Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: White Christmas

Neulich sass ich an der Bar und trank mein Bier, als Carla ihren Auftritt hatte. «Mein Gott, ist das kalt heute!», sagte sie, nahm ihre rote, schneebedeckte Wollmütze ab, schüttelte sie aus und legte sie auf die Theke. Ähnlich verfuhr sie mit ihrem eleganten, dunkelblauen Wintermantel. Dann setzte sie sich und bestellte ein Glas Weisswein.

«Tja, das bringt der Winter halt mit sich», nahm ich ihre Eingangsbemerkung auf. «Ich hasse diese Kälte. Je älter ich werde, desto mehr widersteht sie mir.» – «Sie ist aber die Voraussetzung für Schnee.» – «Und was ist so toll am Schnee hier bei uns?» – «Das sah eben sehr reizvoll aus, wie du schneebedeckt hereingekommen bist.» – «Darauf kann ich verzichten.» – «Wünschst du dir nicht weisse Weihnachten?» – «Ich wünsche mir vor allem warme Weihnachten und nicht Temperaturen, bei denen meine Balkonpflanzen sterben. Überhaupt: Wieso finden alle weisse Weihnachten so besonders?» – «Wahrscheinlich, weil sie uns an unsere Kindheit erinnern. ‘I’m dreaming of a white Christmas, just like the ones I used to know’, ‘…wie jene, die ich von früher kenne.’» – «Das ist doch reinster Kitsch!» – «Kann sein. Tatsache ist, dass das der erfolgreichste Song aller Zeiten ist. Keine Single wurde häufiger verkauft als diese.» – «Und was bedeutet das? Es lebe der Kitsch?» – «Nun, es bedeutet zumindest, dass der Song bei sehr vielen Menschen einen Nerv trifft. Er spricht die Sehnsucht nach den Kindertagen an, in denen wir noch vorbehaltlos staunen konnten und wir noch wussten: das Leben ist schön!» – «Ja, nach solchen Tagen sehne ich mich auch», sagte sie nachdenklich. «Aber müssen die immer so kalt sein?» – Ich lachte. «Auf der Nordhalbkugel geht’s wohl nicht anders», meinte ich und legte mein Geld auf die Theke. «Du gehst schon wieder?» – «Ich will noch etwas durch den Schnee stapfen.» – «Der Schnee liegt noch die ganze Nacht. Aber mit mir kannst du nur jetzt noch etwas trinken», insistierte Carla. – «Recht hast du», antwortete ich und bestellte noch ein Bier. Wir redeten weiter über die Kälte, weisse Weihnachten und unsere Sehnsucht nach den Kindertagen. Schliesslich rief ich doch Jimmy «bis in einer Woche!» zu. Und er antwortete vom Zapfhahn aus: «Bis nächste Woche!». Dann trat ich aus der Bar und stapfte über die dünne Schneeschicht nach Hause.

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