«Endlich kann ich hier mal wieder etwas trinken», meinte sie. «Hast du eine strenge Zeit hinter dir?» – «So könnte man sagen.» Ich sah sie fragend an. «Ich musste Fussball schauen», erklärte sie. «Und die Spiele waren ja immer früh am Morgen. Da wurden die Nächte kurz und die Tage lang. Denn die Zeit, die ich während der Arbeitszeit vor dem Fernseher verbracht habe, galt es nachzuholen. Da musste der Ausgang zurückstehen.» – «Da hast du bestimmt viele gute Spiele gesehen.» – «Ich war und bin begeistert. Gute Spiele, wunderbare Tore und faustdicke Überraschungen!» – «Du denkst an das Ausscheiden der USA gegen Schweden. Das war vielleicht ein Elfmeter-Krimi!» – «Zum Beispiel. Aber auch das Ausscheiden von Brasilien und Deutschland schon in der Gruppenphase.» – «Ich finde es immer grossartig, Mannschaften von anderen Kontinenten spielen zu sehen. Das ist meist ein Erlebnis.» – «Linda Caicedo zum Beispiel! Im Vorfeld hörte man nur, sie sei die kolumbianische Messi, und dann macht sie gegen die Deutschen ein Tor, und du denkst: Wow! Dass ich das sehen darf!» – «So habe ich dich bisher gar nicht kennengelernt», meinte ich. «Du kommst ja richtig ins Schwärmen!» – «Ich habe mich selber überrascht. Aber jetzt, wo die Frauen endlich mit demselben Gewicht im Fernsehen gezeigt werden wie die Männer, komme ich davon nicht mehr los.» – «Was ist dein Tipp für den WM-Titel?» – «Schwierig zu sagen. Im Grunde freue ich mich einfach auf gute und spannende Spiele. Mögen die Besten gewinnen!» – «Darauf trinken wir noch eins», sagte ich und bestellte eine weitere Runde. Wir stiessen an und sprachen weiter über die gesehenen Spiele. Carla bestellte sogar noch ein drittes Glas Wein. Doch ich brach auf. «Bis in einer Woche!», sagte ich zu Jimmy. «Bis nächste Woche», antwortete er, der gerade bei einem Gast einkassierte. Und als ich in den regnerischen Abend hinaustrat, dachte ich: Ich bin gespannt, welches Team am Ende den Pokal in die Höhe stemmen wird.