Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
Am vergangenen Samstag versammelten sich kurz vor 9 Uhr fast 200 Meilemerinnen und Meilemer vor der Turnhalle Dorf, um in Gruppen auf Entdeckungstour zu gehen. Der von der Vereinigung Heimatbuch organisierte Dorfrundgang befasste sich dieses Jahr mit Dorfmeilen-Ost.
In vier Gruppen, alle mit fachkundiger Begleitung durch je zwei Personen (Hans Isler und Roman Schmucki; Susy Brupbacher und Ruedi Pfenninger; Alain Chervet und Kathrin Eggenberger; Werner Wunderli und Daniela Fluder) und ausgerüstet mit Audio-Guides erkundeten die Teilnehmenden Dorfmeilen-Ost. Das heisst die Region rund um den Dorfplatz, Pfarrhausgasse, entlang der Seestrasse bis zum Strandbad und via Dorfstrasse zurück zum Seehof an der Seestrasse 642. Auf dem Bummel wurde unter anderem den Fragen nachgegangen, wo Meilemer Katholiken früher ihre Messe feierten, seit wann es die «Badi» gibt, oder was es mit dem Schälehuus auf sich hat.
In knapp drei Stunden erfuhren die Spaziergänger an sechzehn Stationen Wissenswertes über aktuelle und historische Gegebenheiten. Die Guides gaben sich Mühe, jeweils ein schattiges Plätzli für die Stopps zu finden. Interessant waren neben den vorbereiteten Informationen auch die spontanen Erinnerungen von Meilemern an die vergangene Zeit.
Ruedi Pfenninger erzählte zum Beispiel von Erinnerungen aus der Schulzeit, die er im Dorfschulhaus verbrachte. Heute wird das Gebäude als «Haus der Musik» genutzt, als es aber noch ein Schulhaus war, sei im obersten Stock ein Sprachlabor eingerichtet gewesen, in dem man die eigene Stimme auf Tonband aufnehmen konnte. «Das hat uns Schülern damals viel Spass gemacht, leider haben wir es nur sehr selten nutzen können», erinnert er sich. Mit dem Velo durfte früher übrigens nur zur Schule fahren, wer mindestens einen Kilometer vom Schulhaus entfernt wohnte. Mit Nümmerli und genauer Kontrolle wurden die Plätze am Veloständer damals verteilt.
Versteckte Oase mitten im Dorf
Der Rundgang führte schon zu Beginn auch an versteckte, eigentlich für die Öffentlichkeit verborgene Plätze. So etwa in den Innenhof der Überbauung Seegut, eine richtige Oase mitten im Dorf. Erbaut wurde das «neue Seegut» 2015 von Besitzer und Architekt Christian Sand, nachdem entschieden worden war, dass das «alte Seegut», erbaut 1733, nicht schutzwürdig sei. Bei der neuen Überbauung wurde nicht nur viel Wert auf die Architektur, sondern auch auf die Natur gelegt. Der Innenhof zwischen den beiden Gebäuden wurde äusserst sorgfältig und mit Pflanzen aus Italien und dem Tessin gestaltet. Die Tiefgarage wurde dabei extra so gebaut, dass die Bäume genügend Platz für ihre Wurzeln haben.
Bis 2015 gab es immer wieder Ideen für die Umgestaltung des Seeguts. So wurde in den 1950er-Jahren etwa in Erwägung gezogen, die damals zu klein gewordene Migros an diesen Standort zu verlegen. Soweit kam es dann aber doch nicht.
Auf dem heutigen Areal der iNFRA, wie die Gemeindewerke heute heissen, die 1914 gegründet wurden, befand sich früher neben der gewerblichen Berufsschule auch die «Missionsstation Meilen», die erste Räumlichkeit der katholischen Kirche im Dorf. Vor 1933 mussten die Meilemer Katholiken noch zum Gottesdienst in Männedorf. Die heutige Kirche wurde erst rund 20 Jahre später und der Kirchturm sogar erst knapp 40 Jahre später an der Stelzenstrasse erbaut.
