Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Sie waren hier!

Neulich sass ich wieder an der Bar und trank mein Bier, als ein bereits angeheiterter junger Mann neben mit Platz nahm. Um seinen Hals hing ein weiss-blauer Schal. «Sie waren hier!», sagte er mit seliger Stimme. «Sie waren wirklich hier!» Ich war kurz versucht, sein schwarzes Shirt als Sutane eines Priesters und den Schal als Stola zu interpretieren. Denn als hätte ein Priester Engel oder die Gemeinschaft der Heiligen gesehen, so leuchtete sein Gesicht, wenn er sagte: «Sie waren hier!»

Aber eben, der Schal war keine Stola und das Shirt keine Sutane. Freundlich fragte ich den jungen Mann: «Wer war hier?» – «Ja, bist du denn der einzige, der nicht mitbekommen hat, was hier in Meilen los war?» fragte dieser nicht wenig erstaunt zurück. «Tut mir leid», entgegnete ich, «da habe ich wohl etwas verpasst. Lass mich die gute Nachricht wissen.» – «Der Schweizermeister war da. Mit der ganzen ersten Mannschaft!» Und obwohl dieses Jahr bestimmt in hundert verschiedenen Sportarten Schweizermeistertitel vergeben werden, lag der Schluss nahe, dass er den Fussball-Schweizermeister meinte.

«Der FCZ war hier?» fragte ich also. Er nickte kräftig. «Erst haben sie im Letzigrund gefeiert, dann auf dem Helvetiaplatz und nun haben sie eine Schiffsrundfahrt gebucht, um ihre Fans entlang des Seeufers zu besuchen.» – «Eine nette Geste», meinte ich. – «Ich habe sie alle gesehen! Breitenreiter, Canepa und sogar Blerim Dzemaili!» – Mit «Auch Marchesano?» trug ich mein Halbwissen zu Markte. «Nein, der nicht», sagte der selige Fan neben mir. «Es hat geschüttet wie aus Kübeln, und da sind einige im Schiff geblieben. Aber gesehen habe ich sie!» – «Das sind also die harten Jungs», sagte ich. «Sobald es zu regnen anfängt, kneifen sie.»

Aber mein Nachbar winkte ab. «Da darfst du nicht zu hart sein. Wenn’s drauf ankommt, zeigen sie Leistung auch im Regen. Zudem haben sie schon einige Tage lang gefeiert. Da muss man sich auch mal schonen.» Nichts konnte seine Freude über den Besuch der Mannschaft trüben. Freude gibt es eben nur ganz oder gar nicht. «Nun, ich gratuliere zum Titel!», meinte ich, «aber ich muss weiter.» Und rief ich Jimmy zu: «Dann bis nächste Woche!» – «Ja, bis nächste Woche», antwortete der und brachte dem FCZ-Fan noch ein weiteres Bier, während ich wegen des Regens draussen den Kragen hochschlug.

/Beni Bruchstück

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