Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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«Natürliche» und «künstliche» Grenzen

Eine neue Serie handelt von Meilens Grenzen. Im ersten Teil wurde geklärt, was territoriale bzw. geografische Grenzen überhaupt sind. Man unterscheidet ausserdem natürliche und künstliche Grenzen.

Der Alpenkamm ist die natürliche Südgrenze des Wallis.

Natürliche Grenzen folgen physisch-topografischen Gegebenheiten: dem Kamm von Bergen bzw. dem Rücken von Hügeln – also Wasserscheiden – oder Gewässern, seien dies Flüsse und Bäche oder Seen.

Bei Letzteren verläuft die Grenze meist in der Mitte, aber es gibt den Sonderfall Bodensee, wo überhaupt keine Grenze definiert ist – es gibt einzig ein Schifffahrtsübereinkommen. Bei Flüssen und Bächen ist die Mitte nur eine von drei Möglichkeiten der Grenzziehung, daneben kann diese auch entlang des einen oder anderen Ufers oder entlang des «Talweges», der tiefsten Rinne, verlaufen. Neuerdings gelten für Bäche auch anderslautende Regeln, worauf wir gerade am Beispiel Meilen zurückkommen werden. Solche Grenzen bedürfen jedenfalls normalerweise keiner speziellen Kennzeichnung, wie etwa der Alpenkamm als natürliche Südgrenze des Wallis.

Auch natürliche Grenzen sind Menschenwerk

Es wäre allerdings naiv anzunehmen, «natürliche» Grenzen seien «von der Natur geschaffen» worden (wie es in einem Internetbeitrag heisst) – auch sie sind von Menschen beschlossen, sie folgen einfach natürlichen Gegebenheiten. Dies ist – wenn wir Nationen betrachten – beispielsweise für Frankreich weitgehend der Fall, während wirklich ausschliesslich natürliche (Aussen-)Grenzen wohl nur Inseln haben können, wie es etwa Malta, Island und Australien zeigen mögen. Australien «kompensiert» dies allerdings mit sehr geometrischen Binnengrenzen.

In der kleinräumigen Landschaft einer Gemeinde können neben Bächen (auf die wir noch zurückkommen) zusätzlich klar erkennbare Fixpunkte und Verbindungslinien als Grenze dienen, seien es auffällige Einzelbäume oder kleine Gehölze, Waldränder, Hecken, Findlinge, Felsen, Strassen- und Wegverläufe oder schlicht Grundstücksgrenzen (es sei denn, diese richten sich ihrerseits nach der Gemeindegrenze…).

Künstliche Grenzen

Künstliche, d.h. nicht direkt der Topografie folgende Grenzen haben meist mehr oder weniger weit zurückreichende historische Wurzeln, sind Ausdruck früherer Machtverhältnisse, Resultat von Vereinbarungen unter Gleichrangigen oder eines Schiedsgerichtsurteils zur Schlichtung eines nachbarlichen Streites. Aus der Zeit des Imperialismus gibt es dazu viele Beispiele.

Man wäre allerdings falsch gewickelt, wenn man annähme, nur geometrische Grenzziehungen seien künstlich. Davon zeugen sowohl die Kartenausschnitte von der schaffhausisch/zürcherischen Grenze zu Deutschland als auch der Grenze zwischen Feldbach/Hombrechtikon und Rapperswil-Jona.

Der Schein kann trügen

Manchmal kann ein spontanes Urteil allerdings zu Fehlschlüssen führen: Denn auch eine natürlich scheinende Grenze wie der Rhein kann sich in der historischen Entwicklung als künstliche Trennung erweisen, wie das Beispiel Laufenburgs zeigt. Zusammen mit dem bisher ebenfalls habsburgischen Fricktal fiel der linksrheinische Teil des Städtchens in den napoleonischen Kriegen 1801 an die Helvetische Republik und ist seit 1803 Teil des Kantons Aargau, dessen rechtsrheinischer Teil dagegen ging an die Markgrafschaft Baden und gehört heute zum deutschen Bundesland Baden-Württemberg. (Abb. 5, 1- bis 2-spaltig)

Damit ist der gewissermassen theoretische Teil abgeschlossen. Das nächste Mal werden wir bezüglich Grenzen einen Blick auf Meilens Vergangenheit werfen.

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