Schwimmprüfungen vor 70 Jahren
An der Pfarrhausgasse stand einst das Meilemer Postlokal (1864) und gleich nebenan bezog Paul Kocher 1945 seine vor allem für Züri-Tirggel bekannte Bäckerei. Der Weg von der Pfarrhausgasse bis zur Badi führte die Dorfrundgänger vorbei an der ehemaligen Endstation der Wetzikon-Meilen-Bahn – auch Wurst-und-Brotbahn oder «Bünzlitrucke» genannt – am ehemaligen Wiistübli, an der Seeburg, der ehemaligen Volksbank, dem damaligen Gasthaus «alten Sonne» und dem ehemaligen Rössli (heute Thai-Orchid). Auch der kleine Abstecher zum See «im Höchlig» durfte nicht fehlen.
Bei der Badi angekommen, erfuhr man, dass diese am Pfingstmontag 1935 eingeweiht worden ist und ihre heutige Grösse einer Aufschüttung des Seeufers 1974 zu verdanken ist. In den 1950-er Jahren fanden in der Badi benotete Schwimmprüfungen statt: Wer es einmal um das 12 Meter vom Ufer entfernte Mädchenfloss schaffte, sich aber dabei am Floss festhalten musste, erhielt die Note 4,5. Ohne Halten gab es schon die Note 5. Wer es gar um das Buebefloss in 25 Metern Entfernung schaffte, durfte sich über einen Fünfeinhalber (mit Halten) oder einen Sechser (ohne Halten) freuen.
Brauchen die Frauen wirklich ein «Schälehuus»?
Die Geschichte des «Schälehuus», das sich gegenüber der Badi befindet, begann 1976 mit der Ausstellung «Was mached die Fraue von Meile». Die Organisatorinnen der Ausstellung suchten im Anschluss an die Ausstellung nach einem dauerhaften Treffpunkt und gelangten mit diesem Anliegen an den Gemeinderat. Ein nicht einfaches Unterfangen, denn der damals rein männliche Gemeinderat glaubte, «es handle sich um eine Idee von einigen wenigen Frauen, die nicht wüssten, was anfangen mit ihrer Zeit». Der damalige Gemeindeschreiber Hotz schlug dann an einer der vielen Sitzungen die «Schäle» vor. Heute bietet der «Schälehuus-Club» eine breite Palette von Kursen an, und die Räumlichkeiten des Hauses können gemietet werden.
Vom Schälehuus wurde der Spaziergang via Dorfstrasse zum Zentrum Rosengarten fortgesetzt. Die Migros steht seit 1981 an ihrem aktuellen Standort, das Zentrum rundherum wurde 1988 eröffnet. Nebst verschiedenen Geschäften sind im Zentrum Rosengarten heute auch Arztpraxen eingemietet. Die oberen Stockwerke und die Gebäude im Innenhof sind Wohnungen.
Apéro mit Neptun und Vulkan
Der Rundgang endete im traumhaften rebarockisierten Seegarten des Seehofs. Ein repräsentativer Landsitz aus 1768/69, der 1988/89 restauriert wurde. Ausgestattet ist er mit zahlreichen Schmuckelementen wie schmiedeeisernen Balkon- und Torgittern sowie aufgemalten Eckpilastern.
Im Garten, der wie die Dorfmeilemer Badi durch die Aufschüttung des Sees entstanden ist, stehen ein Brunnen mit dem Zürcher Wappen, ein Springbrunnen, ein Pavillon und zwei Statuen: Neptun und Vulkan. Die Statuen sind Kopien, die Originale sind sicher im Keller aufbewahrt. In dieser wunderbaren Umgebung durften die Dorfrundgänger zum Abschluss einen Apéro geniessen.
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