Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

Bergmeilen entdecken

Einmal jährlich lädt die Vereinigung Heimatbuch Meilen zum Dorfrundgang. Heuer führte er in die Bergwacht, genauer in die Region am Pfannenstiel: auf die Hochwacht, zum vorderen Pfannenstiel und nach Toggwil.

Zur Erinnerung an Prof. Lorenz Oken liess das Komitee aus 17 Meilemer Bürgern, die 1854 das Land erwarben, am Findling auf der Okenshöhe eine Gedenktafel anbringen. Foto: MAZ

Das Interesse am ohnehin schon seit Jahren beliebten Dorfrundgang erreichte am letzten Samstag ein neues Hoch; alle verfügbaren Plätze in den eigens organisierten Bussen waren besetzt. In drei Gruppen zu je 50 Personen ging es an die Standorte Hochwacht, vorderer Pfannenstiel und Toggwil.

Die Okenshöhe gehört der MGM

Auf der Hochwacht, genauer auf der Okenshöhe, erfuhren die Zuhörer von Roman Schmucki, der die Infos zu diesem Posten präsentierte, dass das Plateau Richtung Meilen ihren Namen vom deutschen Naturforschers Lorenz Oken (1779-1851) hat, dem ersten Rektor der Universität Zürich. Er erwarb seinen Lieblingsplatz am 22. August 1838 für neunzig Gulden und verbrachte den grössten Teil seiner Freizeit auf dem Pfannenstiel.

Seine Witwe verkaufte das Land 1854 für 116 Franken an eine Gruppe von Meilemer Bürgern, die es der Mittwochgesellschaft Meilen (MGM) abtraten, um es der Öffentlichkeit auf Dauer zugänglich zu machen. Die Metallpyramide dort diente 1911 bis 1987 als Triangulationspunkt der Landvermessung, heute erfolgt die Erdvermessung mit Hilfe von geodätischen Satelliten und GPS (Global Positioning System). Am Rande des Plateaus steht ein «Alpenzeiger» von der MGM, der seit 1899 beschreibt, welche Berge man sehen könnte – wäre die Aussicht nicht von Bäumen versteckt.

Die ursprüngliche Funktion der Hochwachten

Der Flurname und der Name des heutigen Restaurants Hochwacht, erbaut 1908, erinnert gemäss Francesca Carabelli an das ab dem 15. Jahrhundert gängige Alarmierungssystem der Kantone; allein im Kanton Zürich gab es 23 rund um die Uhr besetzte Hochwachten. Das System war sehr effektiv: innert 15 Minuten konnten alle Hochwachten das Signal bei Bränden, Unwettern oder Angriffen weitergeben. Bei Alarm wurden Meldeläufer oder -reiter ins Dorf geschickt, um die Bevölkerung zu warnen.

Skilift, Schanzen und

Aussichtsturm

Wer hätte das gedacht: Im letzten Jahrhundert gab es auf der Hochwacht einen Skilift und zwei Sprungschanzen, die Sprünge von bis zu 30 Metern zuliessen.

Der aus Stahl und Grauguss genietete, denkmalgeschützte, 35 Meter hohe Aussichtsturm wurde, wie Führerin Katharina Eggeberger erklärte, 1893 ursprünglich auf dem Bachtel errichtet. 1985 wurde er abgebaut und eingelagert, und 1992 durch Fachleute aus Ungarn auf der Hochwacht wieder aufgestellt. Die Aussichtsplattform erreicht man über 174 Treppenstufen.

Seit April 2008 existiert westlich der Hochwacht ein sogenannter Friedwald. Rund 1800 Bäume können als Erinnerungsstätte dienen.

Springkonkurrenz seit bald hundert Jahren

Weiter ging es zum vorderen Pfannenstiel, wo ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Bauernhaus steht, das ab Mitte des 19. Jahrhunderts als mit Landwirtschaft verbundene Weinschenke und später als Restaurant betrieben wurde. Seit den 1960er-Jahren sind Gastronomie und Landwirtschaft getrennt.

Unterhalb des Restaurants: der Reitplatz der Pferdesport Pfannenstiel AG. Seit 1927 findet dort immer wieder die Springkonkurrenz statt, auch Holzerwettkämpfe werden regelmässig ausgetragen. Am 2. April 1966 befand sich hier sogar der Landeplatz einer Fallschirmabsprungsübung der Unteroffiziersgesellschaft Zürichsee rechtes Ufer, die viel Publikum anlockte.

Ferienkolonie auf dem Pfannenstiel

Im Jahr 1900 machte der Meilemer Arzt Dr. Richard Frey auf den schlechten Gesundheitszustand der Schulkinder aufmerksam. Der Vortrag löste grosse Betroffenheit aus, und als Folge organisierte die Pestalozzikommission der Gemeinde Meilen bereits für den Sommer 1901 eine erste Ferienkolonie auf dem Pfannenstiel. Bis 1913 verbrachten viele Kinder hier jeweils drei Sommerwochen zur Erholung.

Eines der ältesten Gebäude in Meilen

Im Weiler Toggwil erfuhren die Dorfrundgänger Spannendes zur Sennhütte, die 1888 von der Sennerei-Genossenschaft Toggwil als Milchannahmestelle mit Wohnung erbaut wurde. Das Restaurant Alpenblick gleich daneben ist seit 1923 im Besitz der Familie Tritten und gilt als eines der ältesten Gebäude in Meilen.

1911 brannte ein dreiteiliger Flarzbau neben dem Alpenblick bis auf die Grundmauern nieder. Die angerückten Feuerwehrmänner waren mehr oder weniger machtlos, weil zum Löschen zu wenig Wasser vorhanden war. Immerhin gelang es, ein Übergreifen des Feuers auf die Nachbarhäuser (inklusive Alpenblick) zu verhindern.

Es war erneut ein spannender Rundgang, der von den bewährten «Guides» Hans Isler, Susy Brupbacher und Werner Wunderli geleitet wurde. Sein gemütliches Ende fand er auf dem Pachthof Vorderer Pfannenstiel bei einem Apéro, wo sich alle Gruppen, Guides und Führer wieder trafen.

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