Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Ein Feldmeilemer Grossprojekt nimmt Gestalt an

Am Montag waren die Meilemerinnen und Meilemer zur Gemeindeversammlung geladen. Direkt anschliessend wurde ein umfangreiches Projekt vorgestellt: Beim Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen ist eine neue Überbauung samt Bushof geplant. Baubeginn soll in vier Jahren sein.

Es fiel Gemeindepräsident Christoph Hiller, Schulpräsidentin Cordula Kaiss und Liegenschaftenvorstand Pepe Bösch gar nicht leicht, mit dem einzigen Gemeindeversammlungs-Traktandum des Abends die Zeit zwischen 19 und 20 Uhr zu füllen: Die Aufstockung eines Pavillons in der Primarschule Obermeilen war völlig unbestritten und wurde von den 185 Anwesenden im Löwen-Saal nach knapp einer halben Stunde ohne Diskussion oder Gegenstimme angenommen.

Somit stellte Christoph Hiller an seiner 37. Gemeindeversammlung einen Temporekord auf: Es war mit Abstand die bisher kürzeste.

Die Aufstockung des Pavillons spart ein Provisorium

Wie Cordula Kaiss erklärt hatte, werden in Obermeilen bis 2035 etwa vier Klassen oder rund hundert Kinder mehr erwartet als heute, und diese benötigen zusätzlichen Platz, denn das Primarschulhaus ist mit zwölf Klassen voll belegt und alle Reserven sind ausgeschöpft.

Fertig und bezugsbereit sind die zwei neuen Klassenräume mit Gruppenraum, behindertengerechtem Lift und Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und an der Fassade bereits Ende 2024. Die Kosten für die Aufstockung: 1,96 Mio. Franken. «Der Preis ist stolz, doch die Kosten des ‘Zürimodul’-Baus sind gestiegen und die Vorschriften für ein drittes Stockwerk streng», erklärte Gemeinderat Pepe Bösch. Zudem spare man nun unter dem Strich rund eine Million Franken, weil im Just kein Provisorium aufgestellt werden muss, wenn dort der Kindergarten erweitert wird. Über diese Erweiterung wird die Gemeindeversammlung zu einem späteren Zeitpunkt befinden.

Nach einigen präsidialen Ausblicken auf Meilemer Projekte – es sind etliche – und Sommer-Anlässe folgten schliesslich ab 20 Uhr die Infos zum geplanten, komplexen Umbau des Feldmeilemer Bahnhofsquartiers.

Ein «Hosenlupf» in Feldmeilen

Der Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen und mit ihm das gesamte ihn umgebende SBB-Areal auf Meilemer Gemeindegebiet soll ein neues Gesicht erhalten. Vorgesehen ist eine Überbauung um den Bahnhof und bis zur Fabrik am See, wo sich heute unter anderem Park-and-Ride-Parkplätze befinden: mit einem Bushof zürichseits des Bahnhofs, einem neuem Bahnhofsgebäude sowie Wohnungen und Gewerberäumen, wobei für letztere mehrfach eine Bäckerei und ein Café als Beispiel genannt wurden. Gebaut wird ab 2028 während mindestens vier Jahren – wenn alles glatt läuft. Involviert sind dabei die SBB als Grundeigentümerin, Meilen als Standortgemeinde und die Nachbargemeinde Herrliberg im Zusammenhang mit dem geplanten Bushof.

Die ausführliche Infoveranstaltung vom Montagabend zeigte, wie komplex das Vorhaben ist, wie viele rechtliche Details bedacht werden müssen und wie technisch anspruchsvoll sich das Ganze präsentiert: Mit zahlreichen Visualisierungen legten die SBB, die ausführenden Architekten sowie die Gemeinderäte Heini Bossert (Hochbau) und Alain Chervet (Tiefbau) als Verantwortliche seitens der Gemeinde vor den gut 200 Interessierten dar, wie die Pläne aussehen und wie der «Hosenlupf» gelingen soll.

46 Wohnungen geplant

Die zuständige Projektleiterin der SBB sowie Markus Schaefer (Hosoya Schaefer Architects) und Gus Wüstemann (Gus Wüstemann Architects Zürich) stellten das 2021 von den SBB zum Sieger des Architekturwettbewerbs erkorene Projekt vor. Das inzwischen schon recht weit fortgeschrittene Richtprojekt sieht drei unterschiedlich gestaltete Neubauten entlang der General-Wille-Strasse vor mit total 46 Wohnungen à 2,5 bis 4,5 Zimmer, ein neues Sockelgeschoss für den bestehenden Güterschuppen, ein neu gestaltetes Bahnhofsgebäude mit vorgelagerter öffentlicher Terrasse, ein Wasserspiel und einen Spielplatz sowie einen grosszügigen Bushof mit sechs Haltekanten. Dabei handelt es sich, für SBB-Verhältnisse, nicht einmal um ein grosses Projekt.

