Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Digitaler Frontrunner

Das Thema Digitalisierung betrifft auch die Gemeinden. Die öffentliche Verwaltung von Meilen ist dabei schon einiges weiter als andere, wie eine Standortbestimmung zeigt.

Marc Bamert, Tom Ford_web
Marc Bamert, Leiter der Präsidialabteilung, und ICT-Chef Tom Ford sind Zugpferde der Meilemer Digitalisierung. Foto: zvg

Parallel zum Tagesgeschäft wurde in den letzten Monaten in der Meilemer Verwaltung engagiert am Anschluss an das digitale Zeitalter gearbeitet. ICT-Chef Tom Ford ist stolz auf seine Mitarbeitenden: «Sie sind jetzt voll im Thema drin.»

Er selber ist Mitglied einer speziellen «Arbeitsgruppe Digitalisierung» der Gemeinde, die seit rund einem Jahr aktiv ist. An den vierteljährlichen Treffen nehmen die Leiter der drei grossen Abteilungen Tiefbau, Sicherheit und Präsidiales sowie der Leiter ICT teil. Dabei werden Ideen für Projekte eingebracht, die quer durch alle Bereiche der Verwaltung dank Digitalisierung automatisiert, vereinfacht oder erweitert werden können, sei es intern oder im Kontakt mit den Einwohnerinnen und Einwohnern.

In den letzten zwei Jahren vorwärts gemacht

«Meilen kann im Gemeindebusiness als digitaler Frontrunner bezeichnet werden», sagt Marc Bamert, Leiter der Präsidialabteilung und Mitglied der Arbeitsgruppe. In den letzten zwei Jahren wurden bereits etliche Projekte umgesetzt, so etwa ein Online-Beratungsschalter (www.meilen.ch/digitalerschalter), bei dem einbürgerungswillige Einwohner direkt einen Zeit-Slot für eine 30-minütige Onlineberatung via Videotelefonie reservieren können, also den Weg ins Gemeindehaus nicht mehr persönlich auf sich nehmen müssen. Noch dieses Jahr sollen «digitale Schalter» auch in den Bereichen Sozialhilfe und persönliche Hilfe bzw. Sozialversicherung eingeführt werden. Dadurch gibt es keinen Zeitverlust durch Anfahrtszeiten und insgesamt mehr Flexibilität im Zusammenhang mit Behördengängen.

Im Aufbau befindet sich ausserdem ein Chatbot für die Gemeindewebsite, der voraussichtlich bis Ende Jahr aufgeschaltet wird.

E-Steuerportal und eBaugesuch

Bereits seit längerem zur Verfügung steht ein E-Steuerportal, über das die ganze Steuererklärung elektronisch eingereicht werden kann. Neu umgesetzt wurde das eBaugesuch, mit dem Baugesuche digital abgewickelt und eingesehen werden können.

Als weiteres Beispiel nennt Marc Bamert die digitale Parkplatzbewirtschaftung durch die Verwaltungs-Mitarbeitenden: Neu sind die einzelnen öffentlichen Parkfelder auf Gemeindegebiet im GIS (geografisches Informationssystem) verzeichnet – damit können die Zuständigen aus der Verwaltung u.a. online nachschauen, welche Parkplätze mit Baustellen besetzt sind und für wie lange. Und auch die gemeindeeigenen Bootsplätze werden elektronisch verwaltet, inklusive automatischer Generierung der Rechnung.

Zu den internen Neuerungen gehören ausserdem kleine Erleichterungen für Mitarbeitende, so können Spesen digital erfasst werden, und es wurde eine elektronische Bezahlmöglichkeit für Kaffee realisiert.

Auch für Erlenbachs ICT verantwortlich

«Meilen war auch eine der ersten Gemeinden des Kantons, welche die Einführung von Microsoft 365 umgesetzt hat», ergänzt Marc Bamert, «und dies – im Gegensatz zu anderen staatlichen Stellen – unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Vorgaben.» Mit M365 soll das gemeinsame Arbeiten an Projekten sowohl intern als auch mit externen Partnern erleichtert werden, unter anderem mit einem gemeinsamen Ablageort, der jederzeit erreichbar ist.

Bamert weist darauf hin, dass der «Frontrunner-Spirit» sich nicht zuletzt darin zeige, dass die Gemeinde Meilen seit Juli 2025 auch für die ICT der Gemeinde Erlenbach zuständig ist, wie die Gemeindeversammlungen der beiden Kommunen im Sommer beschlossen haben.

Dass keine Berührungsangst mit der Digitalisierung besteht, beweist auch die Tatsache, dass in Meilen allen Schulkindern ab der 4. Klasse ein eigenes iPad zur Verfügung steht – letztes Jahr wurden 800 Stück an die Schule ausgegeben. Auch die Feuerwehr wurde mit iPads ausgestattet, auf denen Pläne digital gespeichert sind.

