Amtliches, obligatorisches Publikationsorgan der Gemeinde Meilen
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Neulich in Meilen: Die Menschen sind gut!

Neulich sass ich in der Bar und trank mein Bier. Roger war auch da. Wir stiessen an.

«Wie war deine Woche?», fragte er. «Naja, es geht so. Ich war krank. Lag drei Tage mit Fieber im Bett.» – «Ohje. Aber auch solche Tage gehen vorüber.» – «Ich war zu nichts fähig. Das einzige, das ging, war Youtube.» – «Was hast du geschaut?» – «Zahllose lustige Clips, vor allem ‹Just for Laughs› Gags. Versteckte Kamera aus Kanada.» – «Sind die gut?» – «Viele sind echt gut. Und einige richtig grossartig.» – «Ahja?» – «Nur schon die Gesichter der Opfer zu sehen! Diese Mimik! Ich habe mich manchmal krumm gelacht.» – «Lachen ist bekanntlich gesund.» – «Und es hat meinen Glauben an das Gute im Menschen gestärkt.» – «Das musst du mir näher ausführen.» – «Bei der versteckten Kamera gibt es, wie du weisst, immer Lockvögel und Opfer. Die Opfer werden oft um Hilfe gebeten. Eine Mutter fragt: ‹Könnten Sie bitte kurz auf mein Kind aufpassen.› Oder ein Sanitäter bittet um eine Handreichung etc.» Roger begriff und sagte: «Die Menschen sind hilfsbereit.» – «Genau! Das ist doch schon toll. Und wenn dann zum Beispiel die Situation einer alten Frau oder eines blinden Mannes ausgenutzt werden soll – das sind natürlich alles Lockvögel – dann wehren sich die Opfer für diese benachteiligten Menschen.» – «Aber das ist doch selbstverständlich, dass man sich für die Schwachen einsetzt.» – «Finde ich auch. Aber es tut gut, dies in diesen lustigen Videos auch immer wieder vor Augen geführt zu bekommen.» – Roger nickte und nahm einen Schluck. Ich hatte aber noch nicht genug erzählt. «Zudem sind die meisten Menschen gute Staatsbürger. Wenn ein Lockvogel-Polizist Anweisungen gibt, dann werden die selbstverständlich befolgt.» – «So funktioniert unsere Gesellschaft.» – «Ja, aber wenn derselbe Polizist sich über ein Kind lustig macht, geht die Solidarität sofort auf das Kind über.» – «Wie gesagt: Der Schwache geniesst besonderen Schutz.» – «Jedenfalls habe ich mich gesund gelacht und dabei erfahren: Die Menschen sind gut!» – «Darauf trinken wir noch einen.» – «Lieber nicht. Ich muss Feierabend machen.» Ich legte mein Geld auf die Theke und rief Jimmy zu: «Bis in einer Woche!» – «Bis nächste Woche», antwortete dieser. Ich verliess die Bar, ging in Gedanken noch einmal die Streiche durch und schmunzelte über die schönen Reaktionen der ‹Opfer›.

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