Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen

«Ich habe selten einen solchen Brand gesehen»

Etwa 50 Feuerwehrleute, hauptsächlich Angehörige der Stützpunktfeuerwehr Meilen, standen beim Bootsbrand im Einsatz. Sie waren sehr schnell am Ort des Geschehens – auch dank einem glücklichen Zufall.

Philipp Büchele, Leiter Bevölkerungsschutz bei der Stützpunktfeuerwehr Meilen. Foto: zvg

usgerechnet am letzten Samstag führte die Stützpunktfeuerwehr in Bergmeilen eine Strassenrettungsübung mit externen Fachausbildnern durch. 22 Feuerwehrleute waren eben daran, den Übungsplatz im Schumbel aufzuräumen und langsam an den Feierabend zu denken, als nach halb vier Uhr der Alarm «Bootsbrand» einging. Sie konnten sehr rasch reagieren.

Es wurden auch Angehörige der Feuerwehr Uetikon-Männedorf und der Feuerwehr Oetwil aufgeboten. Zum Einsatz kamen zwei Tanklöschfahrzeuge, ein Universallöschfahrzeug, eine Autodrehleiter, mehrere Personentransportfahrzeuge sowie Rettungsfahrzeuge der Sanität. Gemeinsam mit dem Seerettungsdienst wurde zum Schutz der Umwelt zudem rund um den Brandplatz im Wasser eine Ölsperre errichtet.

Die Brandursache ist aktuell unklar und wird untersucht. Brandstiftung kann jedoch ausgeschlossen werden. Man geht davon aus, dass der Brand von einem Boot ausging und auf die anderen übergriff, was sich auch mit den Beobachtungen von Philipp Büchele deckt. Der Leiter Bevölkerungsschutz der Feuerwehr Meilen war gemeinsam mit einem Kollegen als erster am Einsatzort.

Herr Büchele, wie lautete der Alarm, der Sie am Samstag bei der Übung in Bergmeilen erreichte?

«Brand eines Bootes» war das Alarmstichwort um 15.39 Uhr, dazu die Adresse. Dann die Zusatzinfo, es gebe viel Rauch und Flammen. Das hat mich noch nicht nervös gemacht, ein Brand auf einem Boot ist örtlich begrenzt und relativ einfach zu kontrollieren. Ich und ein Kollege stiegen sofort in einen Einsatzwagen und waren innert sechs Minuten vor Ort.

Was für eine Szene fanden Sie vor?

Ein Anblick, von dem ich sogar ein Foto gemacht habe – mit Zeitstempel 15.46 Uhr. Das Tanklöschfahrzeug war zu diesem Zeitpunkt noch auf der Anfahrt. Es standen vier Boote in Flammen. Eines unterhalb des Krans in der Mitte im Wasser. Zwei links davon, aufgehängt unter einem langen Dach, eines rechts davon an Land. Auf den ersten Blick zeigte sich die Situation überschaubar: Ich dachte, wir könnten den Brand zügig eingrenzen und möglichst viele Boote retten.

Weshalb gelang das nicht?

Keine zwei Minuten später gab es einen lauten Knall, und dort unten stand alles in Vollbrand. Es hatte eine Durchzündung der Rauchgase stattgefunden, und es entwickelte sich neben den Flammen auch eine massive schwarze Rauchsäule. Die Boote zu retten war chancenlos, und wir mussten uns auf das Halten der umliegenden Gebäude fokussieren.

Weshalb? Die Feuerwehr war ja sehr schnell da.

Ich habe schon viele Brände gesehen, aber selten herrschen für ein Feuer so ideale Bedingungen wie bei diesem: Hohe Aussentemperaturen, gut brennbare Stoffe wie Kunststoffe, Benzin und Holz sowie ausreichend Sauerstoff mit leichtem Wind und ein Vordach, unter dem sich heisse Gase ansammeln können.

Hörte man auch Explosionen?

Es knallte ab und zu. Entweder, weil die unter dem Dach befestigten Boote ins Wasser klatschten, oder wegen aufplatzenden Behältern.

Wann stand die erste Löschleitung?

Bereits nach acht Minuten. Die Leitungen, die ursprünglich zum Kühlen der noch intakten Boote gedacht war, mussten wir zurückziehen und zum Schützen der Häuser einsetzen. Die Hecke zürichseits des Hafens brannte bereits, und das Feuer drohte auf das Gebäude überzugreifen. Zuvor hatten wir die Menschen aus den Häusern geholt, auch mit Hilfe der Kantonspolizei.

Zusätzlich meldete sich die Migros über die Telefonnummer 118 wegen Rauch im Supermarkt.

Ich habe mir dort einen Überblick verschafft und musste aufgrund der Situation die Evakuierung und Schliessung des Verkaufslokals anordnen, weil bereits Rauchgeruch wahrnehmbar war und sich erste Personen über ein Kratzen im Hals beschwerten. Sie wurden am Sammelplatz triagiert. Wer keine Beschwerden hatte, konnte natürlich nach Hause gehen, über 40 Personen meldeten sich jedoch, um sich abchecken zu lassen, weil sie möglicherweise Rauchgas eingeatmet hatten. Die Sanität forderte die Grossraumambulanz in Zürich an, weil man nicht wusste, ob es allenfalls einen sogenannten Massenanfall von Verletzten geben könnte. Das war zum Glück nicht so.

Wie reagierten die Leute darauf, dass sie ihren Wochenendeinkauf abbrechen mussten oder wegen der Verkehrsumleitung im Stau standen?

Viele störten sich an unseren Massnahmen und waren sichtlich genervt, was ich auch irgendwo verstehen kann.

Wie blicken Sie heute, einige Tage später, auf den Einsatz zurück?

Ich bin sehr froh, dass es keine Schwerverletzten gab. Und ich weiss – ich bin am Rhein aufgewachsen –, dass Boesch-Boote emotional und historisch etwas Besonderes sind. Für einen Feuerwehroffizier ist so ein Erlebnis auch ein Stück weit frustrierend. Doch das Feuer entwickelte sich wirklich rasend schnell, und wir waren bezüglich der Boote chancenlos. Wären wir nicht so rasch am Einsatzort gewesen, hätten die Flammen aber mit Sicherheit auf die umliegenden Häuser übergegriffen.

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