- Kolumne
- Beni Bruchstück
Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich sass ich in der Bar und trank ein Bier. «Auf das Ende der Sommerferien!», sagte ich und hob das Glas in Richtung Roger. Der tat es mir gleich und meinte: «Das Gute daran ist, dass nun wieder etwas läuft im Dorf.» – «Es gibt wieder mehr Veranstaltungen, da hast du recht», bestätigte ich. «Aber es ist ja nicht so, dass nichts geschehen wäre.»
Roger schaute mich schräg von der Seite an. «Was willst du damit sagen?» – «Naja», setzte ich ein, «vor einigen Tagen ist Andreas Däscher gestorben.» – «Davon habe ich gelesen. Wer war das nochmal?» – «Der hat den Skisprung revolutioniert, indem er den sogenannten Däscher-Sprung entwickelt hat. Bis 1950 sind alle Skispringer mit nach vorne gestreckten Armen durch die Luft gesprungen. Däscher war der erste, der die Hände nach hinten an den Körper gelegt und so den Flug gesteuert hat.» – «So springen die ja noch immer!» – «Genau. Einzig die V-Stellung der Skier ist neu. Die kam 1985 auf.» – «Das wusste ich nicht. Hast du ihn gekannt?» – «Ich durfte ihn und seine Frau ein paarmal besuchen. Waren warmherzige Menschen. Das wurden stets schöne Begegnungen.» – «So prägt also ein Meilemer das Skispringen bis heute.» – «Das Witzige ist, dass ihm zwar alle Studien im Windkanal recht gegeben haben. Aber die sogenannten Skisprungexperten vom Schweizerischen Skiverband mochten diesen neuen Stil gar nicht.» – «Im Ernst?» – «Sie haben Däscher das Springen ‹in der militärischen Achtungstellung› verboten.» – «Und? Hat er gehorcht?» – «Er wollte die Weltmeisterschaften in den USA nicht verpassen. Also hat er sich dem Befehl gebeugt.» – «Das ist ein echtes Dilemma.» – «In der Folge aber mussten sie feststellen, dass die Finnen Däschers Sprungstil kopiert hatten und schliesslich das Skispringen dominierten.» – «Das war eben keine Marotte Däschers!» – «Darum meinte ich: Es ist schon etwas geschehen. Ein berühmter Meilemer ist gestorben.» – «Darauf trinken wir noch einen!» Roger bestellte noch zwei Stangen. «Auf Andreas Däscher!», sagte er, und wir hoben das Glas. Danach musste ich aber weiter. Ich verabschiedete mich von Roger und rief zu Jimmy: «Bis in einer Woche!» Worauf er antwortete: «Bis nächste Woche.» Als ich die Bar verliess, dachte ich: Olympia-Gold hat Däscher zwar nicht geschafft. Dafür wohnte er an der Goldküste.
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