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Die Mitteilung im Meilener Anzeiger ist erfreulich: der Gemeinderat beantragt eine Senkung des Steuerfusses um 5% von heute 84 auf 79%. Liest man die behördliche Begründung, könnte man jedoch leicht vermuten, dieser Entscheid sei dem Gemeinderat nicht leicht gefallen, sozusagen eher «contre coeur».
Denn in der Begründung seines Entscheides führt er zuerst die gegen eine Steuerfusssenkung sprechenden Gründe an: die unentbehrlichen Investitionen im Verwaltungsvermögen (Feuerwehrgebäude, Schulliegenschaften, Hallenbad usw.) und vor allem die Auswirkungen der wirtschaftlichen Unsicherheiten (Inflation, Zinsen, Energiekosten usw.), ohne jedoch die Wirkungszusammenhänge mit dem Gemeindebudget näher zu erläutern bzw. zu prognostizieren.
Erst im Anschluss erwähnt der Gemeinderat die erfreulichen Faktoren: reichliche Liquidität, hohes Eigenkapital und die Schuldenfreiheit. Schliesslich musste der Gemeinderat wohl auch zur Kenntnis nehmen – auch wenn er dies nicht erwähnt – , dass zahlreiche Gemeinden seeauf- und -abwärts Steuerfusssenkungen angekündigt haben, so dass er wohl oder übel nachziehen musste.
Schaut man die Abschlüsse der Gemeinde in den vergangen fünf Jahren an, schlossen die Jahresrechnungen immer besser ab, als budgetiert wurde. Das scheint in der Schweiz praktisch auf allen Staatsebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) die Regel zu sein. Besonders prägnant im Rechnungsjahr 2021, in dem die Kantone nach Berechnungen von Avenir Suisse um gigantische 6,8 Mrd. Franken besser abschlossen als budgetiert. Das legt nahe, etwas genauer auf den strukturellen Budgetiertungsprozess von staatlichen Behörden zu schauen. Aus der politökonomischen Forschung zeigen sich folgende Erkenntnisse:
Da staatliche Körperschaften stets bestrebt sind, über ausreichenden finanziellen Spielraum zu verfügen, neigen sie zu einer konservativen Budgetierung, d.h. tendenziell Zurückhaltung bei den Einnahmen und Grosszügigkeit bei den Ausgaben. Das ist solange kein Problem, als eine regelmässig pessimistische Budgetierung nicht zur bewussten Fehlinformation der Bevölkerung führt.
Die staatlichen Körperschaften legen Steuersenkungspotenziale nicht gerne offen, weil sie negative Auswirkungen befürchten. Das gilt sowohl gegenüber den Steuerzahlern als auch vonseiten der Gemeinden gegenüber dem Kanton und vonseiten der Kantone gegenüber dem Bund.
Schliesslich gilt die allgemeine Erfahrungstatsache, dass in staatliche Behörden nicht nur der Wettbewerbs- und Effizienzdruck fehlt, sondern all diese Gebilde streben letztlich auch nach Grösse, Macht und Einfluss. Dies zeigt sich vor allem im grossen und laufend wachsenden Fussabdruck des öffentlichen Sektors in der Schweiz, wie eine eindrückliche Studie der Universität Luzern belegt (Ch. Schaltegger/M. Portmann: Staatliche und staatsnahe Beschäftigung in der Schweiz. Wo wächst der öffentliche Sektor?)
Vor diesem Hintergrund ist der Antrag des Gemeinderats zur Steuerfussreduktion einerseits zu begrüssen. Anderseits zeigt es aber auch, wie wichtig es ist, Exekutivbehörden kritisch zu begleiten.
Dr. Rudolf Walser, Meilen
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