Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Die Kirche und ihre Funktion fürs Ortsleben

Im Anschluss an die jährliche Generalversammlung der Vereinigung Heimatbuch fand wie immer das traditionelle Heimatbuch-Forum statt. Es greift jeweils das Schwerpunktthema des kommenden Heimatbuchs auf. Thema 2022: «Quo Vadis, Kirche Meilen?» Das Forum fand gestern vor einer Woche statt.

Heinz Bösch, Erich Wyss, Hansruedi Galliker, Rolf Bezjak, Christian Venghaus und David Morf (v.l.). Fotos: MAZ

Welche Funktion und welchen Stellenwert haben die Kirchen heute in Meilen? Was leisten sie für das Ortsleben? Braucht es sie für ein attraktives Meilen? Und weshalb kehren immer mehr Menschen den Ortskirchen den Rücken? – «Diese und viele weitere Fragen besprechen wir am diesjährigen Heimatbuch-Forum mit Vertreterinnen und Vertretern der drei Meilemer Ortskirchen sowie Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind», verhiess die Einladung zum Anlass. Eine spannende Ausgangslage. Allerdings entpuppten sich dann alle Teilnehmenden des Forums als Vertreter der Kirche oder christlich Engagierte.

Heinz Bösch, Kirchenpfleger und Pfarrer Erich Wyss (beide reformiert), Rolf Bezjak, Pfarreibeauftragter a.i. und Christian Venghaus, Kirchenpfleger (beide katholisch) sowie David Morf, Pastor bei der Freikirche Chrischona, diskutierten unter der Leitung von Heimatbuch-Redaktor Hansruedi Galliker über die Frage, was die Kirche heute für Meilen bedeutet und warum ihr immer mehr Menschen den Rücken kehren. Fünf Jugendliche erzählten, warum sie sich in der Kirche engagieren und was der Glaube ihnen gibt. Unterstützt wurden sie von Firmleiterin Cornelia Pichler und Flurina Bezzola, Jugendarbeiterin der reformierten Kirche.

Die Gemeinschaft und das Lob Gottes sind am wichtigsten

Was denn die wichtigste Aufgabe der Kirchen heutzutage seien und warum sie sich in der Kirche engagieren, wollte Hansruedi Galliker wissen. Einig waren sich alle, dass Begegnungen etwas vom Wichtigsten sind. Das Miteinander, die Hilfsbereitschaft und die diakonische Arbeit sieht Heinz Bösch als wichtigstes Gut der heutigen Kirche.

Pfarrer Wyss empfindet die Predigt, also das Lob Gottes, als wichtigste kirchliche Aufgabe. «Natürlich kombiniert mit diakonischer Arbeit, kulturellen Anlässen und der Jugend- und Altersarbeit», ergänzt er.

Rolf Bezjak findet Begegnungen auch über Gottesdienste hinaus wichtig. Er setzte sich stets dafür ein, dass die Seelsorge gesichert war, auch in Zeiten, als es in der katholischen Kirche Meilen turbulent zu und her ging.

Auch für David Morf stehen Begegnungen, miteinander und mit Gott, und zwar unabhängig von sozialen Schichten und Altersgruppen, zuoberst auf der Prioritätenliste.

Ohne Kirche würde etwas fehlen, finden die Forumsteilnehmenden. Sie sind zuversichtlich, dass es für die Kirchen weiter geht, denn sie prägen Ortsbilder. Begegnungsorte würden ohne sie verloren gehen, und die Kirche könne viel Identität stiften.

Texte vereinfachen und Frauen stärker einbeziehen

Auch bei den in der Kirche engagierten Jugendlichen steht die Gemeinschaft als oberster Motivator fest. Gemeinsam Neues entdecken, zwischenmenschliche Begegnungen pflegen und etwas lernen, das motiviert Fabienne Stucki (Chrischona), sich in der Jungschar zu engagieren: «Anders als zum Beispiel in der Pfadi ist der Glaube Teil der Aktivitäten und Abenteuer, die wir erleben. Während ich im Gymi wenig Gleichgesinnte hatte, lerne ich in der Jungschi genau solche Menschen kennen», sagte sie. Glenda Rima findet in der Gemeinschaft der Kirche Sicherheit. Bei Juliana Paniz gehört der Glaube in der Familie einfach dazu. Trotzdem geht sie freiwillig in die Kirche, ist sehr gläubig, und auch wenn die Rituale der katholischen Kirche für viele altmodisch wirken, findet sie genau diese schön. «Meine Eltern haben mich mit der Taufe und der Kommunion auf den Weg gebracht, diesen möchte ich jetzt mit der Firmung weitergehen», sagte Rosalie Preisshofen.

Aus keiner streng gläubigen Familie kommt Leonie Mitondo, trotzdem gibt ihr die Kirche viel Kraft. Dort könne sie ihren Glauben ausleben, ohne ihn erklären zu müssen. «Ich bete nicht jeden Tag, lebe meine Spiritualität aber bei Besuchen in der Kirche aus», sagte sie. Obwohl sie aus Überzeugung in die Kirche gehen, formulierten die Jugendlichen auch Wünsche für die Zukunft: So sollten gewisse Texte und Bibelpassagen in Gottesdiensten etwas verständlicher und in moderner Sprache erklärt werden, damit eine Verbindung zum eigenen Leben hergestellt werden kann, und Frauen sollten, besonders in der katholischen Kirche, mehr miteinbezogen werden.

Glaubwürdigkeit nicht verlieren

Dass Veränderung wichtig ist, fand auch Christian Venghaus. «Wichtig ist aber, dass wir glaubwürdig bleiben. Wir sollten aus der Tradition Kraft schöpfen, den Kern verteidigen und trotzdem zeitgemäss handeln.» – «Die Kirche soll sich verändern, aber nicht zu schnell», sagte auch Rolf Bezjak und ergänzte: «Die Kirche hat sich in den letzten Jahren schon stark verändert. Besonders in den Gemeinden. Im Grossen vielleicht etwas weniger.»

Dass viele Menschen der Kirche den Rücken kehren, sehen die Anwesenden, allen voran Pfarrer Wyss, nicht als Entscheidung gegen die Institution, sondern eher als Ausfluss von individuellen persönlichen Erfahrungen oder Enttäuschungen. «Oft erfährt man gar nicht, warum eine Person austritt», gab Heinz Bösch zu bedenken.

Christian Venghaus sagte: «Wir müssen weiter daran arbeiten, einen lebendigen Ort der Begegnung zu schaffen und durch positives Wirken Leute dazu motivieren, wieder in die Kirche zu kommen.» Auch die ökumenische Arbeit müsse so weitergeführt und vermehrt gewichtet werden, dann komme es gut für die Kirchen, sind sich alle einig.

Besonders im letzten Teil des Forums fehlte die Gegensicht. Eine Person, die sich dazu äussert, weshalb sie die Kirche verlassen hat. Im Heimatbuch werden Menschen porträtiert, die sich zu dieser Frage äussern.

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