG (iNFRA) mit Sitz in Meilen zuständig, und auch das 50-Jahre-Jubiläumsfest konnte nur dank der grossen Unterstützung der iNFRA durchgeführt werden.

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