Öffentliche Auflage seit letztem Freitag

Damit der Bahnhof zur modernen Verkehrsdrehscheibe werden kann, sollen ausserdem die untere und die obere General-Wille-Strasse auf einem tieferen Niveau als heute auf einer Länge von 370 Metern zu einer einzigen Strasse vereint werden. Ausserdem soll zwischen dem Feldner Kreisel und der Forchstrasse eine Tempo-30-Zone eingerichtet werden, möglichst ohne allzu viele Kissen, Schwellen und Hindernisse. Um das alles elegant und aus einem Guss umzusetzen, ist ein genau zwischen den Akteuren abgestimmtes Vorgehen notwendig.

Seit Freitag letzter Woche liegen nun der private Gestaltungsplan, der Teilerschliessungsplan sowie das Strassenbauprojekt öffentlich auf, und die Bevölkerung ist eingeladen, Anregungen und Einwendungen einzubringen. Der Gestaltungsplan, der aktuell auch vom Kanton einer Vorprüfung unterzogen wird, kommt voraussichtlich im Dezember vor die Gemeindeversammlung, zusammen mit dem Teilerschliessungsplan. Ebenfalls im Dezember wird die Versammlung über einen Landabtretungsvertrag mit den SBB zu entscheiden haben, denn aktuell gehört die Strasse vor dem Bahnhof noch den SBB, soll aber samt der Seeterrasse zu Gemeindeland werden.

Kosten von total rund 25 Millionen Franken erwartet

«Wir versuchen, alles gleichzeitig zu machen, damit auch alles gleichzeitig beurteilt werden kann und niemand die Katze im Sack kaufen muss», sagte Christoph Hiller. Parallel soll ab 2028 überdies die Doppelspur zwischen Herrliberg-Feldmeilen und Meilen erstellt werden. Für dieses aufwändige Infrastrukturprojekt der SBB wird ebenfalls mit vier Jahren Bauzeit gerechnet.

Die Kosten sind für alle Beteiligten hoch. Von den total 25 Millionen Franken gemäss aktueller Kostenschätzung sollen die SBB und die Gemeinde Meilen je 10 Millionen Franken tragen, Herrliberg die restlichen 5 Millionen.

Bei der anschliessenden Diskussion ging es zunächst um Rampen oder Lifte zu den Perrons (sind vorgesehen), den zukünftigen Busfahrplan, die Positionierung von Photovoltaikanlagen oder die Anzahl Parkplätze, bevor ein Redner die Frage aufwarf, ob Herrliberg als Hauptnutzer des Bushofs und des Bahnhofs nicht mehr bezahlen müsse als die angedachten fünf Millionen.

Eine Zollstation für die Herrliberger?

Christoph Hiller erklärte, dass die Herrliberger bereits zwei Drittel der Kosten für den Bushof übernähmen und dass man nicht verlangen könne, dass sie auch für Kanalisation, Strassenbau und Seeterrasse auf Meilemer Boden bezahlen. Doch was, wenn Herrliberg den Kredit beim erforderlichen Urnengang ablehnt? – Er sei diesbezüglich zuversichtlich, sagte Hiller und schmunzelte: Sonst erstelle man einfach eine Zollstation vor dem Bushof. Alain Chervet ergänzte, es bestehe im Notfall die Möglichkeit, an den Regierungsrat zu gelangen und Herrliberg auf diese Weise zu einem finanziellen Beitrag zu verpflichten.

Diskutiert wurde ausserdem die Frage, ob der Mehrwert des Projekts für die SBB nicht grösser sei als die 10 Millionen Franken, die sie dazu beisteuern wollen. Heini Bossert entgegnete, der Betrag von 10 Millionen sei absolut fair, und der Gemeindepräsident ergänzte, man sei der Meinung, dass es sich bei dem ganzen Projekt um eine Win-win-Situation für alle Beteiligten handle, bevor er nach ziemlich genau zwei Stunden zum Apéro und zur Fortsetzung der Diskussion mit den anwesenden Planern lud.

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