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Meilemer Klein- und Kleinstbauten, Teil II: Waschhäuser

Waschhäuser waren früher sehr verbreitet, und etliche von ihnen haben sich bis heute, wenn auch umgenutzt, erhalten.

Unter einem Waschhaus verstehen wir ein kleines, einstöckiges, meist gemauertes Gebäude, das ursprünglich dem einzigen Zweck diente, darin waschen zu können.

Warum eigene Waschhäuser?

Dies wäre im Prinzip auch in der Küche möglich gewesen, aber war bei enger Bebauung in Städten oft feuerpolizeilich verboten. Der Zweck separater Gebäude erklärt sich insbesondere aus dem damals langen Waschprozess (siehe unten) und entsprechend länger dauernder Brandgefahr, aber zusätzlich wegen der Kondensfeuchte. Auch ist es denkbar, dass man in grösseren und etwas vornehmeren Haushalten die Waschfrau, entgegen der besser integrierten Magd, lieber vom Familienleben fernhalten wollte.

Zeitliche Einordnung

Separate Waschhäuser gab es hauptsächlich seit dem 17./18. Jahrhundert. Erhalten haben sie sich aber (wenn überhaupt) meist erst ab dem 18. Jahrhundert, in Meilen stammen fast alle aus dem 19. Jahrhundert. Sie waren, was unsere Auswahl betrifft, alle feuerversichert, was eine genaue Datierung erlaubt, und nicht öffentlich zugänglich, sondern in Privatbesitz. Bei etwas hablicheren Bauern galten sie, der Ausführung nach zu schliessen, sogar als Statussymbol.

Da man ursprünglich nur wenige Male pro Jahr wusch, es also jeweils um eine grosse Menge Wäsche ging, war das Waschen eine Angelegenheit von mehreren Tagen. Der Zeitpunkt richtete sich nach der mutmasslichen Wetterlage (wozu man z.B. auf die Schwalben achtete), da die gereinigte Wäsche im Freien an der Leine trocknen musste.

Der Waschprozess

Voraussetzung war zuerst einmal Wasser, am besten aus eigener Quelle oder eigenem Sodbrunnen. Andernfalls musste man es mangels einer öffentlichen Wasserversorgung vom nächsten Bach heranschleppen. Das Abwasser liess man meist einfach im Boden versickern. Für Meilen sind – ausserhalb der hier gezeigten Auswahl – auch einige Beispiele von Waschhäusern direkt am See bekannt.

Zur Inneneinrichtung eines Waschhauses gehörte neben der meist mit Holz befeuerten gemauerten Feuerstelle, dem Sechtofen, vor allem der Waschtrog – ein kupferner Sechtkessel – für die Waschlauge. Diese wurde ursprünglich vorgängig selbst hergestellt, indem man gesiebte Asche aus Buchen- oder Rebholz in Wasser einlegte und schliesslich auf dem Sechtofen erhitzte. Später benützte man stattdessen industriell hergestelltes Soda. Das Sechten bestand hauptsächlich aus dem mehrmaligen Übergiessen der Wäsche mit der heissen Lauge; mechanisch wurde sie zusätzlich mit dem Waschbrett und dem Wäschestampfer behandelt (siehe Kasten). Zu den Mobilien zählten zudem Standen (Bottiche), Zuber, Gelten und Schöpfkellen. Da eine Schwinge noch längere Zeit nicht Standard war, musste man schwere Tücher mühsam zu zweit auswringen.

Von der Zusatz- zur Umnutzung bis zum Abbruch

Feuerstelle und Kessel fanden immer häufiger auch für andere Zwecke Verwendung, so z.B. zum Brennen von Schnaps – die Akten sprechen oft von «Wasch- und Brennhaus», aber auch von «Feuerhaus» –, ebenso als Schlachthaus (was gelegentlich zum Hauptzweck wurde). Bevor Badezimmer allgemein üblich wurden, konnte das Waschhaus mit Badewanne auch zur Körperpflege mit warmem Wasser dienen.

Als der ursprüngliche Zweck nicht mehr gegeben war, fand im 20. Jahrhundert meist eine Umnutzung statt, zum Beispiel in eine Garage, in einen Schopf für Gartengeräte oder in einem Fall auch in einen Partykeller, oder das Waschhaus wurde abgebrochen.

Meilemer Beispiele

Präzisieren wir das am Anfang Beschriebene etwas genauer. In Meilen wie auch anderswo handelte es sich bei Waschhäusern in der Regel um freistehende, verputzte Massivbauten von rechteckigem Grundriss unter einem Sattel- oder Giebeldach. In den Bildlegenden nennen wir neben dem Standort nur die Abweichungen davon, also z.B. bei – seltenem – quadratischem Grundriss das Pyramidendach und bei Anbauten ans Wohnhaus das Flachdach samt Zinne oder wenn das Haus sonst eine Besonderheit aufweist. Obwohl Waschhäuser nicht alle zu den allerkleinsten Kleinbauten gehören, liegen sie in den Ausmassen doch meistens deutlich unter den Massen des heutigen kantonalen Rechtsbegriffs «Kleinbaute».

Die Abbildungen dieses Artikels erheben in keiner Weise Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Beispiele sind durchaus bekannt, auch versteckte wie etwa die Eingangspartie der «Hirschen-Taverne» oder ab 1855 die anfängliche «Zigerriibi» im Obermeilemer «Töbeli». Zusätzliche liessen sich darüber hinaus über die Akten der Gebäudeversicherung erschliessen – bestehende wie auch längst abgebrochene.

Weitere Beiträge über Kleinbauten folgen in loser Reihe.

Wäschestampfer

Ein Wäschestampfer bestand aus einem hölzernen Stiel und unten einem glockenförmigen metallenen Aufsatz, in dem sich ein Siebbecher befand. Damit liess sich im Waschzuber die schmutzige Lauge aus dem Gewebe pressen und beim Hochheben mittels der Federung frische Waschlauge ansaugen, die darauf durch das Waschgut sprudelte und den Schmutz wegspülte. Ebenso wurde auf diese Weise die verschmutzte Wäsche durch die Stampfbewegungen durchgewalkt, was in früheren Zeiten hatte mit blossen Füssen erfolgen müssen.

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