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Die erfolgreiche Produzentin Anne Walser wuchs in Meilen auf. Eben ist ihr Film «Stiller» in die Kinos gekommen – und sie hat einen Award am Zurich Film Festival erhalten.
Bei Literaturverfilmungen kann es ein Vorteil sein, wenn man als Zuschauer das Buch nicht gelesen hat. Das ist in gewisser Weise paradox, da das Buch ja nicht zuletzt deshalb verfilmt wurde, weil es viele Menschen gelesen haben. Das ist dann auch ein Verkaufsargument.
Oft aber haben Filmemacher das Problem, einen 500-seitigen Roman auf viel weniger Drehbuchseiten «einzudampfen». Gut 90 waren es bei «Stiller». Da muss vereinfacht und verkürzt werden – was hinwiederum den Romanliebhabern nicht gefallen kann.
Ein filmisches Verwirrspiel
Wer sich aber ohne die 500 Frisch-Seiten im Hinterkopf in den Kinosaal setzt, bekommt einen spannenden Film zu sehen. Er beginnt damit, dass ein Mann namens James Larkin White bei einer Passkontrolle festgenommen wird. Ihm wird vorgeworfen, ein anderer zu sein, nämlich Anatol Stiller. «Ich bin nicht Stiller», betont er daraufhin.
Fortan wird er mit Menschen konfrontiert, die ihn vermeintlich oder tatsächlich kennen. Insbesondere mit Stillers Frau. In der Folge wächst einem dieser Mann ans Herz, der sich heftig gegen die Behauptung wehrt, der Gesuchte zu sein. Und man lernt Julika Stiller kennen, Stillers Frau, die von der ersten Begegnung an zu wissen scheint, dass dieser Mann ihr Mann ist. Ihre Geschichte wird u.a. in Rückblenden erzählt, wobei mit Hilfe von filmischen Tricks das Verwirrspiel weitergetrieben wird, sodass es für den Zuschauer selber unsicher bleibt, wer denn nun dieser Mann ist, der behauptet, nicht Stiller zu sein.
Sechs Jahre für eine Produktion
Wenn Produzentin Anne Walser einen Film in Angriff nimmt, dann muss sie für das Skript, das Thema oder das Drehbuch Feuer fangen. Auf die Frage, wo denn im Falle von «Stiller» der Funken übergesprungen sei, erklärt sie, dass dies auf ihre Leseerfahrung als 17-jährige Frau am Gymnasium zurückgehe. Regisseur Stefan Haupt, mit dem sie schon bei «Zwingli» zusammengearbeitet hat, sei mit der Idee auf sie zugekommen. Und so hätten sie sich gemeinsam auf den Weg gemacht, «Stiller» zu verfilmen. Das war 2019. Sechs Jahre später kann man nun das Werk auf der Leinwand sehen. So viel Zeit müsse man in etwa für die Produktion rechnen.
Wer ist James Larkin White?
Entstanden ist ein sehenswerter Film. Er überzeugt nicht zuletzt dank der Schauspieler. Albrecht Schuch als James Larkin White und Paula Beer als Stillers Frau beeindrucken durch ihre Präsenz. Aber auch Marius Ahrendt als etwas naiver, aber gutmütiger Gefängniswärter Knobel gewinnt die Zuschauer für sich. «Stiller» ist ein spannender Film über die Frage, wer denn nun dieser James Larkin White tatsächlich ist.
Für Liebhaber von Frischs Roman mag das zu wenig sein. Liebhaber des Schweizer Films werden auf ihre Rechnung kommen. Insofern verdient «Stiller» «Lärm». Es lohnt sich, diesen Film im Kino anzusehen und den Kinobesuch kräftig weiterzuempfehlen.
Zur Feier des Tages ein Zmittag im «Alpenblick»
Produzentin Anne Walser ist in Meilen aufgewachsen und ist seit 2007 Mitinhaberin der Produktionsfirma C-Films, die u.a. Filme wie «Zwingli», «Platzspitzbaby», «Schellen-Ursli» oder «Akte Grüninger» produzierte. Am 3. Oktober wurde ihr am Zurich Film Festival ZFF der Career Achievement Award für ihre aussergewöhnliche Karriere überreicht.
Bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages habe sie nach der Verleihung gefeiert, erzählt die Produzentin. «Immer noch leicht verkatert, haben wir mit der Familie am Sonntag nach der Verleihung im ‚Alpenblick‘ zu Mittag gegessen. Das Restaurant ist unsere Familien-Beiz. Früher hat hier meine Grossmutter noch Kartoffeln geschält.»
Als sie die Nachricht von der Verleihung des Awards erreichte, sei sie vor allem sehr gerührt gewesen. Doch dann habe sie sich besonders auch für ihre Berufsgattung gefreut, denn die Produzenten stünden stets eher im Hintergrund, ganz anders als Schauspieler und Regie. «Das ist auch in Ordnung. Aber die Produzentinnen und Produzenten haben durchaus etwas Wertschätzung verdient. Insofern habe ich den Preis auch stellvertretend für meine Kolleginnen und Kollegen entgegengenommen.» Diese sind nämlich dafür verantwortlich, dass ein Film überhaupt zustande kommt.
Eine Szene spielt in Meilen
Die Laudatio hielt Peter Reichenbach, seit 26 Jahren ihr Geschäftspartner bei C-Films. «Wir sind wie ein altes Ehepaar. Er kennt mich am allerbesten und wusste natürlich auch ein paar lustige Anekdoten zu berichten.» So erzählte er, dass Anne Walsers Mutter in unzähligen Produktionen als Statistin mitspielte. Für den Zwinglifilm musste sie mitten in der Nacht um drei Uhr aufstehen, damit sie rechtzeitig in der Maske mit schmutzigen Fingernägeln und Nonnenhaube ausgestattet werden konnte, um schliesslich pünktlich für ihre Szenen parat zu sein.
Übrigens: Auch in Meilen wurde gedreht. Auf einer Fahrt mit dem Staatsanwalt, gespielt von Max Simonischek, fährt James Larkin White im Cabrio durch Bergmeilen.
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