Und last but not least, so der Leiter der Präsidialabteilung: «Meilen ist eine der ganz wenigen Gemeinden in der Schweiz, die auf vier Social-Media-Kanälen präsent ist, nämlich auf Facebook, Instagram, LinkedIn und TikTok.» Damit versuche man, die Leute zielgruppengerecht dort zu erreichen, wo sie sich ohnehin aufhalten.

Kantonaler Digitalisierungsplan gilt ab 1. Januar 2027

Noch sind die Projekte eher punktuell. Daneben gibt es indes ein grösseres Vorhaben, das umfassender ist und sämtliche 160 Gemeinden des Kantons betrifft, nämlich den kantonalen Digitalisierungsplan. Denn das geänderte VRG (Verwaltungsrechtspflegegesetz) ermöglicht es dank den neuen rechtlichen Grundlagen für elektronischen Geschäftsverkehr (DigiLex), Verwaltungsverfahren vollständig elektronisch abzuwickeln.

Das Ziel des Kantons: Ab 1. Januar 2027 sollen alle Interaktionen mit Behörden, die eine Unterschrift benötigen, auch rein elektronisch möglich sein, wobei die öffentlichen Organe sogar dazu verpflichtet werden, untereinander ausschliesslich elektronisch zu verkehren.

Ein Website-basiertes Bürgerportal

Dabei ist jeder Gemeinde in gut föderalistischem Geist selber überlassen, wie sie die Vorgaben umsetzen möchte. Meilen hat sich für die Website www.meilen.ch als Haupt-Kommunikationskanal entschieden und ist aktuell daran, als Pilotgemeinde gemeinsam mit der i-Web (Innovative Web AG) die Übermittlung von Daten gemäss den Vorgaben des Kantons Zürich zu ermöglichen.

«Damit man gewisse Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann, muss man sich via Gemeinde-Website mit dem Behörden-Login Agov anmelden, das die Identität bestätigt», er-klärt ICT-Chef Tom Ford das geplante Vorgehen. Am Beispiel einer Wohnsitzbestätigung zeigt er das weitere Vorgehen: «Der Einwohner erhält das Dokument in elektronischer Form mit entsprechendem Siegel, das die Authentizität gewährleistet. Er kann es anschliessend selber elektronisch an beispielsweise die Bank weiterleiten und erspart sich damit den Gang zum Briefkasten.»

Bei Gesuchen für Veranstaltungen kann man künftig in dynamischen Formularen Beilagen direkt elektronisch übermitteln.

Für das Login mittels Agov braucht es weder Benutzername noch Passwort, dafür aber eine Mailadresse und eine App. Andere, vor allem kleinere Gemeinden setzen momentan noch auf die Minimallösung: Verschlüsselte E-Mails mit elektronischer Signatur, zum Beispiel mit IncaMail, einem Dienst der Post.

Als «Frontrunner» wäre Meilen aller Voraussicht nach bereits am 1. Januar 2026 mit seinem Website-basierten Bürgerportal bereit, denn dieses Datum wurde ursprünglich als Starttermin für das ambitionierte Vorhaben genannt, bevor der Kanton den Starttermin um ein Jahr nach hinten verschob. Wie die NZZ schreibt, laufen in Meilen zurzeit Abklärungen, ob es möglich wäre, bereits Anfang kommendes Jahr loszulegen. Marc Bamert meint dazu, die Gemeinde stehe in Abhängigkeit von Zulieferern und Anbietern wie der i-Web. «Wir halten jedoch den Druck aufrecht und hoffen, dass die involvierten externen Partner den Drive ebenfalls beibehalten.»

Parallelität bindet Ressourcen

Die neue Gesetzgebung wird indes neben dem digitalen den physischen (oder analogen) Bezug der Gemeindedienstleistungen über den 1. Januar 2027 hinaus erlauben, worüber Marc Bamert nicht nur glücklich ist. «Diese Parallelität bindet sehr viele Ressourcen», sagt er und nennt als weitere Herausforderung die datenschutzrechtlichen Vorgaben, die einzuhalten sind und die im Vergleich zur Privatwirtschaft in der Verwaltung oft recht starr seien.

Klar ist laut Bamert, dass das Ziel der Gemeinde darin besteht, die für die Digitalisierung nötigen Tools sehr bald einzuführen, selbst wenn noch nicht alles vollautomatisiert möglich sein wird. Klar ist für ihn aber auch, dass die Gemeinde Meilen weiterhin auch für jene Einwohnerinnen und Einwohner da ist, «die nicht digital sind oder nicht digital sein wollen».

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